Freitag, 19. Juli 2013

"Was wirklich stimmt!": Die von JENAPLUS Arne Petrich zum B-Plan "Unter dem Krippendorfer Weg" abgegebene Erklärung ist fehlerhaft


(lsn / thomas hölke) - Nach der Sommerpause befasst sich der Jenaer Stadtrat mit der Frage, ob der Bebauungsplan "Wohn- und Freizeitpark unter dem Krippendorfer Wege" in Jena-Isserstedt (siehe Abbildung oben) aufgehoben werden wird. Die Stadt Jena warnte vor Kurzem vor dem Kauf angeblicher Baugrundstücke an dieser Stelle am Ortsteilrand von Jena-Isserstedt, die u. a. auf dem Internetportal JENAPOLIS in mehreren Anzeigen des Immobilienunternehmens JENAPLUS zum Verkauf angeboten werden.

JENAPOLIS-Betreiber und JENAPLUS-Chef Arne Petrich veröffentlichte hierzu eine Presseerklarung, in der es u. a. heißt: "Es ist uns derzeit keine Begründung bekannt, weshalb die Stadt Jena ein notwendiges und bezahlbares Wohnbaugebiet (100 Euro pro qm - erschlossen) verhindern möchte." - Diese Erklärung haben wir geprüft und kommen zu folgendem Ergebnis:

1.) Es gibt eine Begründung, weshalb die Stadt Jena das Wohnbaugebiet verhindern möchte. Sie findet sich in der Begründung des Stadtratsbeschlusses Nr. 12/1784-BV, erstellt am 24.09.2012.

Wie die "Lichtstadt.News" bereits früher berichtet hatten, behauptet auch ein Artikel der Internetplattform JENAPOLIS von Anfang Februar 2013 "Warum der Oberbürgermeister auf Zuarbeit des Stadtentwicklungsdezernats einen bestehenden, qualifizierten Bebauungsplan wieder zurücknehmen will, ist unbekannt." - Hier ein Auszug aus der "derzeit nicht bekannten" bzw. "unbekannten" Begründung vom September 2012, mehrheitlich vom Stadtrat der Stadt Jena beschlossen am 30.01.2013

"Der Bebauungsplan "Wohn- und Freizeitpark Unter dem Krippendorfer Weg" wurde mit der Eingemeindung Isserstedts durch die Stadt Jena im Jahre als kommunale Satzung übernommen. (...) Externe Ausgleichflächen wurden zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht ausgewiesen. (...)

Mittlerweile hat der einstige Vorhabenträger Insolvenz angemeldet. Ein Rechtsnachfolger existiert nicht. Damit steht unter anderem ein Vertragspartner für den Abschluss des für die Herstellung der plangegenständlichen Straßen erforderlichen Erschließungsvertrages nicht zu Verfügung. (...) Mittlerweile sind die Flächen der Sukzession unterworfen und zu einem erheblichen Teil mit Bäumen bestanden, welche nach einer ersten Einschätzung dem Thüringer Waldgesetz unterliegen. (...)


In seiner Stellungnahme zum zweiten FNP-Entwurf nimmt das Thüringer Landesverwaltungsamt vom März 2003 ausdrücklich Bezug auf das Plangebiet 'Unter dem Krippendorfer Weg'. Es bestätigt der Stadt die entsprechende Korrektur mit Verweis auf die aktuellen Ziele der Thüringen Raumordnung und Landesplanung, wonach die Innenentwicklung der Stadt Vorrang vor einer Ausweisung neuer Wohngebiete 'auf der grünen Wiese' erhalten soll. In der Genehmigung des FNP vom Februar 2006 wird dann durch das Landesverwaltungsamt angeregt, 'das Aufhebungsverfahren zeitnah abzuschließen'. (...)

Der Beschluss der Gemeinde Isserstedt über die Bereitstellung von kommunalen Grundstücken als Ausgleichsflächen kann aufgehoben werden, da der damalige Vertragspartner rechtlich gesehen nicht mehr existiert und das Festhalten an einer baulichen Entwicklung der beplanten Fläche ohnehin eine vollständige Planüberarbeitung erfordern würde. Aufgrund der Entwicklung des Naturschutzrechtes ist für diesen Fall auch der 1993 erstellte Grünordnungsplan komplett hinfällig."

Soweit die Kurzfassung der Begründung, die dem Verfasser des JENAPOLIS Artikels sowie Herrn Petrich selbstverständlich bekannt war bzw. ist.

2.) Zur Erschließungs von Grundstücken gehören gem. den Regelungen des Baugesetzbuchs / BauGB (und nachzulesen u. a. bei WIKIPEDIA): a) die Verkehrserschließung (= ausreichende öffentliche, zum Anbau bestimmte Straßen und Wege oder nicht befahrbare Wohnwege, Erschließungsparkflächen und Grünanlagen), b) die technische Erschließung (= Versorgungsleitungen für die Energieversorgung mit Strom und ggf. Gas oder Fernwärme), Anlagen zur Wasserversorgung und zur Ableitung für Wasser z. B. Kanalisation, Niederschlagswassersammler), c) Anlagen zum Schutz des Baugebietes gegen schädliche Umwelteinwirkungen sowie d) Anlagen der sozialen Infrastruktur wie: Kinderspielplätze, Kommunikationsanlagen und Telefonleitungen.


All das ist als Gesamtpaket "Unter dem Krippendorfer Wege" nicht vorhanden. Sogar bei JENAPOLIS kann man online eine Antwort des Stadtarchitekten auf eine Anfrage der Stadträtin, Frau Dr. Lukin, nachzulesen, in der es heißt: "Bei dem angesprochen Bauvorhaben handelt es sich um ein Vorhaben in dem nicht erschlossenen Plangebiet 'Unter dem Krippendorfer Weg'. Gemäß BauGB sind Bauvorhaben abzulehnen, wenn die Erschließung nicht ausreichend gesichert ist. Zur Erschließung gehören ausgebaute Straßen und stadttechnische Anschlüsse."

3. ) Wer sich die Situation vor Ort ansieht, im Speziellen das über beinahe zwanzig Jahre auf dem Areal gewachsene Wäldchen mit eigener Flora und Fauna, wird feststellen, dass dort viele, nach der Baumschutzordnung zu bewertende Gewächse vorhanden sind. Deshalb leuchtet es zumindest ein, dass wohl aufgrund der Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz in den letzten zwei Jahrzehnten tatsächlich eine "vollständige Planüberarbeitung" erforderlich werden würde.

Dies verbietet es wahrscheinlich auch, Baugenehmigungen für die 22 Grundstücke auszustellen, selbst wenn es für das Gebiet immer noch einen Bebauungsplan gibt. Wird der B-Plan später tatsächlich aufgehoben, sieht das Bürgerliche Gesetzbuch in solchen Fällen vor, dass Grundstückseigentümer Schadensersatz geltend machen können (was man durchaus auch machen sollte, wenn einem ein Schaden durch das Handeln der Stadt entstehen sollte).

Zumindest in den Passagen "...insoweit auch bisher keine Argumente für eine Nichtbebauung von Wohnhäusern in Isserstedt seitens der Stadt vorgebracht wurden. Somit ist die Aussage 'Die Bebauung der Grundstücke ist damit in absehbarer Zeit planungsrechtlich unzulässig. Bereits jetzt ist deren Erschließung nicht gesichert.' schon in sich falsch..." sowie "Es ist uns derzeit keine Begründung bekannt, weshalb die Stadt Jena ein notwendiges und bezahlbares Wohnbaugebiet (...) verhindern möchte..." ist die Presseerklärung von Herrn Petrich also fehlerhaft.

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