Der Geologe und Forschungsreisende Alphons Stübel hinterließ ein beeindruckendes Erbe. Nur leider wusste niemand davon. Denn fast 40 Jahre lang schlief sein Nachlass vergessen im Institut für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Erst seit dem Beginn der wissenschaftlichen Aufarbeitung 1995 offenbart sich nach und nach ihr wahrer Wert.
Im Rahmen der Ausstellung „Bilderfund - Frühe Orientphotographie, gesammelt von Alphons Stübel (1835-1904)“ in der Galerie Stadtspeicher (Markt 16) sind vom 3. März bis zum 8. Mai einige der bis zu 150 Jahre alten Fotos zu sehen. „Aus konservatorischen Gründen können wir keine Originale zeigen“, erklärt die Kuratorin Babett Forster. Stattdessen werden wir mit Reproduktionen und einer Diashow den alten Orient erstrahlen lassen.“
Der gebürtige Leipziger Alphons Stübel bereiste in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Arabien und Nordafrika. Wieder zu Hause legte er sich mit gekauften Fotos eine Art Expeditionstagebuch an. „Die Bilder hat er sowohl auf seinen Reisen als auch in Deutschland, vor allem in Berlin, zusammengekauft“, sagt die Fotografieexpertin. „Wichtig war ihm dabei, alles so zu dokumentieren, wie er es vorgefunden hatte.“
Zusammengekommen sind dabei vor allem Architektur- und Landschaftsaufnahmen, die einen einmaligen Blick in die Vergangenheit bieten. Vor allem durch ihre Vollständigkeit besticht die Sammlung. So finden sich von den Anfängen der Sammlung 1857 bis in die 1890er Jahre Fotos aus Konstantinopel, Kairo, Alexandria und weiteren großen Zentren des Morgenlandes. Nach Jena gelangten die Aufnahmen über einen Neffen Stübels, der sie geerbt hatte und in Jena Medizinprofessor war. Sie haben neben der historischen Bedeutung auch einen finanziell nicht zu unterschätzenden Wert.
Zur Sammlung gehört etwa ein kompletter Satz der ersten jemals in den Heiligtümern Mekka und Medina aufgenommenen Fotos aus dem Jahr 1881. „Ein Pendant dazu wurde im Auktionshaus Sotheby’s 1989 für 1,4 Millionen Britische Pfund versteigert“, berichtet Forster.
Heute dient die Stübel-Sammlung den Wissenschaftlern vor allem als Datenbank für historische und denkmalpflegerische Belange. „Viele Stätten kann man hier noch in nahezu unberührtem Zustand betrachten – ohne Auswirkungen des Massentourismus“, sagt die Kuratorin. Außerdem sind die Bilder von großer fotohistorischer Bedeutung, denn sie stammen aus der Zeit, als die Fotografie noch in den Kinderschuhen steckte.“ Wir haben hier ein sehr komplexes Zeugnis darüber, wie ein Zeitgenosse mit dem neuen Medium umgeht“, sagt Babett Forster. In der Ausstellung können die Besucher deshalb auch Wissenswertes über die Anfänge der Fotografie erfahren.
Wissenschaftliche Berühmtheit erlangte Moritz Alphons Stübel übrigens auf ganz anderem Terrain. Als Privatgelehrter und Vulkanologe bereiste er auf den Spuren Humboldts Südamerika. Im peruanischen Ancón beteiligte er sich an einer archäologischen Grabung zur Erforschung präkolumbianischer Bestattungsriten. Seine dazu veröffentlichte Publikation ist auf ihrem Gebiet immer noch maßgeblich.
Die Ausstellung „Bilderfund - Frühe Orientphotographie, gesammelt von Alphons Stübel (1835-1904)“ läuft vom 3. März bis 8. Mai 2011 in der Galerie Stadtspeicher (Markt 16). Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 12 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag 10 bis 16 Uhr.
Weitere Informationen zur Stübel-Sammlung findet man HIER.
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