(ZONO Radio Jena) - In wenigen Wochen wird die Bundesanwaltschaft dem Bundesgerichtshof ihre Anklage gegen Beate Zschäpe als Mitglied der rechtsradikalen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" / "NSU" vorlegen; eine weitere Anklage gegen Ralf Wohlleben als UNterstützer des "NSU" folgen noch im Jahre 2012.
Sechs Wochen lang, bis zum 20.08.2012, berichtet ZONO Radio Jena in seinem lokalen Hörfunkprogramm und auf "Lichtstadt.Netz" über den Abschluss der Ermittlungen, listet Details der einzelnen Anklagepunkte auf und gibt den chronologischen Ablauf der "NSU"-bezogenen Ereignisse zwischen Januar 1998 und November 2011 wieder. Heute ist es die Zeit zwischen dem Januar 2001 und dem Januar 2002 ...
"INSIDE NSU" - Teil 2
2001 - Das grauenvolle vierte Jahr
(zusammengestellt von Tim Schwarz)
Vorbemerkung: Obwohl aufgrund von schwerwiegenden Indizien davon ausgegangen werden kann, dass Uwe Böhnhardt / B (* 01.10.1977), Uwe Mundlos / M (* 11.08.1973 / beide † 04.11.2011) und Beate Zschäpe / Z (* 02.01.1975) / BMZ ihr fast 14 Jahre dauerndes Leben im Untergrund überwiegend durch Überfälle auf Geldinstitute (Postfillialen, Sparkassen und Banken) finanziert haben und dabei mehr als 600.000 Euro erbeuten konnten, ordnet die Bundesanwaltschaft Böhnhardt und Mundlos / BM in ihrer Anklage bisher nur drei solcher Überfälle zu. Beweisbar sind demnach, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft der Zeitung "Frankfurter Rundschau" bestätigte, allein der fehlgeschlagene Überfall von B auf eine Sparkasse in Zwickau am 05.10.2006, bei dem ein Auszubildender durch einen Bauchschuss schwer verletzt wurde, sowie die beiden letzten Überfälle auf Sparkassen-Fillianlen in Arnstadt und Eisenach am 07.09.2011 und am 04.11.2011.
Der Grund hierfür liegt einerseits daran, dass das Projektil vom 05.10.2006 einer der "NSU"-Schusswaffen zugeordnet werden konnte und zum anderen daran, dass die im in Stregda bei Eisenach aufgefundenen Geldbündel zum Teil noch die Banderolen der beiden Sparkassen-Fillialen trugen, so die Ermittler. Hinzu kommt noch der Überfall auf den EDEKA-Supermarkt von Ende 1998, bei dem ebenfalls ein aufgefundenes Projektil auf eine von BM verwendete Schusswaffe hinweist. Und zwar offensichtlich auf eine der beiden Waffen, die Ralf Wohlleben / RW an BMZ vermitteln ließ; Wohlleben wird u. a. auch noch wegen der Beschaffung einer zweiten Waffe angeklagt werden, mit der neun Migranten getötet wurden. Bei der Anklage gegen André E*ing*r / AE (der im Juni 2012 vom Strafsenat des BGH wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, da die Bundesanwaltschaft ihm eine Mitbeteiligung an der Erstellung des "NSU"-Videos nicht schlüssig nachweisen konnte) geht es allerdings nicht um die Beschaffung von Waffen; er hat, so die Bundesanwaltschaft, die Terrorgruppe von 1998 bis 2011 auf eine ganz andere und vielfältigere Weise unterstützt.
Die Anklage gegen Z wird sich dagegen überwiegend darauf stützen, dass sie den "NSU" mitbegründet hat, ihm mehr als ein Jahrzehnt lang angehörte und das Geld des "NSU" verwaltet hat, dies sowohl in Kenntnis seiner Herkunft als auch seiner Verwendung für den "NSU". In einer so kleinen und konspirativen Terrorgruppe sei es nicht vorstellbar, dass eines der Mitglieder von bestimmten Aktionen, wie etwa den Morden, nichts gewussthabe. Hierbei stützt sich die Anklage der Bundesanwaltschaft sowohl auf mehrere beweise als auch auf Indizien und Zeugenaussagen, die eine schlüssige Anklage ergeben sollen.
Januar 2001: In der Polenzstraße 2 in Zwickau hatte "NSU"-Helfer Matthias Dienelt / MD Anfang 2001 im Erdgeschoss eine 77qm große Wohnung mit Keller- und Dachbodennutzung gefunden, in die BMZ im Mai 2001 einziehen (siehe Foto rechts). Sie wird für die nächsten sieben Jahre das "NSU Hauptquartier". MD sagte später, er hätte, da er oft Nachtschichten gearbeitet hätte, eine Wohnung gesucht, in der er sich tagsüber ausschlafen könne. BMZ habe er in die Wohnung mit aufgenommen, damit sich alle vier die Miete hätten teilen können.
