Mittwoch, 2. Januar 2013

"FSU Aktuell!": Nils Berkemeyer ist neuer Professor für Schulpädagogik der Jenaer Universität

(lsn / fsu) - "Ich würde die Leistungsbeurteilung bis Klasse 8 abschaffen", sagte Prof. Dr. Nils Berkemeyer von der Universität Jena auf die Frage, was er als Kultusminister zuerst tun würde. Der neue Lehrstuhlinhaber für Schulpädagogik und Schulentwicklung der Friedrich-Schiller-Universität Jena / FSU bevorzugt eine Mischung aus Ziffern- und Bildungsrasterzeugnis als neue Form der Leistungsbeurteilung. Damit, so hat er erforscht, würden die Kompetenzen und Entwicklungsmöglichkeiten der Schüler stärker betont.

Für den 37-jährigen gebürtigen Dortmunder und BVB-Fan ist die Leistungsbeurteilung nur ein Puzzlestein der Schulentwicklung. Und die ist eine Herzensangelegenheit des engagierten Erziehungswissenschaftlers, der eigentlich Grundschullehrer werden wollte. Dabei wendet sich Berkemeyer, der bereits mit Partnerin und Kind an die Saale umgezogen ist, gegen Idealisierungsvorstellungen oder Stereotype von Schulen. "Eine Schule in Jena muss völlig anders sein als eine im Dortmunder Norden", sagte er jetzt und forderte gleichzeitig: "Wir müssen pragmatisch mit Schulentwicklung umgehen".

Schule muss sich weiterentwickeln, da ist sich Prof. Berkemeyer sicher. Bereits seit seiner Promotion, die er 2009 an der TU Dortmund abgeschlossen hat, widmet er sich der Steuerung des Schulsystems und den Fragen ihrer Steuerbarkeit. Denn Schule sei ein "Mehrebenensystem", wo bei Verwaltungsveränderungen ganz andere Steuerungsmodelle greifen als bei der Entwicklung von Unterrichtsstunden. Berkemeyer hat diese Steuerungsmodelle analysiert und mit den entsprechenden Steuerungstheorien verglichen. Ein für ihn selbst überraschendes Ergebnis war der große Einfluss der Region auf die Einstellungen der Schul-Akteure. Daher ist er sich sicher, dass es die eine ideale Schule nicht geben kann.

Doch auch wie mühsam Schulentwicklung ist, hat der Pädagoge, der von sich selber sagt, er provoziere gerne, erfahren. Am nordrhein-westfälischen Forschungsprojekt "Schulen im Team" war Nils Berkemeyer beteiligt und hat untersucht, wie Netzwerke als Instrument der Schulentwicklung genutzt werden können. "Netzwerke können als Umwege der Schulentwicklung dienen", bringt Berkemeyer ein Ergebnis seiner Forschungen, über die er sich 2012 habilitiert hat, auf den Punkt. Während die schulübergreifende Vernetzung einzelner Lehrkräfte für den Einzelnen zu positiven Entwicklungen führe, sei es schwer, die gesamte Schule mitzunehmen - das Mehrebensystem lässt grüßen. Mit hierarchischen Anweisungen sei Schulentwicklung aber auch nicht möglich, ist Prof. Berkemeyer überzeugt. Schule müsse demokratisch sein, und "Demokratie bei der Gestaltung muss von der Schule auch ausgehalten werden".

Um eine selbstständige Schule zu erhalten, setzt Berkemeyer auf die Fachkompetenz der Lehrkräfte. Und so will der Neu-Jenaer, der sich unter zwei Rufen für die FSU entschieden hat, den Fachunterricht entwickeln. Auf seiner neuen Stelle sitzt er an der Wurzel einer guten Lehrerausbildung. Darüber hinaus setzt er sich für ein gerechtes Schulsystem ein und erforscht, was Gerechtigkeit im Schulsystem überhaupt bedeutet und wie sie vorkommt. Im Sommer werden die gemeinsam mit Dortmunder Experten ermittelten Forschungsergebnisse zum zweiten Mal in einem "Chancenspiegel" veröffentlicht.

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