Sonntag, 29. September 2013

"Der 'NSU'-Prozess - 37. bis 39. Tag": Verhandlung über die Morde an Süleyman Taşköprü und Theodorus Boulgarides


(annett szabo) -
Diese Woche war besonders schwer für einige Angehörigen von Menschen, die von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Namen des "NSU" ermordet wurden. Einige von Ihnen sagten zwischen Montag und Mittwoch vor Gericht aus und saßen dabei den Angeklagten schräg gegenüber: Beate Zschäpe, Ralf Wohlleben und Carsten Sch*ltz*. Diese drei sind angeklagt, für den Tod von Mehmet Kubasik verantwortlich zu sein.


Der 37. Verhandlungstag:

Zum ersten Mal ging es den Tod von Süleyman Taşköprü. Es war der dritte der insgesamt zehn Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds" und beinahe wie ein roter Faden zieht sich durch die Tötung von Migranten durch den rechtsradikalen "NSU", dass die ermittelnden Kriminalbeamten nicht auf einen rechtsextremen Hintergrund der Taten kamen. So auch bei dem aus der Türkei stammenden Obst- und Gemüsehändler Tasköprü, der mit drei Schüssen niedergerteckt wurde.

Die beiden Polizeizeugen sagten nun in München aus, was nach ihrer Sicht seinerzeit in Betracht kam: Schulden nach Glücksspielen, Eifersucht, Blutrache oder verletzte Ehre, ein Streit im Rotlichtmilieu, ein Racheakt der Drogenmafia, Schutzgelderpressung oder Geldeintreibung der PKK. Aber auch der Vater des Ermordeten und zwei Passanten sagten aus. Alii Taşköprü erzählte, dass er damals sein Lebensmittelgeschäft kurz verlassen hatte, um Oliven zu holen und als er zurückkehrte, lag sein Sohn in einer Blutlache auf dem Boden. "Ich habe ihn auf meinen Schoß genommen. Er wollte mir noch etwas sagen, aber er konnte es nicht mehr", sagte der 67-Jährige Vater des Mordopfers.

Zuvor hatte bereits Andreas Thiel, Anwalt der Opferfamilie, die Ermittlungsarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft in Hamburg scharf kritisiert. Ali Taşköprü habe damals unter anderem ausgesagt, in der Nähe des Tatorts zwei deutsche Männer gesehen zu haben. "Diese Spur ist nie verfolgt worden", so Thiel, obwohl Polizeibeamte aus Nürnberg die Hamburger Polizei bereits am Tattag darauf hingewiesen, dass dort zwei Morde mit derselben Waffe verübt worden waren - ebenfalls an türkischen Kleinunternehmern. Auch dort seinen zwei deutsche Männer gesehen worden. Thiel: "Da  hätte man das rechte Lager mit ins Auge fassen müssen".

Dafür reagierte das OLG MÜnchen nun sofort auf Ankündigung von Thiels Kollegin Doris Dierbach, die im Dortmunder Mordfall Kubasik, eine möglicherweise sehr wichtige Zeugin angeküngigt ahtte. Diese Zeugin soll nun bereits nächste Woche, am 30. September gehört werden, wie eine OLG-Sprecherin bestätigte.

Der 38. Verhandlungstag:


Am Dienstag, den 24.09.2013 ginbg es um den Mord in München vom 15.06.2005 an Theodoros Boulgarides. Befragt wurde u.a. der damalige Geschäftspartner von Boulgarides, der mit diesem das Geschäft, einen Schlüsseldienst, erst vierzehn Tage vor dem Mord eröffnet hatte. “‘Können Sie etwas über die Folgen der Tat für die Familie berichten?", fragte ihn der Vorsitzende Richter Manfred Götzl. Der Geschäftspartner ist Münchner, von Beruf Kaufhausdetektiv und bleibt im Gericht wortkarg, sagte nur: "Das war die totale Zerstörung einer Existenz. Und nicht nur für die Angehörigen." Nach dem Mord kamen die Unterstellungen der Polizei, sagte er weiter aus (ein Muster, das man bereits aus den anderen "NSU"-Mordfällen her kannte). Die Polizei suchte nach den Tätern in der Familie, bei den Geschäftspartnern; die rechtsradikalen Szene sparte man aus.

Dann ging es am 18. Prozesstag wieder einmal um den Brand in der Zwickauer Wohnung, in der Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gemeinsam mit Beate Zschäpe gelebt hatten. Hierzu gab es eine überraschende AUssage eines BKA-Beamten, dass man im Schutt der Brandwohnung auch einen Ausweis für eine Hannoveraner Stadtbücherei fand, der von Beate Zschäpe genutzt worden sein soll. Dies warf u.a. die Frage auf, ob sich Zschäpe während ihrer Zeit im Untergrund öfter und länger in Hannover bei Holger Gerlach aufgehalten hatte, als bislang bekannt. Das wiederum würde bedeuten, dass gerlach möglicherweise einige Besuche der Hauptangeklagten bei ihm verschwiegen hat. Julia Jüttner vom "SPIEGEL"sprach in einem Bericht des Nachrichtenmagazins zwei Fragen offen aus, die im Raum steht: Standen sich Holger Gerlach und Beate Zschäpe womöglich näher als bisher bekannt? Weigert er sich deshalb so beharrlich, Fragen des Gerichts zu beantworten? - Bisher sprach Gerlach immer davon, dass die Besuche des "NSU" bei ihm jeweils sehr kurz waren.

Der 39. Verhandlungstag:


Das Gericht hörte am Mittwoch, den 25.09.2013 weitere Zeugen und Sachverständige zum Mord an Theodoros Boulgarides in München. Zuerst sagte ein Polizeibeamter aus, der am Tatort im Münchner Westend die Spuren sicherte. Anschließend wurden ein ballistischer Sachverständiger und ein Rechtsmediziner vernommen. Der Rechtsmediziner erläuterte das Ergebnis der Obduktion des Mordopfers: Boulgarides starb an drei Schüssen in den Kopf.

Am Nachmittag ging es dann wieder um den Mord an Halit Yozgat in Kassel am 06.04.2006. Hierzu sagten zwei Kriminalbeamte aus. Der 21-Jährige Yozgat war damals in seinem Internetcafé erschossen worden: das letzte Attentat des "NSU" auf Ausländer. Der Tod von  Yozgat gab im Vorfeld des Prozesses besonderen Anlass zu Spekulationen, denn zur Tatzeit saß im hinteren Teil des Internetcafés ein Mitarbeiter des hessischen Landesamts für Verfassungsschutz. Ein Vorgesetzter sagte vor Gericht aus, dass der Beamte nur zufällig am Tatort gewesen sei; der Mann soll am 01.10.2013 als Zeuge vor dem OLG München gehört werden.

Der Prozess wird am 30.09.2013 fortgesetzt.

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