Von dem, was BMZ vorgeworfen wird, habe er, so sagte MD es vor den Ermittlern des BKA aus, nichts mitbekommen und sich auch nicht dafür interessiert, was diese den Tag über gemacht hätten. Offensichtlich kann die Bundesanwaltschaft diese Schilderung von MD nicht widerlegen, weshalb gegen ihn bisher keine Anklage erhoben wird.
In dem renovierten Zwickauer Altbau aus der Gründerzeit mit dem dahinter liegenden ALDI Discount-Markt, den man vom Hof aus direkt erreichen kann, ist das Leben für BMZ beschaulicher. Um bei den Nachbarn nicht aufzufallen, entleiht sich Z MDs Nachnamen und nennt sich "Susann Dienelt", genannt "Lisa" - für enge Bekannte auch "Liese". Sie sei die Schwester des Mieters, sagt sie, und wäre mit B befreundet, den sie "Gerry" nennt (nach dem Spitznamen von Holger "Gerry" Gerlach / HG, der Böhnhardt ähnlich sieht und ihm später legale Papiere auf seinen Namen beschafft). Ihren Decknamen behält Z über ein Jahrzehnt lang: noch am 08.11.2011 sucht die Polizei nach Z "... alias: Susann Dienelt, genannt 'Lisa', alias: Mandy Struck". (Diese Fahndung zeigt zudem: selbst wenn Mandy Struck / MS - wie sie selbst sagt - sich vor langer Zeit von BMZ gelöst haben will, bleibt sie bis zuletzt in der "NSU"-Welt präsent, denn unter ihrem Namen verschaffte sich Z verschiedene Dokumente, darunter Mitgliedsausweise für einen Tennisclub in Bayern und zwei Impfpässe für ihre Katzen).
Anfang März 2001 hatte M in seiner Wohnung in der Heisenberger Straße bereits die erste Fassung des späteren Bekennervideos des "NSU" hergestellt. Nun arbeiteten er und B in der Polenzstraße weiter an dem Film. Und beide bereiten mit hohem Aufwand ihre kommenden Mordanschläge vor, kundschaften die Umgebung ihrer Opfer aus, zeichnen Skizzen, kopieren Stadtpläne. Ihre Erkenntnisse und Beobachtungen tragen sie in Tabellen ein, wie die Ermittler der restaurierten Festplatte eines in der ausgebrannten Wohnung in der Frühlingsstraße in Zwickau gefundenen Computers entnehmen können.
Ebenfalls auf dieser Festplatte: Listen mit Funkfrequenzen der Polizei. Und BMZ sammeln noch mehr Daten. Auf einem USB-Stick finden sich mehr als 5.000 Anschriften, darunter Adressen von Politikern, Bundeswehrstandorten, jüdischen und türkischen Kultureinrichtungen, Asylbewerberheimen.
Während BM sich 2001 überwiegend innerhalb der Wohnung aufhalten, pflegt Z den Kontakt zur Außenwelt. Im Haus in der Polenzstraße ist "Liese" nicht unbeliebt, erzählt Nachbarinnen, mit denen sie sich angefreundet hat, auch schon mal das eine oder andere von ihrem "Gerry". Zum Beispiel, dass er und "Max" (= seit 1998 der Deckname von M, der einen Reisepass auf den Namen "Max-Florian Bu." besitzt) beste Freunde seien und in einem Schützenverein wären. Wenn die Zwickauer Nachbarn "Gerry" und "Max" im Hause wahrnehmen, dann sind diese in der Regel im Keller oder auf dem Dachboden und bauen an ihren Rädern (siehe Foto links) und an anderen Dingen.
Immer öfter leihen sich BMZ ab Mitte 2001 mit den Papieren von HG oder dem Führerschein von André Em*ng*r / AE Autos aus: einen Skoda Kombi, einen VW Van oder Wohnmobile. Der "NSU" hat feste Pläne und wird in den folgenden drei Monaten eine ganze Serie von schweren Straftaten verüben, darunter vier Tötungsdelikte.
Im Rahmen der Anklageschift wird Generalbundesanwalt Range beweisen, dass Z dies wusste, in alles eingeweiht war. Und das Finanzielle in der "NSU"-Welt regelte sowieso ausschließlich Z.
So gibt es z. B. Zeugenaussagen, dass BM in ihrer Zwickauer Zeit verschiedene Fahrräder erworben haben, die Z dann immer in bar bezahlt hat. Auch viele Elektronikgeräte, Fernseher, Computermonitore und Kameras erwarb das Trio, ebenfalls in Bar bezahlt von Z. Doch Z scheint mit dem erbeuteten Geld auch spendabel zu den ärmeren Nachbarn der Polenzstraße gewesen zu sein: "Liese" schnappte sich öfters die Nachbarskinder und ging mit ihnen Einkäufen bei "Kaufland", "Aldi" und "Lidl", wenn deren Eltern der Monat nicht enden wollte, das Geld aber schon.
