Sonntag, 13. Oktober 2013

"Der 'NSU'-Prozess - 43. bis 45. Tag": Verhandlung über den Mord an İsmail Yaşar und Konzentrationsschwierigkeiten bei Beate Zschäpe


(schwarz und szabo) -
Am Mitwoch verlor der Vorsitzende Richter Manfred Götzl kurz die Geduld mit Beate Zschäpe. Als ihre Anwältin verkündete, dass die Hauptangeklagte Konzentrationsschwierigkeiten habe, Zschäpe den Richter aber dabei anlächelte, platzte es aus Götzl heraus: "Weshalb lächeln Sie, wenn Sie sich nicht mehr konzentrieren können? Klären Sie mich bitte auf, Frau Zschäpe", sagte er, wandte sich dann an Anwältin Sturm und sagte: "Ich will jetzt Klartext haben, was mit ihrer Mandantin los ist. Sie stören mich in meiner Befragung, sie lenken mich ab". Anschließend lehnt er die Verhandlungsunterbrechung ab.

Was war noch los an den drei Tagen in München?

Der 43. Verhandlungstag am 08.10.2013:

An diesem Tag ging es vor dem OLG München um die Frage, ob Beate Zschäpe in Dortmund war, kurz bevor dort Mehmet Kubaşık erschossen wurde. In der vergangenen Woche hatte eine Zeugin ausgesagt, sie habe Zschäpe mit ihren mutmaßlichen Komplizen 2006 im Garten eines Nachbargrundstücks in Dortmund gesehen. Das Gericht interessierte u.a. dafür, wie die Frau aussah, denn ihr Mann hatte in Vernehmungen gesagt, dass seine Frau Zschäpe sehr ähnlich gesehen habe. Davon konntensich anschließend alle Anwenden im Gerichtsaal überzeugen, als die Ehefrau des späteren Eigentümers des Nachbargrundstücks in den Zeugenstand trat.

Diese verneinte überzeugend Verbindungen zur rechten Szene und beschrieb ihr Leben als äußerst bürgerlich. Dass ihre beiden Kinder die Vornamen Odin und Thor hätten, führte die Zeugin auf ein Faible für germanische Götter zurück, das sie und ihr Mann hätten. Zschäpe-Anwältin Anja Sturm gab anschließend eine Erklärung zu Protokoll, wonach "jetzt ja wohl jedem klar sei", dass der Besuch ihrer Mandantin in Dortmund nicht den Tatsachen entspreche.

Am Nachmittag des 43. Tages war dann eine Ermittlerin im Zeugenstand, die über die Auswertung einer Festplatte berichtete, die man im Brandschutt der ausgebrannten Wohnung in Zwickau gefunden hatte; diese Wohnung war von Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bewohnt worden. Auf der Festplattte habe man Teile des später als "Frühling Video" des "NSU" bekannt gewordenen Films entschlüsseln können, sagte sie. Außerdem habe man Fotos vom früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder entdeckt, mit Judenstern auf der Brust und mit ihm hinter Gittern. Einige hätten Aufschriften wie "you are the next" getragen. Nach Angaben der Zeugin stammten die Bilder vom Jahr 2002.

In den zahlreichen Bilddateien der Festplatte seien unter anderem auch private Fotos von Susann Em*ng*r gefunden worden, der Frau des in "NSU"-Prozess mit angeklagten André Em*ng*r.. Laut der BKA-Beamtin weisen viele der Bilder "starke Bezüge" zu diesem Mitangeklagten auf. Bei ihm zuhause habe die Polizei bei einer Durchsuchung zudem zwei mobile Festplatten sichergestellt, die nahezu identisch mit der von ihr ausgewerteten Platte aus dem Brandschutt gewesen seien, so die Zeugin vor Gericht.

Der 44. Verhandlungstag am 09.10.2013:


Im Mittelpunkt des 44. Prozesstages stand nochmals der NSU-Mord an dem Nürnberger Dönerbuden-Betreiber Ismail Yaşar vom 9. Juni 2005. Mehrere Zeugen wurden im Laufe des Tages hierzu gehört. Der erste von ihnen war ein 57-jähriger Mann, der am Tat-Tag in einem Baumarkt war. Auf dem Rückweg habe er aus seinem Auto heraus zwei junge Männer gesehen, die die Straße am Fußgängerweg mit ihren Fahrrädern überquerten. Er erinnerte sich: "Der eine war kurz und kräftiger, der andere war länger." Nur wenige Augenblicke später habe er mit seinem Auto an einer Ampel gewartet und hinter sich Schüsse gehört, "erst einen, dann zwei und dann ein paar hintereinander", erklärte er dem Gericht. Es seien "normale Schüsse" gewesen, sagte der Zeuge, ohne Schalldämpfer, und zwar insgesamt acht Stück. "Obwohl ich im Auto laut Musik hörte, habe ich die Schüsse deutlich gehört", fügte er an.

Am Mittwoch Nachmittag sagte dann eine Polizeibeamtin aus, die mit der Auswertung der "NSU"-Asservate betraut war. Ihren Angaben nach wurden Beate Zschäpes Fingerabdrücke an zwei Beweisstücken sichergestellt. Zusätzlich seien handschriftlich Notizen von ihr gefunden worden, sagte die Polizistin aus.

Der 45. Verhandlungstag:


Die ursprünglich für den 44. Verhandlungstag vorgesehene Aussage des Mitangeklagten Carsten Sch*ltz* konnte erst am Donnerstag durchgeführt werden. Als Helfer des "Nationalsozialistischer Untergrunds" belastete er den mitangeklagten Ex-NPD-Funktionär Ralf Wohlleben schwer. Deshalb wurde er am 45. Tag vor Gericht von Wohllebens Anwalt Olaf Klemke intensivt befragt. Allerdings gelang der Versuch, Sch*ltz*s Glaubwürdigkeit zu erschüttern, nicht wirklich. Der aus Jena stammende 33-Jährige blieb dabei, den Untergetauchten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe im Auftrag und mit dem Geld von Wohlleben eine Schusswaffe der Marke Ceska überbracht zu haben. Mit dieser Pistole sollen die Terroristen zwischen 2000 und 2006 bundesweit neun Ausländer ermordeten haben.

Emotional wurde es am 45. Verhandlungstag aber auch für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe. Am Ende des Prozesstages kündigte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl an, er wolle das Überwachungsvideo vom Bombenanschlag in der Kölner "Keupstraße" aus dem Jahre 2004 noch einmal vom BKA untersuchen lassen. Es gebe Hinweise, so Götzl, dass in dem Video eine Passantin zu sehen sei, die Ähnlichkeit mit Zschäpe haben soll. Zudem kündigte das OVG an, dass ihre Mutter, Annerose Zschäpe, neben anderen Verwandten, in etwa einem Monat vor Gericht als Zeugin geladen ist.

Der Prozess wird am 15.10.2013 fortgesetzt.

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