Samstag, 7. Dezember 2013

"Zehn unbequeme 'Eichplatz'-Fragen!": Die Jenaer FDP mahnt endlich Antworten an, zu Fragen, die sie bisher unter Ausschluss der Qffentlichkeit gestellt hatte


(fdp) - Nicht erst seit gestern stellt die FDP im Jenaer Stadtrat die entscheidenden Fragen, die im Grunde durch die Regierungskoalition aus SPD, CDU und Bündnis 90/ GRÜNE zu beantworten wären, bevor sie überhaupt entstehen.

Nachdem sie das Projekt Eichplatz über Jahrzehnte - nicht zuletzt unter der Ägide der früheren FDP-Oberbürgermeisters Dr. Peter Röhlinger - konstruktiv mit vorangetrieben hatten und sich trotzdem (Zitat) "...für den Änderungsantrag, mehr Wohnraum einzuordnen, über Monate verbal verprügeln lassen (mussten), bis sich dann doch alle Fraktionen diese Forderung zu Eigen machten", müssten die Liberalen nun unbequeme Fragen stellen, deren Antworten für das Projekt "Eichplatz" aber immens wichtig seien, schreibt die FDP nun in einer Presseerklärung.

Und in der Tat: Im Bund vielleicht schon totgeredet ist die Jenaer FDP die Partei, mit der viertgrößter Unterstützung durch die Bürger bei der letzten Kommunalwahl - sogar noch knapp ein Prozent vor den Bündnis/GRÜNEN liegend. Und sie engagiert sich mit Persönlichkeiten wie Dr. Thomas Nitzsche oder Dr. Reinhard Bartsch über das übliche Maß hinaus im Stadtrat und den Ausschüssen. Nicht zuletzt im, von SPD, CDU und GRÜNEN hausgemachten "Eichplatz"-Chaos". Fraktionschef Andreas Wiese (im Foto mit Bundesaußenmiister Westerwelle) spricht in der Presseerklärung deshalb auch die weiterhin ungeklärte Stellplatzfrage an, die nicht befriedigend geklärt werden konnte, was ein erhebliches Manko für das Funktionieren des Projekts als solchem darstelle.

Das Funktionieren aber und nicht so sehr die äußere Gestaltung, so Wiese, sei immer Hauptkriterium der FDP gewesen, ganz gleich an welchen der beiden Investoren am Ende der Zuschlag gehen sollte. "Dass der nun auch noch an das in unseren Augen weniger überzeugende Projekt ging, ist ein weiterer Stein im Puzzle. So kommt eins zum anderen. Punkt für Punkt wurde das Projekt in eine Richtung getrieben, die zu teilen uns immer schwerer fiel. Und der Krug der Opposition (auch der konstruktiven) geht nur solange mit zum Brunnen, bis er bricht", so das Fazit des Liberalen-Chefs in der FDP-Erklärung vom Donnerstag.

Dann seziert Wiese "die finale Woche", wie er sie nennt: also die Woche nach der Ankündigung, der Bebauungsplan müsse erneut vollständig ausgelegt werden. Da habe die Jenaer FDP - wie auch beim Schulnetzplan - "das typisch hektische Zuendesteuern der Koalition" erlebt. Wiese: "Ein Skispringer merkt in der Luft, dass er am Schanzentisch gepatzt hat, und rudert nun heftigst mit den Armen, um doch noch halbwegs heil zu landen. Auf Haltung kommt es da nicht mehr an." So sprachen zwei Fraktionsvorsitzende der Koalition öffentlich von einem verbindlichen Bürgervotum, nachdem sie zuvor im nicht-öffentlichen Teil der Stadtratssitzung einen Änderungsantrag abgelehnt hatten, der statt wolkiger Ankündigungen genau das zu einem festen Bestandteil des Verkaufsbeschlusses machen wollte. Der bissige Kommentar des FDP-Schwergewichts und Rechtsanwalts: "Nun gut, Haltung ist nur die B-Note".

Aber wie es nun zu Ende geführt wurde mit dem "Eichplatz", das hält der juristische Experte (und zugleich FC Carl Zeiss Jena Hausanwalt) für rechtlich angreifbar. Und genau das, so Wiese, haben man als FDP im Stadtrat mit einem Katalog an kritischen Fragen an die Verwaltung dokumentiert, die alle außer einer nun auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden und daher der Erklärung beifügt wurden. Die FDP hatte den OB-Vorschlag zur Zustimmung zum OFB / JenaWohnen-Projekt abgelehnt und dies in der Aktuellen Stunde und Aussprache zur angestrebten Bürgerbeteiligung auch ausführlich begründet.