Natürlich war man im Zwickauer Bahnhofsviertel neugierig, wo das Geld herkommt, obwohl weder sie, noch "Max" oder "Gerry" einer täglichen Arbeit nachgingen. Auch dafür hatte Z eine Erklärung parat. Die beiden Männer wären in den Firmen ihrer Eltern angestellt, erzählt sie (später werden "Max" und "Gerry" ihren Campingfreunden an der Ostseee ähnliche Geschichten erzählen). Einige Nachbarn vermuten, da BM oft mit ihren Fahrrädern unterwegs waren, die beiden seien wohlsituierte "Grüne". An Überfälle auf Geldinstitute denkt niemand.
Dermaßen verharmlost durch die Erzählungen von Z können sich BM, ohne dass die Nachbarn Verdacht schöpfen, auf ihr zweites Mordattentat vorbereiten. Bereits sechs Wochen nach dem Einzug in die Polenzstraße 2 führen sie es erneut in der Stadt der Reichsparteitage aus.
Am Mittwoch, den 13.06.2001 (dies ist zugleich der Todestag von Martin Buber, † 1965), erschießen B und M mit ihren Pistolen in einer türkischen Änderungsschneiderei den studierten Ingenieur Abdurrahim Özüdoğru, der dort aushilft und nach zwei Kopfschüssen sofort tot ist. BM fotografieren den Ermordeten, bevor sie auf Mountainbikes vom Tatort flüchten und in einem gemieteten Wohnmobil direkt von Nürnberg nach Norddeutschland fahren. Dort erwarten sie die Reaktionen der Bayerischen Polizei, doch die hat auch nach dem zweiten "NSU"-Mord in Nürnberg weder Erkenntnisse auf eine Täterschaft aus der rechten Szene noch darauf, dass BM in den Mord involviert sind.
Hinter den Mord-Fotos steckt ein Plan: BM fotografieren von nun an die meisten ihrer Opfer. Weshalb sie nach zwei Morden in Nürnberg an die Nordseeküste fahren um dort ihren dritten Mord zu begehen, haben die Ermittler bis heute nicht wirklich verstanden. Aber auch in Norddeutschland planen BM nun die "erergische Bekämpfung der Feinde des Deutschen Volkes" (wie es im "Manifest" des NSU heißt / siehe "INSIDE NSU" - Teil 1).
Exakt vierzehn Tage nach dem zweiten Mord in Nürnberg ermorden BM in Hamburg-Bahrenfeld kaltblütig den Obst- und Gemüsehändler Süleyman Taşköprü im Laden seines Vaters mit drei Schüssen. Es sind erneut die gleichen Waffen wie beim Mord an Enver Şimşek: eine Ceska 83 mit Schalldämpfer und eine weiterhin nicht näher identifizierbare Pistole des Kalibers 6.35. Die Kaltblütigkeit von BM zeigt sich für die Bundesanwaltschaft darin, dass ein Streifenpolizist kurz zuvor den Vater von Süleyman gebeten hatte, seinen Wagen aus dem Parkverbot vor dem Laden wegzufahren. Als Ali Taşköprü nach nur zehn Minuten in seinen Laden zurückkehrt, findet er seinen sterbenden Sohn in einer Blutlache, von den flüchtenen Tätern jedoch keine Spur.
Der erste Mord in Nürnberg hatte ein historisches Datum, auch dem Tag des Mordes Nr. 2 könnte man mit Phantasie (und mangels eines Bekennenschreibens) eine Symbolik unterstellen und die Serie der "NSU"-Mordtaten an besonderen, historischen Daten geht weiter, auch wenn sich daraus keinesfalls belegen lässt ist, dass die Tage der Attentate von BM tatsächlich im Voraus unter diesen Bezügen geplant wurden.
Aber der Mord in Hamburg am 27.06.2001 wird von BM exakt an dem Tag verübt, an dem sechzig Jahre zuvor das deutsche Polizeibataillon 309 in Białystok die Große Synagoge niederbrennt und so etwa zweitausend dort zusammengetriebenen Juden den Tod bringt. - Kann dies reiner Zufall sein? Bei der ausschließlich bei den Morden eingesetzten Ceska Pistole mit Schalldämpfer ist, angesichts des umgangreichen "NSU"-Waffenarsenals, schließlich auch nicht von einem Zufall auszugehen.
In einem Park in Chemnitz kommt es im Sommer 2001 zum zweiten Treffen vom BMZ mit Bs Eltern. Die berichten dem Trio, dass der Familienanwalt mit der Staatsanwaltschaft Gera reden wolle, was man machen könne, damit die Drei sich stellen und ihr Leben im Untergrund aufgeben. Z und B sind, so die Eltern, unentschlossen, aber M strikt dagegen.
Am Donnerstag, den 05.07.2001, überfallen BM - erstmals nach ihrem Umzug in die Wohnung in Zwickau - ein Geldinstitut, das sie sich in Ruhe in ihrer Nachbarschaft ausgesucht haben: das Postamt in Zwickau. Die Beute hierbei: rund 75.000 DM, einen Kunden verletzten sie dabei durch den Einsatz von Reizgas. Wieder verüben sie diese Tat auf bekannte Art und flüchten mit Hilfe von Mountainbikes.
