Donnerstag, 23. Februar 2012

Heute um 12.00 Uhr steht in ganz Deutschland das Leben still: Man gedenkt den Opfern der aus Jena stammenden nationalsozialistischen Terrorzelle "NSU"

(lsn) - Dies sind Fotos, die Menschen zeigen. Deutsche, ausländische Mitbürger, Männer, eine Frau. Lebenslustig, fröhlich, ihrer Arbeit nachgehend, hilfsbereit für andere Menschen. Alle sind tot, wurden hinterhältig ermordet!

Getötet, auf brutalste Weise, wurden sie mußmaßlich von der Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund", von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe - aktiv oder mit Billigung. Mutmaßlich von Menschen, die in unserer Stadt geboren wurden, hier aufwuchsen, zur Schule gingen, arbeiteten, agitierten, in der Stadt bekannt waren.

Hinzu kommen viele weitere Opfer von Bombenanschlägen und Überfällen des "NSU". Ausgeführt in der Zeit zwischen 1998 und 2011. HEUTE GEDENKEN DIE MENSCHEN IN DEUTSCHLAND DIESER OPFER!

Begleitend zum Staatsakt in Berlin zum Gedenken an die Opfer bittet Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter alle Menschen in Jena, um 12.00 Uhr innezuhalten und Gedenkminuten für die Opfer des Terrortrios, das aus Jena stammt, einzulegen. "Legen Sie bitte drei Gedenkminuten ein, um darüber nachzudenken, dass die drei aus unserer Stadt stammen, Jena mit dieser schlimmen Geschichte also verbunden ist", sagte der Oberbürgermeister zum Beispiel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt Jena. Zudem sei darüber nachzudenken, so Schröter in seinem Appell, was zu tun ist, damit sich solche Gewalttaten nicht wiederholen können. Gleichzeitig erinnert Albrecht Schröter daran, dass seit der friedlichen Revolution insgesamt fast 150 Menschen durch rechtsextremistische Gewalt ums Leben kamen.

Jeder könne seine Gedenkminuten an seinem Arbeitsplatz einlegen, er könne aber auch zur Stadtkirche St. Michael gehen, um auf dem Vorplatz gemeinsam mit anderen der Toten zu gedenken. Dr. Albrecht Schröter selbst wird nicht anwesend sein, denn er nimmt zur gleichen Zeit stellvertretend für die Lichtstadt am Staatsakt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel teil.

Anstoß zu den Schweigeminuten hatten die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und der Deutsche Gewerkschaftsbund gegeben. Diese rufen für den heutigen Tag um 12.00 Uhr bundesweit zum Innehalten in Unternehmen und Betrieben auf. An vielen Orten in der Bundeshauptstadt, aber auch in Jena und anderen Städten in Deutschland steht so heute Mittag das Leben still, um an die Opfer der Mordserie der aus jena stammenden Neonazis zu erinnern. Mit der Schweigeminute solle demonstriert werden, (Zitat) "dass Fremdenhass, Rassismus und Antisemitismus in Deutschland nicht geduldet werden", wie DGB-Chef Michael Sommer erklärte.

Auf der um 10.30 Uhr im Berliner Konzerthaus am Gendarmenmarkt beginnenden Gedenkfeier wird die Bundeskanzlerin die Ansprache halten, nachdem Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (er ist als Bundesratspräsident amtierendes Staatsoberhaupt) eigentlich das Rederecht gehabt hätte. Auch zwei Töchter von Ermordeten wollen am Vormittag zu den rund 1200 Gästen sprechen.

An dem Gedenken wird zudem Bundespräsidentschaftskandidat und zugleich Ehrendoktor der Jenaer Universität Joachim Gauck teilnehmen. Gauck werde als Bürger zu der Veranstaltung kommen und auch nicht in der ersten Reihe sitzen, sagte Gaucks Sprecher, da der frühere DDR-Bürgerrechtler und Stasiakten-Beauftragte schon vor längerer Zeit eine Einladung zu der Gedenkstunde erhalten habe. Gauck hatte die Ehrendoktorwürde im April 2001 von der Friedrich-Schiller-Universität (Zitat) "für seine Verdienste um den Erhalt und die wissenschaftliche Erschließung des für die deutsche Nachkriegsgeschichte geradezu einzigartigen Quellenbestandes" verliehen bekommen, wie es in der Begründung hieß.

Nachtrag: HIER findet man die Rede der Bundeskanzlerin vom 23. Februar 2012 im vollen Wortlaut!

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