Dienstag, 28. Mai 2013

"Ein König vor Gericht (Teil 7)": Der vierte Prozesstag (Teil 1) - Wortgefechte wegen Fotomappe - Zeuge berichtet von einem Aufruf zum Landfriedensbruch - Video beweist das Gegenteil


(lsn / junge gemeinde stadtmitte) - Jugendpfarrer Lothar König steht heute in Dresden erneut vor Gericht, Hintergrund sind Ausschreitungen bei Demonstrationen gegen Neonazis am 19. Februar 2011 in der Elbestadt.

Am vierten Prozesstag soll u. a. über Beweisanträge entschieden werden. Außerdem wird heute ein Polizist als Zeuge erwartet. Nach zahlreichen Wortgefechten zwischen Richter und Verteidiger ist der Prozess gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König allerdings gegen 11 Uhr unterbrochen worden.

Königs Verteidiger Johannes Eisenberg hatte gereizt auf eine von der Staatsanwaltschaft eingebrachte Fotomappe reagiert und zwar mit den Worten: "Was soll der Scheiß?". Daraufhin kam es zu gegenseitigen Vorwürfen, Richter Ulrich Stein rügte Eisenberg für dessen Wortwahl und hielt dem Anwalt vor, die Verhandlung verzögern zu wollen.

Nach der Wiederaufnahme des Prozesses warf Eisenberg Richter Stein Befangenheit vor, begründete seinen Antrag mit unvollständiger bzw. paralleler Aktenführung und dem Vorenthalten von Informationen an König. Dessen Verteidigerin Voigt verwies zudem auf die fehlende Empörung des Gerichts bezüglich der unvollständigen Aktenlage, die den Verdacht der Befangenheit nur noch verstärke. Eisenberg daraufhin zur Staatsanwältin: "Sie haben offenbar Wissen, dass Sie mit uns nicht teilen. Das nennen Sie Waffengleichheit?", worauf die Staatsanwaltschaft eine Erklärung ankündigte. In dieser Erklärung, die gegen 11 Uhr 30 abgegeben wurde, hieß es, dass zumindest eines der fehlenden Protokolle bereits Teil einer vorhandenen Beiakte sei.

Die Verteidigung prüfte dies umgehend und fand nach kurzer Akteneinsicht lediglich eine dienstliche Erklärung und kein Protokoll, worauf Eisenberg der Staatsanwaltschaft Aktenmanipulation vorwarf. Richter Stein erklärte anschließend, dass über den Befangenheitsantrag bis Donnerstag entschieden werden soll.

Der Zeuge wird vernommen. Er gibt an, am 19. Februar als Hundertschaftsführer in einer Kolonne von 9 Polizeifahrzeugen auf der Nossener Brücke unterwegs gewesen zu sein, als ihm der Lautsprecherwagen entgegen gekommen sei. Daraufhin hätte er seiner Kolonne zunächst den Befehl zum Halten und dann zum Wenden gegeben. Der Grund sei gewesen, dass er den Lautsprecherwagen und die vielen Menschen gesehen habe, die hauptsächlich vermummt gewesen waren.

Beim Wendemanöver, während der Lautsprecherwagen an ihm vorbeigefahren sei, habe er gehört, wie über den Lautsprecher die Parole "Deckt die Bullen mit Steinen ein" ausgegeben worden sei. Das habe er als Aufruf empfunden, seine Polizeikolonne anzugreifen, so der Zeuge. Angaben dazu, wie oft die von ihm gehörte Aussage gemacht worden sei und vor allem von wem konnte der Zeuge jedoch nicht machen. Das habe auch daran gelegen, so der Zeuge, dass "eine gewaltbereite Menge nach diesem Aufruf permanent und massiv die Polizeifahrzeuge mit Steinen und anderen Gegenständen angegriffen" habe und auch mit Füßen sei auf die Autos eingetreten worden sei.

Gegen 12 Uhr 30 befragte Königs Verteidiger deshalb den Zeugen nun detailierter nach der Situation, in welcher es zu dem Gewaltaufruf gekommen sei. Vor allem bezieht sich Eisenberg darauf, dass der gleiche Zeuge in einer anderen Aussage, weche am 23. Februar 2011 protokolliert worden sei, von einer "nicht weiter identifizerbaren Person" berichtet habe, die den AUsruf via Laufsprecher gemacht habe. Auch will Eisenberg vom Zeugen wissen, warum dieser zu Protokoll gab, dass die Aufrufe aus dem Lautsprecherwagen und nicht vielleicht von einem Megafon aus der Menge kamen. Der Zeuge antwortete ihm daraufhin: "Ich wusste es nicht besser."

Offensichtlich verärgert über diese Aussage fragt Könige Verteidiger weiter nach, wo genau der Zeuge den Gewaltaufruf gehört haben will; der Zeuge antwortete ihm, dies sei während des Wendevorgang gewesen. Aufgrund dieser Festlegung kündigte Eisenberg an, den Zeugen vereidigen lassen zu wollen, da es Videoaufnahmen über jenen Wendevorgang und die Vorbeifahrt des Lautsprecherwagens gibt, die ersichtlich machen, dass sich der Ablauf anders zugetragen hätte und das es während der Vorbeifahrt keinerlei Aufrufe zur Gewalt gegeben habe.

Der Zeuge musste anschließend kurzzeitig den Raum verlassen, dann schauten sich Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung die von Eisenberg angesprochene Videoaufnahme an; Eisenberg erklärt bei der Videoschau, dass der Zeuge offenkundig die Unwahrheit sage. Daraufhin unterbrach der Richter die Verhandlung für eine Mittagspause und kündigte an, dem Zeugen die Aufnahmen nach der Pause vorzuführen.

FORTSETZUNG FOLGT AM 29.05.2013

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