Unmittelbar danach mieten BM einen Van und fahren nach Süddeutschland. Das Ziel der Fahrt ist München, die "Stadt der Bewegung" der NSDAP. BM kundschaften erneut verschiedene Orte aus, die sie zuvor bereits ausgesucht hatten.Am Mittwoch, den 29.08.2001 erschießen BM in München-Ramersdorf mit Habil Kılıç erneut einen Obst- und Gemüsehändler. Und auch dieser Tag ist als Datum bedeutsam: am 29.08.1897 hatte sich in Basel der erste Zionistische Weltkongress zusammengefunden.
Die Polizei orientiert sich in ihren Sonderkommissionen allerdings weiterhin nicht in Richtung einer ausländerfeindlichen Tat. Sie konzentrieren sich auf die Ceska-Pistole mit Schalldämpfer, auf eine Mordserie im Schutzgeld-Millieu. Und die Ermittler findes etwas Interessantes heraus: die Mörder von Habil Kılıç haben bei ihrer Tat, anders als bei Şimşek, Özüdoğru und Taşköprü, Plastiktüten über die Waffen gezogen, denn im Unterschied zu den drei vorherigen Morden finden die Ermittler am Münchner Tatort keine Patronenhülsen mehr vor.
Was weder BKA noch der Generalbundesanwalt beweisen können, was aber eine starke Vermutung ist: diese Tat hat die Frau des Trios nahezu direkt miterleben müssen, muss Z schockiert haben, denn es kommt im Anschluss an den Münchner Mord zu einem Stopp der Gewaltverbrechen des "NSU". Mehr als ein Jahr lang überfallen BM keine Sparkasse oder Bank mehr, ermorden zudem zweieinhalb Jahre lang keine weiteren Menschen. Es ist die erste Aktionspause des "NSU". Zeit, die man in Zwickau nutzt, die bisherigen Morde aufzuarbeiten.
Im Herbst 2001 ist die zweite Fassung des "NSU"-Videos beendet und wird abgespeichert. BMZ haben es erneut mit einem "Noie Werte"-Lied unterlegt. In "Am Puls der Zeit" heißt es unter anderem: "Der Widerstand ist bereit."
Der Film bezieht nun sich auf vier Morde und einen Anschlag. Er ist mehr als doppelt so lang wie der erste, über fünf Minuten, und wesentlich professioneller gestaltet. Das ist ein erster Hinweis darauf, dass AE daran mitwirkt. Wenn der inzwischen "gute Kamerad" der drei "NSU"-Mitglieder da noch eher passiv geswesen sein soll: M ist die treibende Kraft, hat sich viel selbst beigebracht über Videoerstellung und elektronischen Schnitt, hat sogar das auf Papier verewigte Drehbuch mitverfasst, denn zumindest seine Handschrift konnten Ermittler zuordnen.
Die zweite Version des Videofilms hat eine makabere Weiterentwicklung der ersten Film-Fassung: in ihr sind Fotos von drei sterbenden Opfern enthalten. Fachlich kann AE das sogar noch ein wenig besser als M, betreibt später mit "AE Medig" eine Firma für Mediengestaltung und Videoproduktionen sowie eine Videothek, bei der das BKA lange ermittelt hat, woher das Geld kam, sie zu eröffnen.
Und noch etwas hatte sich weiterentwickelt: inzwischen besitzt auch B einen "frischen" Reisepass, eine kopierte Identität. Er und M hatten "NSU"-Helfer und "Kameradschaft Jena"-Mitglied Holger Gerlach / HG dazu überredet, sich einen Snurrbart wachsen zu lassen, eine Brille aufzusetzen, Fotos von sich zu machen und so zum Passamt zu gehen. Der Pass wird HG problemlos ausgestellt und von nun an kann sich B auch offiziell als "Gerry" in der Öffentlichkeit bewegen.
Doch die Pause in den "NSU"-Aktivitäten langweilt BM. M wird Kunde in einem Video- und Computerspielverleih. Er sei "ab und zu mal im Laden" gewesen, sagte der Besitzer vor den Ermittlern aus. "Auch die Lisa war Kundin", habe ihm für fünf Euro das Videospiel "Alfred Hitchcock - The Final Cut" verkauft, gibt er zu Protokoll. Was er nicht weiß: in seinem Laden arbeitet Herrmann S., ein Waffennarr. BM erzählen HG von einer Pumpgun, die sie bekommen könnten. Sie seien begeistert gewesen, sagte er den Ermittlern des BKA. M hätte geprahlt, er wisse jetzt, wie er an Waffen herankommen könne.
Doch Ende 2001 erhalten BMZ auch eine zweite Schusswaffe von RW. Einmal, so HG vor den Ermittlern, sei er mit dem Zug nach Zwickau gefahren, eine Reisetasche im Gepäck, darin ein Stoffbeutel, den er aber nicht geöffnet habe. RW habe ihm den Auftrag für diesem Kurierdienst gegeben, bezeugt HG. Am Bahnhof von Zwickau wird HG an diesem Tag von Z abgeholt, gemeinsam laufen sie zur Polenzstraße. In der Wohnung hätten B und M den Beutel aus der Reisetasche geholt und eine Waffe herausgezogen, danach die Waffe durchgeladen.
