

Leider muss man der Redaktion dieses Beitrags hier den Bildungsanpsruch, den das ZDF als öffentlich rechtliche Sendeanstalt ganz klar gesetzlich hat, gänzlich absprechen. Ich werde hier nicht den online viel zitierten RTL-Vergleich bemühen, allerdings möchte ich doch darauf hinweisen, dass das Niveau des Beitrags in seiner meinungsbildenden, reißerischen und aufs Schlimmste verallgemeinernden Art doch eher unterirdisch ist.

Wenn dem so wäre, wäre das nicht nur journalistisch grob fahrlässig und zu kurz gedacht, sondern nicht anders als mit der noch immer in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter vorhandenen Mauer und einer dadurch skizzierten Zwei-Klassen-Gesellschaft zu erklären. Ich als Bürger Jenas und selbst Opfer rechter Gewalt Mitte der 1990er-Jahre, wehre mich vehement gegen die Sippenhaft in die das ZDF sämtliche Bürger der fünf neuen Bundesländer steckt und bin unheimlich stolz auf das faktisch Nichtmehrvorhandensein nationalsozialistischen, braunen Gedankenguts in unserer Stadt.
Lediglich fünf Minuten Recherche (vll. während der Zugfahrt von München nach Jena) hätte Ihrem Team nicht nur gezeigt, dass alleine Jenas Oberbürgermeister erst kürzlich für sein Engagement gegen rechtes Gedankengut geehrt wurde.

Ein Blick neben das Mikrofon und die Kamera des Teams hätte Ihrem Team außerdem wahrscheinlich während des gesamten Aufenthaltes in Jena nicht einen offensichtlich rechtsradikalen Mitbürger gezeigt, wohl aber einen Querschnitt durch sämtliche Ethnologien und Ideologien dieser Welt und die Menschen dazu, die tagtäglich als Einwohner dieser Stadt ihren Beitrag für ein normales Miteinander leisten. Ich möchte bei Jena bleiben, da ich mir nicht das Recht heraus nehme, für die restlichen Einwohner, gleich welcher “Coleur”, der östlichen Bundesländer zu sprechen, geschweige denn zu urteilen.
Jenas Einwohnerzahl beträgt ca. 105 000 - mehr als 1/4 davon sind Studenten aus aller Herren Länder. Dies hat mehr als einen Grund, wohl aber NICHT rechtsradikale Übergriffe! Hätten Sie Jugendpfarrer König, dessen Meinung und Aktionen ich höchst selten teile, zugehört und verstanden und nicht aus dem Zusammenhang heraus zitiert, hätten Sie auch die tatsächlichen Gründe für noch immer vorhandenes extremistisches Gedankengut, gleich welcher Farbe und Richtung erkannt:
Es ist das Wegschauen der (Bundes-)Politik, das Kürzen von Budgets zur Gewaltprävention und Integration, das Kürzen von Budgets von Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche, die immer noch ungleiche Lohnstruktur in Ost und West, und natürlich das Fehlen von Perspektiven nicht nur durch plumpe Abstempelung wie in Ihrem Falle. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte nicht als “undankbarer, heulender oder ständig nörgelnder Ossi” erscheinen, ich möchte Sie lediglich darauf hinweisen, dass der Osten dieser Republik und seine Einwohner mehr sind als ein brauner Moloch rechter Gewalt, der um jeden Preis gemieden werden müsste.

Dies ist nirgendwo auf dieser Welt ein rein lokales Problem - somit auch nicht nur in Ostdeutschland ein Problem ist es dann, wenn eine Gesellschaft sich das Denken in Schubladen vorgeben lässt, wegschaut und Profit über das Allgemeinwohl stellt. Und das Versagen und die Ursachen recherchieren Sie, liebe Gebührenempfänger, demnächst in Berlin, Bonn und, wenn Sie die Kraft dazu haben, in Mainz.
Thomas Uhlemann, Jena
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