Donnerstag, 4. Oktober 2012

"Wie die Mordtaten des Trios von Jena hätten verhindert werden können..." - Darüber gibt Helmut Roewers Buch "Nur für den Dienstgebrauch" keine befriedigende Antwort!

(lsn) - Er hat jahrelang als Chef des Thüringer Verfassungsschutzes Steuergelder an Neonazis weitergereicht: Helmut Roewer. Seine Aussagen vor dem Thüringer "NSU"-Untersuchungsausschuss sind an Arroganz und Selbstüberschätzung kaum zu überbieten. Behörden-Versagen? Nicht wegen ihm. Heute hat der Ex-Verfassungsschutz Chef in Berlin ein Buch vorgestellt, in dem er nochmals detailliert auf die Vorgänge um das Abtauchen von Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe eingeht. "Nur für den Dienstgebrauch" heißt es, handelt hauptsächlich vom "rechten Terror im wilden Osten" und - natürlich - von ihm selbst.

In seinem Buch stellt Roewer die Behauptung auf, die "NSU"-Mordserie an neun Migranten und einer Polizistin sei durchaus zu verhindern gewesen. Aber nicht von Seiten des Verfassungschutzes. Nein. Schuld an Allem seinen die Eltern des Terrortrios. Im März 1998 sei der Landesverfassungsschutz nur hauchdünn davon entfernt gewesen, die Untergetauchten aufzuspüren, so der Ex-Chef des Thüringer Verfassungsschutzes über das missglückte Aufspüren von Mundlos, Böhnhardt und Zchäpe. Allein die Eltern der drei Neonazis, so seine These,  hätten dies verhindert. Als Beleg für diese Sicht der Dinge berichtet Roewer in "Nur für den Dienstgebrauch" über seine persönliche Begegnung mit dem Vater von Uwe Böhnhardt.

Damals, so der frühere Verfassungsschützer, habe er dem Vater in Aussicht gestellt, bei einer Rückholaktion für das Trio als Vermittler aufzutreten. Dieser habe ihm geantwortet, er kenne den Unterschlupf der Drei nicht. "Heute weiß ich", so Rower in seinem Buch, "dass ich belogen worden bin". Die Eltern hätten verschwiegen, dass die Gesuchten in Chemnitz waren.

So einfach stellt sich für den Mann, der eine Panne nach der anderen in seiner Behörde einräumen musste, die Sachlage aus heutiger Sicht dar. Dass die Eltern niemals davon unterrichtet worden waren, ob die Untergetauchtenn überhaupt in Sachsen bzw. Chemnitz lebten und - wenn ja - wo in der 250.000-Einwohner-Stadt, spielt für Roewer keine Rolle. Auch, dass der Verfassungsschutz selbst Erkenntnisse hatte, dass das Trio in Chemnitz untergetaucht war, scheint für Helmut Roewer irrelevant. "Elf Jahre Rechtsterrorismus: Durch Wegschauen erledigt", ist sich der gelernte Jurist aus Westdeutschland sicher und mit "Wegschauen" meint er nicht seine, ihm damals unterstellten Verfassungschützer, sondern die Eltern von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlios.

"Wie die späteren Mordtaten des Trios von Jena hätten verhindert werden können?", fragt er im Buch. Ganz einfach: "Die Antwort heißt: Eben so, wie ich es geplant hatte". Punkt! Überhaupt präsentiert der 2004 aus dem Amt gejagte Ex-Chef des Thüringer Amtes für Verfassungsschutz auf knapp 280 Seiten hauptsächlich Rechtfertigungen und Schuldzuweisungen. Schuld bei sich sieht der als eitel und unberechenbar geltende Roewer keine. Er setzt sich lieber als "Macher" in Szene, als einer, der das "staatlich-operative Handwerk der Wiedervereinigung" miterledigt habe.

Außerden, so Roewer im Buch, habe 1998 eine Journalistin "von einem Abgeordneten" erfahren, dass die Festnahme des, später als "Nationalsozialistischer Untergrund" bekannt gewordenen Trios, unmittelbar bevorstehe. So hätte sich ein weiterer Suchansatz zerschlagen, sei extern zunichte gemacht worden. "Wenn die so weitermachen, können wir es vergessen", habe er damals notiert. Und so sei es dann ja auch gekommen. Punkt!

Auch wenn Fehler im "Klima der wilden Ost-Aufbaujahre" fast zwangsläufig gewesen seinen - wie Helmut Roewer meint - spricht ihn das Buch nicht frei von damaliger Verantwortung. Und so zeigt "Nur für den Dienstgebrauch" vor allem eines: einen gekränkten Mann, der nicht länger verantwortlich sein will für den Neo-Nazi-Terror. "Die Aufklärung, sie ist gescheitert", endet das Buch und so ist es. Wer erwartet hatte, dass Helmut Roewer mit seinem Werk die Pannenserie bei der Fahndung nach dem mörderischen Trio aufhellen werde können, der muss ernüchtert feststellen, dass auch diese Hoffnung gescheitert ist.

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