Außerdem zeigen sich M und sein "NSU" - ganz so, wie im "Manifest" angekündigt - finanziell spendabel, reichen in dieser Zeit Spenden aus, an verschiedene Organisationen der bundesdeutschen rechten Szene, darunter u. a. an die Macher des Neustrelitzer NS-Heftes "Der Weiße Wolf - Rundbrief für Kameraden" in dessen Nr. 18 man im Januar 2002 folgenden Satz lesen kann: "Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen ;-) Der Kampf geht weiter". Auch dass es gerade diese Publikation war, überrascht nicht wirklich, denn in der Jenaer Garage, in welcher im Januar 1998 die Bombenwerkstatt entdeckt worden war, hatten Polizisten in einem Regal mehrere Exemplare von "Der weiße Wolf" gefunden.
[Die Fortsetzung folgt in Teil 3 von "INSIDE NSU" am 30. Juli 2012 hier im "Lichtstadt.Netz"]
Der Grund hierfür liegt einerseits daran, dass das Projektil vom 05.10.2006 einer der "NSU"-Schusswaffen zugeordnet werden konnte und zum anderen daran, dass die im in Stregda bei Eisenach aufgefundenen Geldbündel zum Teil noch die Banderolen der beiden Sparkassen-Fillialen trugen, so die Ermittler. Hinzu kommt noch der Überfall auf den EDEKA-Supermarkt von Ende 1998, bei dem ebenfalls ein aufgefundenes Projektil auf eine von BM verwendete Schusswaffe hinweist. Und zwar offensichtlich auf eine der beiden Waffen, die Ralf Wohlleben / RW an BMZ vermitteln ließ; Wohlleben wird u. a. auch noch wegen der Beschaffung einer zweiten Waffe angeklagt werden, mit der neun Migranten getötet wurden. Bei der Anklage gegen André E*ing*r / AE (der im Juni 2012 vom Strafsenat des BGH wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, da die Bundesanwaltschaft ihm eine Mitbeteiligung an der Erstellung des "NSU"-Videos nicht schlüssig nachweisen konnte) geht es allerdings nicht um die Beschaffung von Waffen; er hat, so die Bundesanwaltschaft, die Terrorgruppe von 1998 bis 2011 auf eine ganz andere und vielfältigere Weise unterstützt.
Die Anklage gegen Z wird sich dagegen überwiegend darauf stützen, dass sie den "NSU" mitbegründet hat, ihm mehr als ein Jahrzehnt lang angehörte und das Geld des "NSU" verwaltet hat, dies sowohl in Kenntnis seiner Herkunft als auch seiner Verwendung für den "NSU". In einer so kleinen und konspirativen Terrorgruppe sei es nicht vorstellbar, dass eines der Mitglieder von bestimmten Aktionen, wie etwa den Morden, nichts gewussthabe. Hierbei stützt sich die Anklage der Bundesanwaltschaft sowohl auf mehrere beweise als auch auf Indizien und Zeugenaussagen, die eine schlüssige Anklage ergeben sollen.
Januar 2001: In der Polenzstraße 2 in Zwickau hatte "NSU"-Helfer Matthias Dienelt / MD Anfang 2001 im Erdgeschoss eine 77qm große Wohnung mit Keller- und Dachbodennutzung gefunden, in die BMZ im Mai 2001 einziehen (siehe Foto rechts). Sie wird für die nächsten sieben Jahre das "NSU Hauptquartier". MD sagte später, er hätte, da er oft Nachtschichten gearbeitet hätte, eine Wohnung gesucht, in der er sich tagsüber ausschlafen könne. BMZ habe er in die Wohnung mit aufgenommen, damit sich alle vier die Miete hätten teilen können.
Von dem, was BMZ vorgeworfen wird, habe er, so sagte MD es vor den Ermittlern des BKA aus, nichts mitbekommen und sich auch nicht dafür interessiert, was diese den Tag über gemacht hätten. Offensichtlich kann die Bundesanwaltschaft diese Schilderung von MD nicht widerlegen, weshalb gegen ihn bisher keine Anklage erhoben wird.
In dem renovierten Zwickauer Altbau aus der Gründerzeit mit dem dahinter liegenden ALDI Discount-Markt, den man vom Hof aus direkt erreichen kann, ist das Leben für BMZ beschaulicher. Um bei den Nachbarn nicht aufzufallen, entleiht sich Z MDs Nachnamen und nennt sich "Susann Dienelt", genannt "Lisa" - für enge Bekannte auch "Liese". Sie sei die Schwester des Mieters, sagt sie, und wäre mit B befreundet, den sie "Gerry" nennt (nach dem Spitznamen von Holger "Gerry" Gerlach / HG, der Böhnhardt ähnlich sieht und ihm später legale Papiere auf seinen Namen beschafft). Ihren Decknamen behält Z über ein Jahrzehnt lang: noch am 08.11.2011 sucht die Polizei nach Z "... alias: Susann Dienelt, genannt 'Lisa', alias: Mandy Struck". (Diese Fahndung zeigt zudem: selbst wenn Mandy Struck / MS - wie sie selbst sagt - sich vor langer Zeit von BMZ gelöst haben will, bleibt sie bis zuletzt in der "NSU"-Welt präsent, denn unter ihrem Namen verschaffte sich Z verschiedene Dokumente, darunter Mitgliedsausweise für einen Tennisclub in Bayern und zwei Impfpässe für ihre Katzen).
