(lsn) - Spätestens in vier Monaten soll vor dem Münchner Oberlandesgericht die Verhandlung gegen Beate Zschäpe beginnen. Bislang schweigt die "NSU"-Terroristin aus Jena zu allen, ihr gemachten Vorwürfen. Jetzt sollte der renommierte Gerichtspsychiater Henning Saß vom Uniklinikum Aachen ein erstes psychiatrisches Gutachten erstellen. Doch auch hier verweigert Zschäpe auf Rat ihrer Anwälte ein Gespräch mit dem vom OLG München bestimmten Gutachter. "Die Angeklagte muss nicht selbst zu einer möglichen Belastung beitragen", sagte jetzt ihr Anwalt Wolfgang Stahl hierzu. Saß sollte herausfinden, ob die Voraussetzungen für eine Sicherungsverwahrung von Zschäpe bestehen. Nun soll der Gutachter seine Einschätzung auf Grundlage der Ermittlungsakten erstellen.
Dieses Verhalten Zschäpes fügt sich nahtlos in eine erste psychologische Einschätzung der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ein, die das Bundeskriminalamt / BKA Anfang diesen Jahres in deren Auftrag von Beate Zschäpe erstellt hat. Die Bundesanwaltschaft wirft Zschäpe die Mittäterschaft bei zehn Morden und 15 Raubüberfällen vor, außerdem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwere Brandstiftung mit versuchtem Mord in drei Fällen. Zschäpe hatte sich im vergangenen Herbst der Polizei gestellt, nachdem ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem ausgebrannten Wohnmobil im thüringischen Eisenach tot aufgefunden wurden. Das rechtsextreme Trio soll jahrelang unerkannt geraubt und getötet haben.
Danach ist Zschäpe stets so vorgegangen, dass sie sich "anleiten" ließ, wie es in dem Bericht heißt. Eigeninitiative habe sie nur "sehr selten" entwickelt. Deshalb sei es in der Beziehung zu den beiden "NSU"-Terroristen Uwe Mundlos (mit dem Zschäpe zuerst liiert war) und Uwe Böhnhardt (mit dem sie bis zuletzt eine Beziehung führte) so problemlos zugegangen. Eine der wenigen Ausnahmen von der Regel, stets das zu machen, was man ihr angetragen habe, heißt es in der BKA-Einschätzung, sei die Entscheidung Zschäpes gewesen, entgegen dem Wunsch der beiden Männer, nicht nach Südafrika auszuwandern.
Eine andere: Nach dem Tod ihrer Freunde am 4. November 2011 habe Beate Zschäpe zwar, wie offensichtlich angewiesen, die Wohnung in Zwickau im Brand gesteckt und wenige Tage später die DVDs mit dem "NSU"-Bekennervideo abgeschickt, dann aber für sich entschieden, nicht aus dem Leben zu scheiden, was alle Drei offensichtlich verabredet hatten für den Fall, dass deren Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" entdeckt wird.
Damals erklärte Zschäpe, sie habe sich nicht der Polizei gestellt, um nachher nichts auszusagen. Dann reiten ihr ihre jeweiligen Anwälte aber dazu, eisern zu schweigen, was sie anschließend und - ihrem bisherigen Verhaltensmuster folgend - bis heute auch macht. Trotzdem scheint sich Beate Zschäpe unsicher zu sein, was das Schweigegebot angeht. Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf ein ihr vorliegendes Protokoll des BKA berichtet hatte, habe Zschäpe ihren Begleitern bei einem mehrstündigen Gefangenentransport vom Juni diesen Jahres gesagt, sie würde ihrer Großmutter gerne erklären, warum es so gekommen sei und sich entschuldigen. Ihre Anwälte hätten ihr aber auch davon abgeraten, weshalb sie sich unsicher wäre. Unklar sei, schreibt "Bild" unter Berufung auf das BKA-Papier, ob Zschäpe damit die Taten des NSU gemeint habe oder nur ihr Untertauchen im Jahre 1998.
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