Freitag, 5. April 2013

"Ein König vor Gericht (Teil 3)": Turbulenter Prozessauftakt und viele offene Fragen


(lsn / deutschlandradio) - Lothar König steht seit gestern vor Gericht in Dresden. Er habe zu Gewalt gegen Polizisten aufgerufen, sagt die Anklage, doch das ist heftig umstritten. Auch und gerade im Gerichtssaal, wie der gestrige Verhandlungstag zeigte.

Dabei lieferte sich die Staatsanwaltschaft einen Schlagabtausch mit den Verteidigern des 59-jährigen Jugendpfarrers. Es ging vor allem um die Frage der Zulässigkeit der Anklage, denn nach Auffassung der Verteidigung entspricht die Anklageschrift nicht den gesetzlichen Vorschriften, da die Lothar König vorgeworfenen Taten nicht eindeutig benannt seien.

Dagegen argumentierte die Staatsanwaltschaft: König habe die zuvor genehmigte "Nazi"-Demonstration venhindern wollen und das gehe zwingend nur mit Gewalt. Also müsse König, so der Schluss der Staatsanwaltschaft, auch zu Gewalt aufgerufen haben. Diese Argumentation nannte Christian Führer, der frühere Pfarrer der Leipziger Nikolaikirche, im "Deutschlandradio Kultur" absurd, denn es gehöre zu den Aufgaben eines Kirchenmannes, Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen und Demokratieverachtung zu leisten. Hierzu gehöre auch der Protest gegen Neonazis, sagte Führer dem Hörfunksender.

Aber es scheint tatsächlich bei der Dresdner Staatsanwaltschaft ein verfestigte Bild zu geben, nach dem Lothar König nichts anderes ist bzw. sein kann, als ein Gewaltaufwiegeler. Gerade die vortragende Staatsanwältin Ute Schmerler-Kreuzer scheint keinerlei Zweifel zu haben, dass König vor schwererem aufwieglerischen Landfriedensbruch nicht zurück schreckt. So habe er durch "Musik mit aggressiv-aufreizendem Charakter" die Gewaltbereitschaft von Tausenden Menschen "gezielt befördert", führte sie vor Gericht aus.

König selbst zeigte sich von Schmerler-Kreuzers Anschuldigungen tief getroffen als er sagte: "Ich will es gar nicht verhehlen: Manches hat mir regelrecht weh getan, wie ich da eingeschätzt werde". Und dann fügte er an: "Ich frage mich, Frau Staatsanwältin, warum können Sie in mir keinen Pfarrer sehen, der da hingefahren ist, weil er sich für die Demokratie und die jungen Menschen einsetzen will."

Eindruck machte deshalb gestern der Vortrag von Königs Verteidiger Johannes Eisenberg (Foto links aus einem früheren Prozess). Er sagte, das Verfahren sei geprägt von (Zitat) "schweren, die Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft belegenden Fehlern" und auch der zuständige Richter bekam in Eisenbergs Vortrag eine klare Ansage.

Ihm, dem Vorsitzenden Richter, seien die mehr als 170 Seiten Aktenmaterial nicht aufgefallen, die sich seit dem 17. April 2012 in den Prozessakten befunden hätten und wegen denen der Prozessbeginn verschoben werden musste. Königs Verteidiger wörtlich: "Entweder ist das gelogen oder sie haben das Aktenstudium vor der Eröffnungsentscheidung unterlassen". Anschließend betonte Eisenberg, dass Teile der zuletzt gefundenen Akten wichtiges Material enthalten würden, durch das einzelne Anklagepunkte gegen Lothar König widerlegt seien.
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Im Gerichtssaal ebenfalls anwesend war Königs Tochter Katharina, Thüringer Landtagsabgeordnete und zugleich - wie ihr Vater auch - Jenaer Stadtratsmitglied. Auch Jenas Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter war in Dresden, ebenso der Thüringer Fraktionschef der "Linkspartei", Bodo Ramelow.

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