Anfang März 2001 hatte M in seiner Wohnung in der Heisenberger Straße bereits die erste Fassung des späteren Bekennervideos des "NSU" hergestellt. Nun arbeiteten er und B in der Polenzstraße weiter an dem Film. Und beide bereiten mit hohem Aufwand ihre kommenden Mordanschläge vor, kundschaften die Umgebung ihrer Opfer aus, zeichnen Skizzen, kopieren Stadtpläne. Ihre Erkenntnisse und Beobachtungen tragen sie in Tabellen ein, wie die Ermittler der restaurierten Festplatte eines in der ausgebrannten Wohnung in der Frühlingsstraße in Zwickau gefundenen Computers entnehmen können.
Ebenfalls auf dieser Festplatte: Listen mit Funkfrequenzen der Polizei. Und BMZ sammeln noch mehr Daten. Auf einem USB-Stick finden sich mehr als 5.000 Anschriften, darunter Adressen von Politikern, Bundeswehrstandorten, jüdischen und türkischen Kultureinrichtungen, Asylbewerberheimen.
Während BM sich 2001 überwiegend innerhalb der Wohnung aufhalten, pflegt Z den Kontakt zur Außenwelt. Im Haus in der Polenzstraße ist "Liese" nicht unbeliebt, erzählt Nachbarinnen, mit denen sie sich angefreundet hat, auch schon mal das eine oder andere von ihrem "Gerry". Zum Beispiel, dass er und "Max" (= seit 1998 der Deckname von M, der einen Reisepass auf den Namen "Max-Florian Bu." besitzt) beste Freunde seien und in einem Schützenverein wären. Wenn die Zwickauer Nachbarn "Gerry" und "Max" im Hause wahrnehmen, dann sind diese in der Regel im Keller oder auf dem Dachboden und bauen an ihren Rädern (siehe Foto links) und an anderen Dingen.
Immer öfter leihen sich BMZ ab Mitte 2001 mit den Papieren von HG oder dem Führerschein von André Em*ng*r / AE Autos aus: einen Skoda Kombi, einen VW Van oder Wohnmobile. Der "NSU" hat feste Pläne und wird in den folgenden drei Monaten eine ganze Serie von schweren Straftaten verüben, darunter vier Tötungsdelikte.
Im Rahmen der Anklageschift wird Generalbundesanwalt Range beweisen, dass Z dies wusste, in alles eingeweiht war. Und das Finanzielle in der "NSU"-Welt regelte sowieso ausschließlich Z.
So gibt es z. B. Zeugenaussagen, dass BM in ihrer Zwickauer Zeit verschiedene Fahrräder erworben haben, die Z dann immer in bar bezahlt hat. Auch viele Elektronikgeräte, Fernseher, Computermonitore und Kameras erwarb das Trio, ebenfalls in Bar bezahlt von Z. Doch Z scheint mit dem erbeuteten Geld auch spendabel zu den ärmeren Nachbarn der Polenzstraße gewesen zu sein: "Liese" schnappte sich öfters die Nachbarskinder und ging mit ihnen Einkäufen bei "Kaufland", "Aldi" und "Lidl", wenn deren Eltern der Monat nicht enden wollte, das Geld aber schon.
Natürlich war man im Zwickauer Bahnhofsviertel neugierig, wo das Geld herkommt, obwohl weder sie, noch "Max" oder "Gerry" einer täglichen Arbeit nachgingen. Auch dafür hatte Z eine Erklärung parat. Die beiden Männer wären in den Firmen ihrer Eltern angestellt, erzählt sie (später werden "Max" und "Gerry" ihren Campingfreunden an der Ostseee ähnliche Geschichten erzählen). Einige Nachbarn vermuten, da BM oft mit ihren Fahrrädern unterwegs waren, die beiden seien wohlsituierte "Grüne". An Überfälle auf Geldinstitute denkt niemand.
Dermaßen verharmlost durch die Erzählungen von Z können sich BM, ohne dass die Nachbarn Verdacht schöpfen, auf ihr zweites Mordattentat vorbereiten. Bereits sechs Wochen nach dem Einzug in die Polenzstraße 2 führen sie es erneut in der Stadt der Reichsparteitage aus.
