Sonntag, 17. Februar 2013

"INSIDE JENAPOLIS (Teil 2)": Erkenntnisse über "Das digitale Gewissen Jenas" und seinen Umgang mit Fakten und Daten!

(rainer sauer) - "JENAPOLIS" ist eine Internetplattform, die sich selbst "Das digitale Gewissen Jenas" nennt und täglich Tausende von Nutzern hat. Vier Fragen stehen im Raum (siehe hierzu Teil 1 des Artikels!)

Heute folgt der zweite und letzte Teil der Erkenntnisse, über die sich der Leser seine eigene Meinung bilden kann:

Der Umgang mit Kritik ist ein ebenso heikles wie essentielles Thema der Öffentlichkeitsarbeit. Egal ob es sich z. B. um die Moderation einer Informationsveranstaltung handelt oder - wie im nächsten "JENAPOLIS"-Fall - um die Moderation einer Kommentarfunktion, so stellt sich grundsätzlich die Frage des Umgangs mit Kritik.

Ist diese beleidigend, unbegründet oder aber konstruktiv? Muss man sie kommentieren, unterbinden, im Internet vielleicht sogar löschen? Und wie reagiert die Öffentlichkeit auf den Umgang mit Kritik? Erwartet sie bei einem Internetportal, das beständig Transparenz im Umgang mit dem Bürger anmahnt, ebensolche Transparenz bei der eigenen Arbeit? Wann kann oder darf man Kritik verbieten?

FAKT 3:

Während bei einer öffentlichen Veranstaltung jeder Anwesende und ggf. die Presse mitbekommt, wie ein Moderator agiert, fällt es im Internet oft schwer zu wissen, ob es Kritik, an einem Artikel gab und wie damit umgegangen wurde. Gut, dass es hierfür bei "JENAPOLIS" klare Kriterien gibt, die es einem Moderator erleichtern, zu entscheiden, was mit einzelnen Kommentaren geschieht.

So werden Kommentare von "JENAPOLIS" dann gelöscht, wenn sie (Zitat) "rechtswidrige, ehrverletzende und beleidigende Aussagen, nicht nachprüfbare Behauptungen, Rassismus und Hasspropaganda, Pornografie und Obszönitäten, Aufforderung zu Gewalt gegen Personen, Institutionen oder Unternehmen, Werbung für Produkte, Dienstleistungen oder andere Webseiten sowie das kommerzielle oder private Anbieten von Waren oder Dienstleistungen" beinhalten.


Aber findet eine Löschung/Zensur tatsächlich nur dann statt? Schaut man sich das folgende Beispiel an, gibt es daran berechtigte Zweifel (siehe Abbild weiter uunten / Zum Vergrößern bitte anklicken!). Die Ausgangslage ist ähnlich wie im Beispiel unter FAKT 2, sprich: Ziel des Artikelthemas ist die Stadt Jena in Persona des Oberbürgermeisters.

Mir ging es im unten abgebildeten Kommentar um eine Behauptung zum Stellenplan der Stadt Jena, die ich persönlich - als ehemaliges Personalratsmitglied in solchen Dingen nicht uninformiert - klargestellt haben wollte, falls sie unrichtig sein sollte."Im Bereich des Oberbürgermeisters werden keine Personalstellen abgebaut oder nicht wieder neu besetzt. Das Gegenteil ist der Fall", kann man  im Artikel lesen, denn (Zitat) "satte 10 neue Stellen" habe der Oberbürgermeister in seinem Bereich in diesem Jahr besetzt.

Dass dies wahrscheinlich nicht stimmen konnte, wie sogar der von "JENAPOLIS" mitverlinkte Stellenplan der Stadt Jena auswies, schrieb ich als insgesamt zweiter Kommentator zum Artikel und hoffte auf eine Antwort oder Klarstellung bzw. Korrektur.


"Ihr Kommentar muss erst noch freigegeben werden", vermeldete mir "JENAPOLIS" kurz nachdem ich meinen Kommentar verfasst hatte ... doch das wurde er nicht. Ich wurde schlichtweg zensiert und mein Kommentar von "JENAPOLIS" nicht veröffentlicht! Statt dessen gab es einen zweiten Kommentar erst 12 Stunden später von jemand anderem.

Weshalb wurde ich zensiert? Mein Kommentar war weder beleidigend, noch in irgendeiner anderen Weise geeignet, nicht veröffentlicht zu werden. Trotzdem sucht man ihn vergeblich im Kontext der weiteren Kommentare des Artikels: es gibt ihn schlichtweg nicht für die Öffentlichkeit. Und damit auch nicht die Chance für die Leser, einen (weiteren) offensichtlichen Fehler zu erkennen oder dem Kommentator zumindest entgegenzuhalten, er habe sich geirrt.

Dem geneigten Leser von "JENAPOLIS" Artikeln und der Kommentare muss es vorkommen, als sei in den zwei bisher beschriebenen Fällen nie etwas "falsch" gelaufen ... aber bekanntlich sind ja aller guten (?) Dinge drei.


FAKT 4:

Ähnliche Ausgangssituation bei einem weiteren Artikel mit wieder dem gleichen thematischen Ziel: "JENAPOLIS" kritisierte dort eine Stadtratsvorlage des Oberbürgermeisters, erwähnte aber nur die Hälfte der Beschlussbegründung um fragend zu resümieren: "Verhindert Jenas Stadtverwaltung den Wohnungsbau?"

