Dienstag, 9. Oktober 2012

"SIE KAMEN VON HIER": Der Runde Tisch für Demokratie will am Samstag in Jena im Rahmen einer Tagung Antwort auf beklemmende Fragen finden

(lsn) - Jena vor zwanzig Jahren: Hier wachsen drei Jugendliche auf, ihre extrem rechte Gesinnung ist stadtbekannt, mehrfach treten sie strafrechtlich in Erscheinung und ihre menschenverabscheuende Einstellung halten sie nicht hinter dem Berg: Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Böhnhardt.

Sie skandieren Nazi-Parolen, vertreiben ein Brettspiel, in dem Juden vergast werden, bauen Bomben. 1998 fliehen sie vor der Polizei, verschwinden nicht nur aus der Stadt, sondern auch aus unserem Blick. Bis zum 4. November 2011. Ab diesem Tag erfährt die ganze Welt, was Jahre lang scheinbar unentdeckt blieb: Unter dem Namen "Nationalsozialistischer Untergrund" zogen die drei Terroristen aus Jena mordend und raubend durch das ganze Land. Knapp ein Jahr nach dem Aufdecken des NSU sind nur wenige Fragen beantwortet. Unzählige neue kommen nahezu täglich hinzu. Erschreckend: Auch viele ihrer mutmaßlichen Unterstützer kamen aus Jena, organisierten rechte Musikfeste, lebten teilweise bis zuletzt mitten unter uns.

In einer Tagung möchte der Runde Tisch für Demokratie der Stadt Jena gemeinsam mit seinen Akteuren aus der Zivilgesellschaft und ihren Bündnissen, seinen Vertretern aus Wissenschaft, Kirche und städtischer Verwaltung die Aufarbeitung vorantreiben. Aus Sicht handelnder Akteure sollen die Entwicklung des Neonazismus und der Widerstand gegen die extreme Rechte einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

"SIE KAMEN VON HIER" heißt diese Tagung, die der Runde Tisch an diesem Samstag in Jena veranstaltet. In Videopräsentationen, einem Erfahrungsaustausch zu den Entwicklungsphasen des Neonazismus aber auch des Widerstandes gegen die extreme Rechte, einem Workshop mit sechs Arbeitsgruppen (sowie je 2 ReferentInnen) und einer öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema "22 Jahre Widerstand gegen die extreme Rechte - Was heißt das Gestern für Heute?" wird am Samstag versucht einige Antworten auf beklemmende Fragen zu finden.

Das alles findet statt am Samstag, den 13. Oktober 2012, ab 10 Uhr im Hörsaal 6 der Friedrich-Schiller-Universität Jena am Ernst-Abbe-Platz 3. Die Webseite zur Tagung, inklusive Anmeldungsmöglichkeit und Materialien, findet man HIER.

Einen Tag später, am Sonntag, den 14. Oktober 2012 sendet ZONO Radio Jena ab 20 Uhr noch einmal das literarisch-musikalische Programm "Sternzeichen Sündenbock" von Heinz Rudolf Kunze aus dem Jahre 1991 u. a. mit diesem Text. - Waren wir wirklich einmal so blind-tolerant gegenüber den Nazis in unserer Stadt oder sind wir es vielleicht immer noch? Auch darum wird es am Samstag gehen.

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