Am Mittwoch, den 13.06.2001 (dies ist zugleich der Todestag von Martin Buber, † 1965), erschießen B und M mit ihren Pistolen in einer türkischen Änderungsschneiderei den studierten Ingenieur Abdurrahim Özüdoğru, der dort aushilft und nach zwei Kopfschüssen sofort tot ist. BM fotografieren den Ermordeten, bevor sie auf Mountainbikes vom Tatort flüchten und in einem gemieteten Wohnmobil direkt von Nürnberg nach Norddeutschland fahren. Dort erwarten sie die Reaktionen der Bayerischen Polizei, doch die hat auch nach dem zweiten "NSU"-Mord in Nürnberg weder Erkenntnisse auf eine Täterschaft aus der rechten Szene noch darauf, dass BM in den Mord involviert sind.
Hinter den Mord-Fotos steckt ein Plan: BM fotografieren von nun an die meisten ihrer Opfer. Weshalb sie nach zwei Morden in Nürnberg an die Nordseeküste fahren um dort ihren dritten Mord zu begehen, haben die Ermittler bis heute nicht wirklich verstanden. Aber auch in Norddeutschland planen BM nun die "erergische Bekämpfung der Feinde des Deutschen Volkes" (wie es im "Manifest" des NSU heißt / siehe "INSIDE NSU" - Teil 1).
Exakt vierzehn Tage nach dem zweiten Mord in Nürnberg ermorden BM in Hamburg-Bahrenfeld kaltblütig den Obst- und Gemüsehändler Süleyman Taşköprü im Laden seines Vaters mit drei Schüssen. Es sind erneut die gleichen Waffen wie beim Mord an Enver Şimşek: eine Ceska 83 mit Schalldämpfer und eine weiterhin nicht näher identifizierbare Pistole des Kalibers 6.35. Die Kaltblütigkeit von BM zeigt sich für die Bundesanwaltschaft darin, dass ein Streifenpolizist kurz zuvor den Vater von Süleyman gebeten hatte, seinen Wagen aus dem Parkverbot vor dem Laden wegzufahren. Als Ali Taşköprü nach nur zehn Minuten in seinen Laden zurückkehrt, findet er seinen sterbenden Sohn in einer Blutlache, von den flüchtenen Tätern jedoch keine Spur.
Der erste Mord in Nürnberg hatte ein historisches Datum, auch dem Tag des Mordes Nr. 2 könnte man mit Phantasie (und mangels eines Bekennenschreibens) eine Symbolik unterstellen und die Serie der "NSU"-Mordtaten an besonderen, historischen Daten geht weiter, auch wenn sich daraus keinesfalls belegen lässt ist, dass die Tage der Attentate von BM tatsächlich im Voraus unter diesen Bezügen geplant wurden.
Aber der Mord in Hamburg am 27.06.2001 wird von BM exakt an dem Tag verübt, an dem sechzig Jahre zuvor das deutsche Polizeibataillon 309 in Białystok die Große Synagoge niederbrennt und so etwa zweitausend dort zusammengetriebenen Juden den Tod bringt. - Kann dies reiner Zufall sein? Bei der ausschließlich bei den Morden eingesetzten Ceska Pistole mit Schalldämpfer ist, angesichts des umgangreichen "NSU"-Waffenarsenals, schließlich auch nicht von einem Zufall auszugehen.
In einem Park in Chemnitz kommt es im Sommer 2001 zum zweiten Treffen vom BMZ mit Bs Eltern. Die berichten dem Trio, dass der Familienanwalt mit der Staatsanwaltschaft Gera reden wolle, was man machen könne, damit die Drei sich stellen und ihr Leben im Untergrund aufgeben. Z und B sind, so die Eltern, unentschlossen, aber M strikt dagegen.
Am Donnerstag, den 05.07.2001, überfallen BM - erstmals nach ihrem Umzug in die Wohnung in Zwickau - ein Geldinstitut, das sie sich in Ruhe in ihrer Nachbarschaft ausgesucht haben: das Postamt in Zwickau. Die Beute hierbei: rund 75.000 DM, einen Kunden verletzten sie dabei durch den Einsatz von Reizgas. Wieder verüben sie diese Tat auf bekannte Art und flüchten mit Hilfe von Mountainbikes.
Unmittelbar danach mieten BM einen Van und fahren nach Süddeutschland. Das Ziel der Fahrt ist München, die "Stadt der Bewegung" der NSDAP. BM kundschaften erneut verschiedene Orte aus, die sie zuvor bereits ausgesucht hatten.Am Mittwoch, den 29.08.2001 erschießen BM in München-Ramersdorf mit Habil Kılıç erneut einen Obst- und Gemüsehändler. Und auch dieser Tag ist als Datum bedeutsam: am 29.08.1897 hatte sich in Basel der erste Zionistische Weltkongress zusammengefunden.
Die Polizei orientiert sich in ihren Sonderkommissionen allerdings weiterhin nicht in Richtung einer ausländerfeindlichen Tat. Sie konzentrieren sich auf die Ceska-Pistole mit Schalldämpfer, auf eine Mordserie im Schutzgeld-Millieu. Und die Ermittler findes etwas Interessantes heraus: die Mörder von Habil Kılıç haben bei ihrer Tat, anders als bei Şimşek, Özüdoğru und Taşköprü, Plastiktüten über die Waffen gezogen, denn im Unterschied zu den drei vorherigen Morden finden die Ermittler am Münchner Tatort keine Patronenhülsen mehr vor.
