Donnerstag, 24. Oktober 2013

"Erstaunlich und befremdlich": Architekten fragen sich am Beispiel der geplanten "Eichplatz"-Bebauung, weshalb Architektur für manche Jenaer kein Prozess des Gebens und Nehmens ist


(lsn / otz) - Architektur sein ein stetiger Prozess des Gebens und Nehmens, findet der Jenaer Architekt Falko Bärenwald, mit dem sich die Ostthüringer Zeitung jetzt über die anstehende "Eichplatz"-Bebauung unterhielt. Auch weitere Jenaer Architekten kamen in dem Bericht zu Wort.

Er, so Bärenwald, störe sich zum Beispiel überhaupt nicht an der "Schiffsbug" getauften Ecke des "Eichplatz"-Areals zum "Kirchplatz" hin, wie er der OTZ berichtete. "Ich glaube, dass die Kirche dadurch imposanter wird. Die Enge vor der Kirche ist das, was sie immer wollte: dass die Leute aufschauen", ist sich der Architekt sicher. Überhaupt findet es Falko Bärenwald dem Zeitungsartikel nach "erstaunlich und befremdlich", in welchem Maß derzeit die gesamte "Eichplatz"-Planung von einzelnen Bürgergruppen miesgemacht werde. Dabei gebe es ganz selten einen Prozess wie in Jena mit "so viel Ringen und Bemühen", die Bürgerschaft in eine hoch komplexe Planung einzubinden, sagte er der Zeitung.

Außerdem: In seiner Zunft sei es klar, wird Bärenwald zitiert, dass man sich im Dienste des eigenen Rufs "mit so einer Aufgabe nicht blamieren kann. Das ist kein Spaß hier". Weshalb oftmals dies alles unter dem Schimpfwort "Betonklötze" herabqualifiziert und als "Mist" bezeichnet werde, hänge wohl, so der Architekt in der Lokalzeitung, damit zusammen, dass räumliches Denken nicht dieser Leute Ding sei. Er kenne Leute, die hätten in Gesprächen vorgegeben zu wissen, dass die Bebauung schlecht sei, ohne Ahnung von Architektur zu haben. Seinen Worten nach zeige dies eine "unsägliche Arroganz" auf.

Im Bericht der OTZ kommt auch Frank Otto zu Wort, Vorstandsvorsitzende der hiesigen Architektenschaft. Auch er denke, es müsse von Seiten der "Eichplatz"-Gegnern den Planern gegenüber "mehr Vertrauen aufgebracht werden", denn: "Dem Chirurgen schreibt auch niemand vor, dass er das Skalpell andersherum halten soll." Und was die Beteiligung der Bürgerschaft betrifft, so habe die Stadt Jena mehr getan als allgemein üblich, wird Otto in der Ostthüringer Zeitung zitiert.

Auch eine Architektin kommt in dem Bericht der Ostthüringer Zeitung zu Wort. Sabine Walther ist wie ihren Kollegen seit vielen Jahren freie Architektin in der Lichtstadt und sie auch prinzipiell der Meinung, "dass das Vorhaben weitergetrieben werden sollte; dass wir die Bebauung brauchen". Weiter sagt Sabine Walther aber auch, für sie zeichne es sich ab, dass das Projekt wohl aus einer Investoren-Hand realisiert werde, und sie bedauert deshalb, dass es bislang keine Diskussionsrunde nur mit Jenaer Architekten gegeben habe. Vielleicht, so wird die Architektin in der OTZ zitiert, hätten sich dann "mehr Handschriften" einbringen lassen. Gleichwohl denke sie aber nicht, dass man den "Eichplatz" mit einem weiteren Turm oder "Fassadenstreifen wie anno dunnemals" bebauen könnte.

Zum Schluss kommt in dem Bericht der Lokalzeitung auch noch der Jenaer Architekt Heinz Wagner zu Wort. Er findet es erst einmal "letzlich verständlich", dass es eine mit über 1.000 Unterschriften gestützte Bürger-Forderung nach einem "Eichplatz"-Moratorium gibt, denn - so Heinz Wagner in der OTZ - die nun konzipierte Moderne in historischen Baulinien stelle einen Kompromiss dar, der nicht jedem Menschen gefalle. Wagner stellt aber auch die Frage, ob es denn überhaupt noch denkbar wäre, durch die Leuchtstoffröhren-Tiefgarage und per Glas-Fahrstuhl in ein mittelalterliches Zentrum zu gelangen. Zudem müsse man nüchtern feststellen, dass wahrscheinlich überhaupt nichts passieren würde, wenn es noch einmal zehn Jahre dauere, bis tatsächlich die ersten Bagger rollen, berichtete er der OTZ.

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