Montag, 18. Oktober 2010

Kriegsfoto-Ausstellung "Fremde im Visier" im Jenaer Stadtmuseum "Alte Göhre"

70 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hat die Kunsthistorikerin Dr. Petra Bopp in einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Universität Oldenburg und des Jena Centers für Geschichte des 20. Jahrhunderts Fotoalben gesichtet, aufgearbeitet und als Ausstellung konzipiert. Nach Stationen in Oldenburg, München und Frankfurt wird die bedrückende fotografische Spurensuche nun auch in der Lichtstadt gezeigt. Bopp sammelte dabei Material aus rund 150 Fotoalben aus Privatbesitz (Leihgaben von ehemaligen Wehrmachtssoldaten und ihrer Angehörigen aus Norddeutschland) sichtete zusätzlich Alben aus Museen und Archiven und sogar (nach einem Aufruf in der Presse vom Frühjahr 2010) Exponate aus Thüringen.

Manche Fotos muten an wie Urlaubsschnappschüsse: Junge Männer baden lachend in einem Fluss, posieren vor der Akropolis in Athen oder blinzeln entspannt vor dem Eifelturm in Paris in die Kamera. Für viele Mitglieder der Wehrmacht war der Zweite Weltkrieg die erste Gelegenheit ihres Lebens um fremde Länder zu sehen. Doch auch auf den scheinbar harmlosen Knipsbildern ist der Einfluss der Kriegspropaganda zu spüren. Beschriftet werden sie in den Alben z. B. mit "Es ist so schön, Soldat zu sein!" oder "So sieht es im blöden Russland aus".

Mit dem Kriegsverlauf werden die "touristischen Motive" dann jedoch spärlicher; es fanden sich (obwohl die Soldaten angehalten waren, Exekutionen nicht im Bild festzuhalten) sogar Fotos von Hinrichtungen an Partisanen. Diese kann man in der Ausstellung sehen, dazu auch Fotografien getöteter Zivilisten, brennender Häusern und zerstörter Brücken. Die Arroganz der "Eroberer" wird sichtbar, wenn sie klatschend um eine tanzende alte Frau in Rumänen stehen oder sich Arm in Arm mit einem farbigen französischen Gefangenen ablichten lassen. Doch je mehr Schlachten die Wehrmacht verlor, desto weniger wurde fotografiert. Den Atelieraufnahmen in Uniform zu Kriegsbeginn folgen am Ende Aufnahmen im Kriegsgefangenenlagern und von Soldatengräbern.

Die Ausstellung "Fremde im Visier" ist im Jenaer Stadtmuseum noch bis 30. Januar 2011 zu sehen. Begleitend hierzu sind zwei Publikationen erschienen: 1) Petra Bopp, "Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg", Kerber Verlag/Bielefeld 2009; 29,80 Euro - 2) Petra Bopp, Sandra Starke, "Fremde im Visier – Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg" als Broschüre zur Ausstellung, Kerber Verlag/Bielefeld 2009; 6,00 Euro


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