Was weder BKA noch der Generalbundesanwalt beweisen können, was aber eine starke Vermutung ist: diese Tat hat die Frau des Trios nahezu direkt miterleben müssen, muss Z schockiert haben, denn es kommt im Anschluss an den Münchner Mord zu einem Stopp der Gewaltverbrechen des "NSU". Mehr als ein Jahr lang überfallen BM keine Sparkasse oder Bank mehr, ermorden zudem zweieinhalb Jahre lang keine weiteren Menschen. Es ist die erste Aktionspause des "NSU". Zeit, die man in Zwickau nutzt, die bisherigen Morde aufzuarbeiten.
Im Herbst 2001 ist die zweite Fassung des "NSU"-Videos beendet und wird abgespeichert. BMZ haben es erneut mit einem "Noie Werte"-Lied unterlegt. In "Am Puls der Zeit" heißt es unter anderem: "Der Widerstand ist bereit."
Der Film bezieht nun sich auf vier Morde und einen Anschlag. Er ist mehr als doppelt so lang wie der erste, über fünf Minuten, und wesentlich professioneller gestaltet. Das ist ein erster Hinweis darauf, dass AE daran mitwirkt. Wenn der inzwischen "gute Kamerad" der drei "NSU"-Mitglieder da noch eher passiv geswesen sein soll: M ist die treibende Kraft, hat sich viel selbst beigebracht über Videoerstellung und elektronischen Schnitt, hat sogar das auf Papier verewigte Drehbuch mitverfasst, denn zumindest seine Handschrift konnten Ermittler zuordnen.
Die zweite Version des Videofilms hat eine makabere Weiterentwicklung der ersten Film-Fassung: in ihr sind Fotos von drei sterbenden Opfern enthalten. Fachlich kann AE das sogar noch ein wenig besser als M, betreibt später mit "AE Medig" eine Firma für Mediengestaltung und Videoproduktionen sowie eine Videothek, bei der das BKA lange ermittelt hat, woher das Geld kam, sie zu eröffnen.
Und noch etwas hatte sich weiterentwickelt: inzwischen besitzt auch B einen "frischen" Reisepass, eine kopierte Identität. Er und M hatten "NSU"-Helfer und "Kameradschaft Jena"-Mitglied Holger Gerlach / HG dazu überredet, sich einen Snurrbart wachsen zu lassen, eine Brille aufzusetzen, Fotos von sich zu machen und so zum Passamt zu gehen. Der Pass wird HG problemlos ausgestellt und von nun an kann sich B auch offiziell als "Gerry" in der Öffentlichkeit bewegen.
Doch die Pause in den "NSU"-Aktivitäten langweilt BM. M wird Kunde in einem Video- und Computerspielverleih. Er sei "ab und zu mal im Laden" gewesen, sagte der Besitzer vor den Ermittlern aus. "Auch die Lisa war Kundin", habe ihm für fünf Euro das Videospiel "Alfred Hitchcock - The Final Cut" verkauft, gibt er zu Protokoll. Was er nicht weiß: in seinem Laden arbeitet Herrmann S., ein Waffennarr. BM erzählen HG von einer Pumpgun, die sie bekommen könnten. Sie seien begeistert gewesen, sagte er den Ermittlern des BKA. M hätte geprahlt, er wisse jetzt, wie er an Waffen herankommen könne.
Doch Ende 2001 erhalten BMZ auch eine zweite Schusswaffe von RW. Einmal, so HG vor den Ermittlern, sei er mit dem Zug nach Zwickau gefahren, eine Reisetasche im Gepäck, darin ein Stoffbeutel, den er aber nicht geöffnet habe. RW habe ihm den Auftrag für diesem Kurierdienst gegeben, bezeugt HG. Am Bahnhof von Zwickau wird HG an diesem Tag von Z abgeholt, gemeinsam laufen sie zur Polenzstraße. In der Wohnung hätten B und M den Beutel aus der Reisetasche geholt und eine Waffe herausgezogen, danach die Waffe durchgeladen.
Außerdem zeigen sich M und sein "NSU" - ganz so, wie im "Manifest" angekündigt - finanziell spendabel, reichen in dieser Zeit Spenden aus, an verschiedene Organisationen der bundesdeutschen rechten Szene, darunter u. a. an die Macher des Neustrelitzer NS-Heftes "Der Weiße Wolf - Rundbrief für Kameraden" in dessen Nr. 18 man im Januar 2002 folgenden Satz lesen kann: "Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen ;-) Der Kampf geht weiter". Auch dass es gerade diese Publikation war, überrascht nicht wirklich, denn in der Jenaer Garage, in welcher im Januar 1998 die Bombenwerkstatt entdeckt worden war, hatten Polizisten in einem Regal mehrere Exemplare von "Der weiße Wolf" gefunden.
[Die Fortsetzung folgt in Teil 3 von "INSIDE NSU" am 30. Juli 2012 hier im "Lichtstadt.Netz"]
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