Donnerstag, 4. Juli 2013

"NSU" - Der Prozess # 21: Am 19. Prozesstag wurde nochmals zur Waffenübergabe an den "NSU" nachgefragt - Auch Holger Gerlachs Rolle wurde hinterfragt



(tim schwarz) - Im Rahmen des inzwischen 19. Prozesstages vor dem OLG München gab es im "NSU"-Prozess Zeugenaussagen, u. a. zu Waffenübergaben an den "Nationalsozialistischen Untergrund", der von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe betriebenen rechten Terrororganisation.

Erneut musste der Mitangeklagte Carsten Sch*ltz* in den Zeugenstand treten. Zuvor hatte er bereits gestanden, die Ceska-Pistole an Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt übergeben zu haben. Dieses Mal sagte Sch*ltz* aus, er habe EINE Ceska-Pistole übergeben, jedoch habe er die Tatwaffe nie zweifelsfrei identifizieren können. Bei einer polizeilichen Vernehmung hätten die ihm vorgelegten Abbildungen eine schlechte Qualität gehabt, wie er sagte. Bei einer anderen hätten auf den Fotos zwei Pistolen einen Schalldämpfer gehabt, weshalb er der Meinung gewesen wäre, eine von den beiden Waffen zu erkennen. Sicher sei er sich aber nicht.

Unzweifelhaft ist Sch*ltz* jedoch einer der Personen, die in der Lage sein müssten, die Ceska 83, Kaliber 7,65 Millimeter, eindeutig zu identifizieren, hatte sie doch gekauft, in der Hand gehabt, bei sich zu Hause genau angesehen, hatte sie dem Mitangeklagten Ralf Wohlleben gezeigt. Weshalb die BKA-Beamten ihm also "schlechte schwarz-weiß Kopien von Vergleichswaffen" (so Carsten Sch*ltz* in seiner Aussage) vorlegten und nicht das Fundstück, war am Vormittag aufzuklären.

Der Vorsitzende Richter Martin Götzl rief deshalb einen vom Bundeskriminalamt nach München geschickten Beamten in den Zeugenstand, der sich allerdings - zur Verblüffung vieler Prozessbeteiligten - als (eigenes Zitat) "kein wirklicher Waffenexperte" herausstellte. Und es wurde noch bizarrer: Vergleichswaffen aus der Asservatensammlung des Bundeskriminalamts seinen "baugleiche Modelle", sagte er, könnten aber vom Original abweichen, seien also, wie der Beamte auf Nachfrage einräumen musste, "nicht identisch".

Deshalb eierte der Zeuge des Bundeskriminalamtes in seinen Aussagen zui vielen Fragen des Senats und der Verteidiger. Kopfschütteln bei den Anwälten der Nebenkläger, Gelächter bei den Verteidigern der Angeklagten gab es, als der Polizeibeamte zu Richter Götzl sagte, er habe seine Lesebrille vergessen und könne deshalb "die Beschriftung der Vergleichswaffen nur schwer entziffern". Vor dem Richtertisch waren da Schusswaffen in allen Varianten ausgebreitet. Das Ergebnis der Befragung des Zeugen blieb deshalb grenzwertig. Einige Medienvertreter sprachen hinter vorgehaltener Hand sogar von einem abgekarteten Spiel des BKA, um dem im Zeugenschutzprogramm befindlichen Sch*ltz*, eine milde Strafe zukommen zu lassen.

Carsten Sch*ltz* nutzte dann auch seine Chance an diesem Vormittag und sagte zu Götzl, er könne heute "nicht mehr sicher unterscheiden zwischen Bildern von der Tatwaffe, die ich bei SPIEGEL TV gesehen habe, und meiner Erinnerung an die Waffe", die er doch vor elf Jahren noch persönlich in der Hand gehabt hatte.


Am Nachmittag drehte sich alles um den ebenfalls angeklagten Holger Gerlach. Ein Vernehmungsbeamter, der Gerlach 2011 befragt hatte, konnte hierzu nichts besonders Aufschlussreiches berichten. Er habe Gerlach zu dem Bankraub in Eisenach vom 04.11.2011 vernommen, sagte er, nach welchem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt tot in einem Wohnmobil aufgefunden worden waren.

Der Angeklagte hatte dem "NSU"-Trio zuvor eine Reihe von Ausweisen überlassen. Ein Freundschaftsdienst, wie Gerlach bereits im Juni ausgesagte hatte, weil er vor den Dreien "nicht als Verräter" habe gelten wollen. Der Beamte bestätigte, dass Gerlach dies auch ihm gegenüber so gesagt habe. Gerlach habe ihm außerdem berichtet, dass er das alles nicht gewollt hätte, doch man habe ihn überredet, weil man "früher doch auch füreinander eingestanden" sei.

Dass das ausgebrannte Wohnmobil, in dem seinerzeit die Leichen von Böhnhardt und Mundlos aufgefunden worden waren, mit Hilfe seiner Papiere gemietet worden war, habe Gerlach ganz offensichtlich unangenehm berührt und überrascht, sagte der Ermitler. Eine Irritation habe es im Vorfeld des Gesprächs gegeben, berichtete der Kripobeamte dem Senat am Ende des 19. Prozesstages, da man anfangs davon ausgegangen sei, die Leiche neben Mundlos, welcher anhand seiner Fingerabdrücke identifiziert worden war, sei die von Holger Gerlach gewesen.

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