Der FDP-Fraktionschef schließt seine Erklärung, hinter der auch die anderen vier Jenaer FDP-Stadträte Dr. Nitzsche, Taeger, Probandt und Dr. Bartsch stehen, mit einem kurzen Fazit: "Es schmerzt uns", schreibt er, dass man im Stadtrat nicht habe zustimmen können. "Nach wie vor wünschen wir uns ja zeitnah eine Bebauung am 'Eichplatz'. So wie sie aber nun beschlossen ist, soll die Koalition sie auch allein verantworten. Trotzdem sind wir konstruktiv, noch immer und schon wieder: unser Antrag für ein dynamisches Parkleitsystem für die Innenstadt steht bereits auf der Tagesordnung." 

Gerade das Projekt "Eichplatz" brauche das Parkleitsystem, um das Problem der viel zu knappen Stellplätze wenigstens ein wenig abzupuffern, heißt es in der Erklärung der FDP. Zudem: Sowohl das Investorenauswahlverfahren als auch der Bebauungsplan müssen nicht nur juristischer Überprüfung standhalten, sondern bereits im Vorfeld plausibel erwarten lassen, dass eine juristische Anfechtung keine Aussicht auf Erfolg hätte. Denn von wenigstens vier Seiten wären (womöglich noch zum für die Stadt Jena denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, schreibt Jurist Wiese) rechtliche Schritte zu erwarten:

A) vom unterlegenen Investor (Konkurrentenklage und/oder Schadenersatz),

B) von Josef Saller (mit dem Interesse, die Erweiterung seiner "Neuen Mitte" zuerst zu realisieren),

C) von den Gegnern der Eichplatz-Bebauung sowie

D) von den umliegenden Städten (wegen der Umsatzumverteilungen im Einzelhandel)

Daher stehen weiterhin folgende zehn Fragen im Raum, die die FDP jetzt schnellstmöglich, weil dringend, beantwortet haben möchte:

Zweimal wurde nachgebessert, einmal wegen eines übersehenen Abwägungsdefizits, nun erneut wegen eines Formfehlers bei der Auslegung. FRAGE 1: "Geht die Verwaltung davon aus, dass mit der nunmehr beabsichtigten nochmaligen Auslegung des 3. Entwurfs allen formalen Erfordernissen genügt wird?"

FRAGE 2: "Hat sie sich beim jetzigen Schritt der erneuten Auslegung extern beraten lassen?"

FRAGE 3: "Welche Möglichkeiten bestehen, gegen das Investorenauswahlverfahren bzw. nach Satzung gegen den Bebauungsplan rechtlich vorzugehen bzw. welche Fristen gelten dafür und welche aufschiebende Wirkung hätten diese jeweils?"

FRAGE 4: "Hält die Verwaltung das beabsichtigte Vorgehen, das Investorenauswahlverfahren ohne bestehendes Baurecht abzuschließen, um dann den Bebauungsplan in Abstimmung mit dem verbliebenen Investor nachträglich anzugleichen, für rechtssicher?"

Der Stadtrat stimmte dem Kaufvertrag zu, beauftragte aber zugleich den Oberbürgermeister im Binnenverhältnis, den Vollzug des Kaufvertrags (Unterschrift) an Bedingungen zu knüpfen. FRAGE 5: "Wie bewertet die Verwaltung ein solches Vorgehen rechtlich, und zwar a) in Bezug auf die endverhandelten Kaufverträge und b) generell im Außenverhältnis der Stadt zu den Investoren?"

FRAGE 6: "Wie bewertet es die Verwaltung, dass die Hinzuziehung des Baukunstbeirates (statt der Jury) den Teilnehmern am Beginn des Verfahrens nicht bekannt war?"

FRAGE 7: "Hält die Stadt es für rechtlich unbedenklich, dass im Baukunstbeirat ortsansässige Architekten mitwirken?"

FRAGE 8: "Hält die Verwaltung das Engagement der städtischen Tochter 'JenaWohnen' in einem solchen Verfahren und in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen für rechtlich unbedenklich?"

FRAGE 9: "Ab wann war den Teilnehmern die Bewertungsmatrix bekannt, die dem synoptischen Vergleich beider Verträge zugrunde liegt?"

FRAGE 10: "Ist das Einzelhandelsgutachten der GMA gerichtsfest? Wie bewertet die Verwaltung den Einwand, im Gutachten hätten die Bestandsflächen im Baufeld MK 1 (= 'Neue Mitte') anders betrachtet werden müssen?"

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