(lsn / rana) - "Die Botschaft höre ich wohl, allein es fehlt mir der Glaube" heißt es in der Bibel und so ging es vor Kurzem vielen Jenaerinnen und Jenaern, denen suggeriert wurde, dass viele Familen in der Lichtstadt die Hälfte ihres Monatseinkommens für die Zahlung der Miete opfern müssten.
Jüngere Veröffentlichungen in überregionalen und regionalen Medien wie z. B. MDR, ZDF "Länderspiegel", Spiegel oder OTZ/TLZ haben die Situation des Jenaer Wohnungsmarktes in einzelnen Marktsegmenten dramatisch dargestellt, teilweise sogar unter politischen Interessen. Stellvertretend für die Dramatik stünde u. a. die Studie der Bertelsmann-Stiftung "Wohnungsangebot für arme Familien in Großstädten", meint Jenas Dezernent für Stadtentwicklung und Umwelt in einem Bericht, der morgen dem Stadtentwicklungsausschuss vorgelegt und nächste Woche im Stadtrat behandelt werden wird.
Bestimmte Tendenzen seien zwar tatsächlich zu erkennen und und wiesen auf Entwicklungen hin, denen man sich in der Stadt stelle und weiter stellen müsse, berichtet Peisker und widmet sich damit erstmals in seiner noch jungen Karriere als Dezernent einem der größten Probleme der Lichtstadt.
Doch in seinem Bericht werden die Studienergebnisse dem aktuellen Sachstand gegenübergestellt sowie die Vorstellungen der künftigen Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit dargelegt. In den Untersuchungen stünden die Ergebnisse der Auswertungen von Angebotsmieten im Vordergrund, so Denis Peisker. Es handele sich dabei um Neu- und Wiedervermietungsmieten von Wohnungen, basierend auf Annoncen aus Zeitungen und Internet-Portalen.
Das Ergebnis: Die größten Anbieter der Jenaer Wohnungswirtschaft z. B. die verschiedenen Wohnungsgenossenschaften und die JenaWohnen GmbH (mit zusammen immerhin rund 57 % des Mietwohnungsbestandes in Jena) sind darin jedoch so gut wie gar nicht abgebildet. Die dargestellten Mietbelastungsquoten und Wohnungsangebote geben somit ein verzerrtes Bild wider, erläutert Peisker, denn die durchschnittliche Kaltmiete nach einer Wohnungssanierung liege derzeit für über 20.000 (und damit rund 37 % aller) Wohnungen in Jena nachweislich bei 5,23 bzw. 5,53 Euro.
Ist die "Bertelsmann-Studie" und der ganze Hype um sie deshalb nur Schwindel? Peisker: "Wenn gesagt wird, dass nur 9 % der angebotenen Wohnungen für Familien geeignet seien bzw. dass Familien nach Abzug der Miete durchschnittlich 43 % des gesetzlich festgelegten Existenzminimums blieben, ist nicht nachvollziehbar, ob im Haushaltsnettoeinkommen die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme beinhaltet sind, die gerade für Haushalte unter der Armutsschwelle greifen und für diese eingerichtet sind. Diese Gruppe der Wohnungsnachfrager wohnt in der Regel im preiswerten bzw. mittelpreisigen Bestand und hat somit eine geringere Mietbelastungsquote, die jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchungen war."
64,5 % des Wohnungsbestandes in Jena verfügen laut Dezernent Peisker über drei, vier und mehr Räume, seien demnach also für Familien geeignet. Neben der Nettomiete sind die Neben- und Betriebskosten ein nicht unerheblicher Kostenfaktor, die zwischen 2004 und 2012 um über 20 % angestiegen seien und durch die Wohnungsunternehmen in ihrer Höhe kaum beeinflusst werden können.
Belegt wird die verzerrte Darstellung von Jena als dem "München des Ostens" - jedenfalls was die Höhe der Mieten angeht - durch die von der Stadt Jena seit 2002 betriebene, laufende Wohnungsmarktbeobachtung. In dieses Monitoring, begleitet von der AG Wohnungswirtschaft des Stadtrates, fließen die Daten von 25.249 Wohnungen im Bestand der Wohnungsunternehmen ein.
HIER kann man die unverzerrten Zahlen über Jenas Mieten nachlesen.
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