(lsn/taschi) - Der Untersuchungsausschuss zur Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" / NSU des Deutschen Bundestages hat vergangene Woche erste inhaltliche Weichenstellungen beschlossen.
Das Gremium will sich in seiner nächsten Sitzung mittels Sachverständiger einen grundlegenden Überblick über die Sicherheitsarchitektur Deutschlands verschaffen. In der darauf folgenden Sitzung werde erörtert, warum gerade in den neuen Bundesländern die Anfälligkeit für rechtsextremes Gedankengut so hoch ist, teilte der Thüringer Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski (CDU) mit, der ordentliches Mitglied in diesem Ausschuss ist. Schipanski erhofft sich eine reibungslose Zusammenarbeit mit dem Freistaat Thüringen, die als Vorbild für die anderen Bundesländer dienen kann.
Die Vorsitzende der Thüringer Untersuchungsauschusses*, Dorothea Marx (SPD), erklärte nach der konstituerenden Sitzung: "Wir haben in unserer ersten Sitzung die üblichen Formalia und die umfangreiche Beiziehung diverser Akten zum Untersuchungsauftrag beschlossen, um uns ein eigenes Bild zu den Vorgängen um die Zwickauer Zelle machen zu können. Wir wollen unabhängig vom Eingang der Akten jedoch bereits in unserer nächsten Sitzung am 12. März 2012 eine erste Zeugenvernehmung durchführen." Der Untersuchungsausschuss habe einstimmig beschlossen, so Marx weiter, als erste Zeugin Beate Zschäpe vorzuladen. Man sei zuversichtlich, dass diese aussagen werden, denn das Aussageverweigerungsrecht, welches Frau Zschäpe gegenüber der Bundesanwaltschaft derzeit in Anspruch nehme, beschränke sich nur darauf, das sie keine Angaben zu den ihr vorgeworfenen Straftaten machen müsse.
Ein eventueller direkter oder indirekter Kontakt zu Thüringer Behörden sei keine Straftat, sagte Marx. Bezogen auf die Frage nach Kontakten zu Thüringer Behörden habe Frau Zschäpe auch nicht den Status einer Beschuldigten, sondern den einer Zeugin. "Kontakte zu Behörden sind nicht strafbar. Frau Zschäpe ist daher verpflichtet, alle auf unser Beweisthema bezogenen Fragen zu beantworten. Ein Aussageverweigerungsrecht hat Frau Zschäpe bei uns nicht", erläuterte die Ausschussvorsitzende.
Mit der Entscheidung, Frau Zschäpe als Zeugin vorzuladen, soll Frau Zschäpe kein Forum für eine Verteidigung gegen die ihr vorgeworfenen Straftaten oder gar die Verbreitung rechtsradikaler Ideologien geboten werden. “Wir wissen nicht, ob sie hier Angaben machen wird und wir wissen nicht, ob sie, wenn sie Angaben macht, uns die Wahrheit sagen wird. Verpflichtet dazu ist sie aber. Deshalb akzeptieren wir. kein auf unseren Untersuchungsauftrag bezogenes Schweigen”, so Frau Marx abschließend.
Inzwischen ist Beate Zschäpe auch formell für den 12. März vom Thüringer Landtag als Zeugin geladen worden. Der Anwalt von Frau Zschäpe bezeichnete die Vorladung indes nach eigenen Worten als "absurd", da seine Mandantin ohnehin nichts aussagen werde. Dem Thüringer Ausschuss gehören neun Abgeordnete aus allen im Landtag vertretenen Fraktionen an.
* = Der vollständige Name des Thüringer Untersuchungsausschusses lautet: "Mögliches Fehlverhalten der Thüringer Sicherheits- und Justizbehörden, einschließlich der zuständigen Ministerien unter Einschluss der politischen Leitungen, sowie der mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeitenden Personen im Zusammenhang mit Aktivitäten rechtsextremer Strukturen, insbesondere des ‘Nationalsozialistischen Untergrunds’ (NSU) und des ‘Thüringer Heimatschutzes’ (THS) und seiner Mitglieder, sowie mögliche Fehler der Thüringer Sicherheits- und Justizbehörden bei der Aufklärung und Verfolgung der dem NSU und ihm verbundener Netzwerke zugerechneten Straftaten"
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