Der deutsche Journalist und Schriftsteller Kurt Tucholsky wurde am 9. Januar 1890 in Berlin als ältester Sohn des Kaufmanns Alex Tucholsky und dessen Ehefrau Doris geboren. Als Tucholskys Vater 1905 verstarb, hinterließ er seiner Frau und den Kindern ein beachtliches Vermögen, das es seinem ältesten Sohn gestattete, sich ohne finanzielle Sorgen mit einem Privatlehrer auf das Abitur und ein späteres Jurastudium vorzubereiten. 1909 bestand er die Reifeprüfung, begann im Herbst desselben Jahres in Berlin zu studieren, wechselte zum zweiten Semester an die Universität in Genf, studierte jedoch später in Berlin Jura weiter und zu Ende.
Nachdem Kurt Tucholsky ab 1907 seine ersten lyrischen Werke publizieren konnte, veröffentlichte er 1912 mit "Rheinsberg - ein Bilderbuch für Verliebte" eine Erzählung, mit deren, für die damalige Zeit ungewohnt frischen, verspielt-erotischen Ton, er den Zeitgeist im wilhelminischen Kaiserreich traf - dieses Buch machte ihn erstmals einem größeren Publikum bekannt.
Den Absatz seines Buches (und damit seine eigene Bekanntheit) steigerte der 22-jährige Kurt Tucholsky u. a. auch dadurch, dass er damals zusammen mit dem Buchillustrator Kurt Szafranski auf dem Berliner Kurfürstendamm eine Bücherbar eröffnete, wobei jeder Käufer dort zusätzlich zum "Rheinsberg"-Buch noch einen Schnaps eingeschenkt bekam.
An seinem 23. Geburtstag erschien Tucholskys erster Artikel im linksliberalen Wochenblatt "Die Schaubühne" (später: "Die Weltbühne"), für das er in der Folge oft drei Artikel pro Ausgabe schrieb, wobei er auch die Pseudonyme Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel nutzte. Zwischen Genf, Berlin und anderen Städten hin- und herpendelnd widmete er sich in dieser Zeit nur noch sporadisch seinem Jurastudium. Mit Szafranski reiste er u. a. nach Prag, um dort Max Brod einem Besuch abzustatten, wobei er auch auf Franz Kafka traf. Dieser notierte über Kurt Tucholsky in seinem Tagebuch: „… ein ganz einheitlicher Mensch (...) vom gemäßigten und starken Schwingen des Spazierstocks, das die Schulter jugendlich hebt, angefangen bis zum überlegten Vergnügen und Mißachten seiner eigenen schriftstellerischen Arbeiten. Will Verteidiger werden …“.
Im März 1913 verzichtete Kurt Tucholsky wegen seiner umfangreichen journalistischen Arbeit darauf, in Berlin die erste juristische Staatsprüfung abzulegen, überlegte aber, wie er dennoch einen Studienabschluss erlangen könne und entschied sich im Sommer 1913 dazu, in der kleinen Saalestadt Jena bei der dortigen "Gesamt-Universität" um Zulassung zur Promotion zu bitten.
Auf Jena kam Tucholsky (wie in Band 2 der Tucholsky-Gesamtausgabe "Texte und Briefe" nachzulesen ist), weil hier einst Goethe und Schiller ihren Freundschaftsbund geschlossen hatten, vordringlich aber wegen der recht liberalen Zulassungsbedingungen. Und, tatsächlich, die Jenaer Universität nahm den "cand. jur. Curt Tucholsky" als externen Studenten an, auch wenn der hie und da in seinen schriftlichen Einlassungen an den Dekan der Universität hinsichtlich seines Werdegangs und des gesundheitlichen Befindens ("...da mir ärztlicherseits wegen eines Herzleidens Schonung auferlegt wurde...") wohl etwas flunkerte
Im Bestand des Archivs der Friedrich-Schiller-Universität Jena stößt man in Band "K - No. 298" der Juristischen Fakultät auf den prominenten Promotionsvorgang. Schon im August 1913 legte Kurt Tucholsky in Jena seine Dissertation "Die Vormerkung aus § 1179 BGB und ihre Wirkungen", eine Arbeit zum Hypothekenrecht, vor. Doch war es damals für einen journalistisch tätigen Schriftsteller, der sein Interesse an der Juristerei hinten anstellte, nicht ganz einfach, den Doktortitel "in einem Rutsch" verliehen zu bekommen. In Jena jedenfalls ließ man sich Zeit für die Prüfung und Bewertung und dies wohl auch mit Recht.
Im ersten Anlauf nämlich wurde die Doktorarbeit des Mannes, dessen Bücher nur wenige Jahre später von den Nationalsozialisten erst verboten und dann verbrannt wurden, ein gutes halbes Jahr lang von der Jenaer Universität "gewogen" und schließlich für "zu leicht" empfunden, so dass der "cand. jur." nacharbeiten musste, verbunden mit dem Verlust seiner bereits eingezahlten 350,-- Mark Promotionsgebühr. - So streng waren die Gebräuche der Jenaer Universität also damals dann doch gewesen. [...Fortsetzung folgt...]
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