(annett szabo) - Um die 150.000 Euro kostet den Staat der "NSU"-Prozess pro Verhandlungstag, das berichtete der Präsident des Oberlandesgerichts Karl Huber vor Kurzem der Zeitung "Münchner Merkur". Bei aktuell knapp 200 angesetzten Verhandlungstagen würde er also summa summarum mehr als 28 Millionen Euro teuer werden.
In diesem Zusammenhang bemängelte es die Verteidigung von Beate Zschäpe, dass der von ihr geforderte Vorschuss in keiner Relation zu den 5.000 Euro Entgelt stehe, die das OLG München Zschäpes Anwälten Stahl, Heer und Sturm gewährt habe. Anwalt Stahl zum Beispiel machte3 bisher 756 Stunden und 17 Minuten geltend, die er seit dem 20. November 2011 in das Verfahren investiert habe. Das gewährte Entgelt, so Stahl, entspräche nach seiner Rechnung einem Stundenlohn von 3,69 Euro. Auch könne er wegen des Münchner Prozesses kaum noch andere Mandate annehmen, so dass der Umsatz seiner Kanzlei wegen des Verfahrens auf zuletzt stark abgesunken sei.
Diese Woche ging es in München aber auch um drei Mordfälle des "NSU", wenngleich der 35. Verhandlungstag am Mittwoch wegen Entgelt-Befangenheitsanträgen der Zschäpe-Verteidigung gegen den kompletten Strafsenat abgesagt wurde. Hier die Zusammenfassung:
34. Verhandlungstag (= Dienstag, der 17.09.2013)
Der Prozess am Oberlandesgericht München wurde mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt. Dabei ging es um die Ermordung eines Gastronomie-Mitarbeiters in Rostock durch den "NSU". Der Anklage zufolge wurde Mehmet Turgut am 25.04.2004 an einem Döner-Imbiss im Rostocker Ortsteil Toitenwinkel mit drei Kopfschüssen ermordet. Er war das fünfte Mordopfer des "NSU".
Am 34. Verhandlungstag wurde auch nochmals der Mord an dem Türken Ismail Yasar behandelt, der am 09.06.2005 in seinem Nürnberger Dönerstand erschossen worden war. Hierzu war u. a. Yasars 82-jährige Mutter und der 54-jährige Bruder aus dem kurdischen Südosten der Türkei angereist.
35. Verhandlungstag (= Mittwoch, der 18.98.2013)
Nach Befangenheitsanträgen gegen das Gericht wurde der angesetzte Verhandlungstermin abgesagt. Eigentlich wollte sich das Gericht weiter mit dem Rostocker Mord an Mehmet Turgut befassen. Zwei seiner Brüder waren eigens angereist, um an der Verhandlung teilzunehmen.
36. Verhandlungstag (= Donnerstag, der 20.09.2013)
Der Vorsitzende Richter Götzl verkündet, dass die Befangenheitsanträge der Zschäpe-Verteidigung abgelehnt worden sind. Danach wurde der Mord an dem Dortmunder Kiosk-Betreiber Mehmet Kubaşık verhandelt.
Überraschung bei allen Prozessbteiligten löste der Antrag der Anwälte Bliwier, Dierbach und Kienzle aus Hamburg aus, eine Zeugin zu hören, die sich neu gemeldet habe; die Hamburger Kanzlei BDK vertritt die Hinterbliebenen des in Kassel von dem "NSU" ermordeten Halit Yozgat. Diese Zeugin habe nach eigener Aussage beobachtet, berichtete Doris Dierbach, wie sich in der ersten Aprilwoche 2006 auf einem angrenzenden Nachbargrundstück im Dortmunder Stadtteil Brackel zwei Männer und eine Frau aufgehalten hätten. Ein vierter Mann ("ein bulliger Skinhead mit Flecktarnhose"), habe dem Trio das Grundstück gezeigt.
Als die Frau an einem Schaukelgerüst gerüttelt hätte, hätte die Zeugin ein Fenster geöffnet und nachgefragt, ob sie neue Nachbarn seien. Daraufhin habe die schwarz gekleidete Fremde zu ihr geschaut, beide hätten einen Moment lang Blickkontakt gehabt, so die neue Zeugin, und dann sei die Gruppe wortlos aus dem Garten in das Haus gegangen.In diesem Zusammenhang, so die Hamburger Anwältin, sei der Zeugin auch ein Wohnmobil aufgefallen, das in der Nähe geparkt habe. Bei der fremden Frau, so sei sich die neue Zeugin sicher, habe es eine große Ähnlichkeit mit Beate Zschäpe gegeben.
Am 04.04.2006 wurde in Dortmund Mehmet Kubaşık in seinem Kiosk erschossen; zwei Tage später Haliit Yozgat in Kassel. Zeugen beobachteten zur unmittelbaren Dortmunder Tatzeit in der Nähe zwei Männer, bei denen es sich um Böhnhardt und Mundlos gehandelt haben soll. Beide waren immer wieder mit gemieteten Wohnmobilen zu ihren Mordtaten aufgebrochen.
Der Prozess wird am Montag, den 23.09.2013 fortgesetzt.
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