Montag, 11. Juli 2011

Auferstanden aus den Fluten: "Gotham City - Das Musical" wurde überschwemmt - "So etwas hab ich in 20 Jahren nicht erlebt" (Dr. Margret Franz)

(lsn) - Dass eine Vorstellung des Theaterspektakels zur Kulturarena mal in Wasser fällt, das kam schon mal vor. 2000 bei "Jena kocht!" mussten Regisseur Rainald Grebe und Theaterhausleiter Roman Röseler gar eine Vorstellung absagen. Das, was sich jedoch in den letzten vier Tagen auf dem Theatervorplatz in Jena abspielte, fasste Jena-Kultur-Chefin, Dr. Margret Franz, mit den Worten "So etwas hab ich noch nicht erlebt" passend zusammen.

Schon die Premiere des diesjährigen Kulturarena-Eröffnungsspektakels ging in die Historie der Arena als nassestes und vielleicht bestes Open-Air-Theater der letzten zwei Jahrzehnte ein. Am Freitag und am Samstag war der Wettergott dann etwas milder gestimmt und es "regnete" nur und goss nicht wie aus Kübeln. Das war dann gestern wieder angesagt, als der Abbruch der Abschlussaufführung von "Gotham City III - Das Musical" erneut nur eine Frage der Zeit schien.

Rund um das Theaterhaus fuhren die Einsatzwagen der Feuerwehr Noteinsätze um Keller leerzupumpen und auch sonst Hilfe zu leisten. Davon unbeeindruckt machte zeitgleich auf der glitschigen Bühne das Jenaer Theaterhaus-Ensemble der Affenherrschaft über Gotham City ein Ende und bei der Schlussnummer des Musicals, dem Ohrwurm "Die Zeiten sind vorbei, doch keine Angst, es kommen neue", applaudierten die feucht-fröhlichen Gäste dem Ensemble nach sieben Spielzeiten und es gab Standing Ovations.

Man kann der OTZ vom Samstag nur zustimmen und den mehr als 100 Akteuren nur bewundernd danken, dass sie die Vorführungen gegeben haben. Selbstverständlich war das nicht, denn in manchen Szenen hielt das Publikum den Atem an, wenn die Schauspielerinnen in High-Heels über die nasse, abschüssige Bühne tanzten, durchnässt bis auf die Haut.

Aber sie taten dies vor allem, weil die Inszenierung Markus Heinzelmanns Magie und Größe besaß, das von der bisherigen Hausautorin Rebekka Kricheldorf erdachte Stück sprachlich, humoristisch und dramaturgisch mehr als überzeugte. Verglichen z. B. mit Heinz Rudolf Kunzes Musical-Neuinszenierung von Shakespears "Der Sturm" in Hannover, die ebenfalls diese Woche Premiere feierte, war "Gotham City III" nicht verstaubt altmodisch sondern die Figuren fingen selbst abstruse Wendungen mit ihrem klugen ironischen Text auf. "Wir sind frei", sangen sie z. B. "endlich frei ... von Persönlichkeit", als ein Glückserum sie willfährig gemacht hatte. Das war modernes Theater, das begeistert gefeiert wurde und zwar selbst von Theaterlaien.

Heinzelmanns "Gotham City III", war (wie die OTZ treffend schrieb) eines der besten Eröffnungsspektakel in der Kulturarena-Geschichte, bei dem alles perfekt zusammen spielte. Zitat aus der OTZ vom Samstag: "Die Songs haben das Potenzial zum Hit. Die Freizeittänzer und Laienschauspieler sind nicht nur Staffage. Nein, erst durch sie werden die Massenszenen wahre Theatergemälde. Und die Schauspieler, die brillieren allesamt als Comicfiguren: Saskia Taeger als sexy Waffenhändlerin, Zoe Hutmacher als geisteskranke Wissenschaftlerin oder Sebastian Thiers als Staatsfeind Nummer eins und Retter der Nation. Die überzeugendste Gesangsstimme besitzt Mohamed Achour, der einen wunderbar abgeranzten Sheriff spielt."

So schön alles (trotz der mehrfachen Unwetter) war, ein Wehmutstropfen bleibt. Mit der Inszenierung feierten Heinzelmann und sein Ensemble ihren Abschied von Jena. Vor sieben Jahren, als Heinzelmanns Intendanz begann, hat man sich die Vorgänger wie Sandra Hüller, René Marik oder Rainald Grebe zurückgewünscht. Heute will man am liebsten Heinzelmann behalten. Was kann es Schöneres zum Abschied geben?

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