Ich hatte mir die Beschlussvorlage durchgelesen und vermisste wichtige Textteile aus der deren Begründung. Und tatsächlich finden sich in den von "JENAPOLIS" nicht erwähnten Textteilen die genauen Gründe für die Aufhebung eines Bebauungsplans. Das passte aber offensichtlich nicht zur Zielrichtung des "JENAPOLIS"-Artikels und wurde deshalb "vergessen" zu erwähnen. Und das liest sich dann wie folgt: "In Jena könnte in idyllischer Lage neuer, dringend benötigter Wohnraum geschaffen werden. Verhindert die Stadtverwaltung absichtlich eine Bebauung mit einem Generationenprojekt? Gibt es eigene Interessen?"

Dass der Artikel letztenendes sein Ziel erreicht hat, wird klar, wenn man einigen Kommentaren dazu folgt. Ein Herr meint, er fände es "...eine Unverschämtheit von der Stadt, einen B-Plan aufheben zu wollen, wo so viele Häuslebauer einen Bauplatz suchen" und eine Dame fügt an, die Beschlussvorlage sei ganz klar "eine der vielen vielen Lügen der Stadtverwaltung...".

Und doch gibt es bei der Arbeit von "JENAPOLIS" noch eine weitere Steigerung: Über falsche "I LIKE Freunde", die sich Facebook-Nutzer hinzugekauft haben, um ihr eigenes Image aufzuwerten, gab es in der Vergangenheit schon einiges zu lesen. Aber kann man dies auch mit Kommentaren machen?

Das nächste Beispiel zeigt, wie einfach das bei "JENAPOLIS" geht und man muss dafür noch nicht  einmal Geld ausgeben. Lediglich ein wenig IT-Kenntnisse braucht mann dazu.



FAKT 5:

Schon mehr als einmal haben Redakteure der "JENAPOLIS"-Redaktion neue Artikel geschrieben und veröffentlicht und diese schnell und einfach (und undeklariert) mit Kommentaren zu früheren Veröffentlichungen "gewürzt", die so ein reges und schnelles Interesse am Thema suggerieren, aber in der Tat oft schon Monate alt sind.

So wurde z. B. im Februar 2013 ein Artikel zum Thema "Architektur geht uns alle an" eingestellt, der bereits nach einem Tag über mehr als zwanzig Kommentare verfügte. Im Text heißt es unter anderem: "Am 1. Februar beschloss der Stadtrat auf Antrag der 'Bürger für Jena', für mehr Transparenz bei nicht-öffentlichen Sitzungen zu sorgen".

Beim genauen Betrachten der Kommentare fällt aber auf, dass mindestens zwanzig von ihnen aus der Zeit zwischen Oktober und November 2012 stammen und zwar ganz offensichtlich zu einem anderen Artikel geschrieben wurden. Und trotzdem zieren sie als Meinung den neuen Artikel, der fünf bzw. vier Monate später bei "JENAPOLIS" veröffentlicht worden ist.

Ist das schlimm, ist das bedenklich, ist das tranparent? Zumindest kann man "JENAPOLIS" aber nicht unterstellen, dass dort die eigene Arbeit nicht immer wieder kreativ wiederverwertet wird.

Schlussbemerkung:

"JENAPOLIS", eine Internetplattform, die sich selbst "Das digitale Gewissen Jenas" nennt, liefert "eine mediale Hilfe, um öffentlich, transparent und authentisch über Jena und Thüringen nachdenken zu können", wobei im Mittelpunkt "immer die Nachricht (steht), die jeweils einen Informationsgewinn für die Menschen darstellt, um kompetente Entscheidungen treffen zu können".

Dieses "Kommunikations- und Bürgerportal für ein nachhhaltiges und zukunftsfähiges Jena und Thüringen", welches durch seine Arbeit "die Interaktion der Menschen, kombiniert mit der realen Nähe" fördert um "mehr echte Gespräche, Nähe, Loyalität um neues Vertrauen aufzubauen", hat sich Unabhängigkeit und Transparenz auf die Fahnen geschrieben und viele Menschen vertrauen den Informationen auf "JENAPOLIS", fühlen sich dort verstanden und beim Kommentieren in Sicherheit geborgen.

Mein Artikel hat an fünf Beispielen gezeigt, dass dies eine Mogelpackung ist, wie bei vielen Internetseiten, deren Arbeit keinerlei externer Kontrolle unterliegt. Die Daten und wahren Namen der Nutzer sind bei "JENAPOLIS" wohl nicht in sicheren Händen*, Kommentare werden ohne triftigen Grund gelöscht oder erst gar nicht veröffentlicht, um die Zeilrichtung eines Artikels zu erreichen, werden gelegentlich Informationen verschwiegen und neue Artikel werden mit alten  Kommentatoren versehen um ein größeres Interesse am Thema zu suggerieren.


* = "Lichtstadt.News" liegt ein Brief des Thüringer Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vor, wonach dieser das Bürger- und Informationsportal "JENAPOLIS" aufgrund der in Teil 1 des Berichtes geschilderten Vorfälle einer datenschutzrechtlich Prüfung unterziehen wird. Die Überprüfung wird unter dem Aktenzeichen 839-1/2013.2 geführt.

Rainer Sauer, Jena

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Facebook-Freunde kaufen, 5000 Stück. Wo finde ich diese Angabe? Überhaupt finde ich keine Belege für den meiner Meinung nach sehr unstrukturierten und gehässigen Beitrag.
Der Datenschutzbeauftragte muss informiert werden, also durch Rainer Sauer, der sich hiermit offenbart. Schlimm oder? Und ganz nebenbei, hat nicht die Lichtstadt selbst einen Dtenschutzbeauftragten? Ich will nicht suchen, kann mir der Herr Sauer Auskunft geben? BITTE.

Unknown hat gesagt…

Hier habe ich mal einen interessanten Beitrag zum Thema Zensur gefunden:

http://antjeschrupp.com/2013/03/19/das-dumme-gerede-von-zensur/

Warum bringt der Autor hier soviel durcheinander? mfg MZ