Donnerstag, 8. November 2012

"Ein Jahr nach Beate Zschäpes Festnahme in Jena": Anklageschrift vorgelegt wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Beihilfe zu mehreren Morden und gefährlicher Brandstiftung!

(lsn / tagesspiegel) - Wie die Zeitung "Tagesspiegel" berichtet, hat die Bundesanwaltschaft nun offiziell Anklage gegen Beate Zschäpe (oben ein Foto während ihrer Festnahme 2011) und insgesamt vier Helfer der Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" / "NSU" erhoben. So habe Generalbundesanwalt Runge inzwischen die Anklageschriften unterzeichnet, berichtet die Zeitung. Zschäpe hatte sich heute vor genau einem Jahr nach tagelanger Flucht in Jena den Polizeibehörden gestellt und sitzt seither in Untersuchungshaft.

In den mehrere Hundert Seiten umfassenden Anklageschriften werden der Terrorgruppe "NSU" zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge und fünfzehn Raubüberfälle vorgeworfen, berichtete der "Tagesspiegel". Zschäpe selbst sieht sich neben dem Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung auch mit dem der gefährlichen Brandstiftung konfrontiert. Sie soll am 4. November 2011 ein Wohnhaus in Zwickau (Foto) in Brand gesetzt haben um die Spuren der Terrorgruppe zu verwischen.

Zudem soll Zschäpe am 09.05.2005 bei dem Mord an dem 50 Jahre alte Ismail Yazar in seinem "Döner"-Imbiss in der Scharrerstraße in Nürnberg beteiligt gewesen sein. Sie sei zu diesem Zeitpunkt des Mordes in unmittelbarer Nähe des Tatots gewesen, so die Anklage.

Zu den vier weiteren Angeklagten zähle, wie es heißt, der mutmaßlich wichtigste Helfer der Rechtsterroristen, der frühere Jenaer NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. Er und Zschäpe sind die einzigen Beschuldigten in dem "NSU"-Verfahren, die noch in Untersuchungshaft sitzen; Wohlleben war vor Kurzem erst nach München verlegt worden. Bei den drei anderen Angeklagten soll es sich um Holger Gerlach, Carsten Sch. und André Em*ng*r handeln; Carsten Sch. soll sich derzeit im sog. Zeugenschutzprogramm befinden und sei an einem unbekannten Ort untergebracht, wie mehrere Presseorgane ebenfalls vor Kurzem berichtet hatten.

Die Bundesanwaltschaft machte zu den Zeitungsberichten bisher keinerlei Angaben, erklärte nur, sie wolle ein faires Verfahrens ermöglichen, daher verbiete sich jedwede weitere Auskunft bevor die Anklageschrift den Beschuldigten zugestellt worden sei, erst danach könne die Öffentlichkeit informiert werden. Konkretisieren sich jedoch die Anklagevorwürfe gegen Beate Zschäpe und käme es im Verfahren vor den OLG München zu einer Verurteilung, dann droht der Jenaerin eine erhebliche Haftstrafe.

Zum Vergleich: Irmgard Möller, Mitglied der Terrorgruppe "Rote Armee Fraktion", wurde u. a. wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sowie der Mitwirkung an zwei Bombenanschlägen und drei Morden zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Eine lebenslange Freiheitsstrafe endet nicht vor 15 Jahren, die Reststrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden. Möller verbüßte insgesamt 23 Jahre Haft bevor sie 1995 aus der Justizvollzugsanstalt Lübeck entlassen wurde.
 
Zschäpe drohen somit ebenfalls um die zwanzig Jahre Haft, die sie, sofern sie ihr Schweigen bricht, mindern könnte. Verwunderlich sei ihr beharrliches Schweigen ohnehin, hieß es im Sommer aus Ermittlerkreisen. Aus einer psychologischen Begutachtung der Persönlichkeit Zschäpes habe sich deren Kommunikationsdrang ergeben.

Die Jenaerin habe während der "NSU"-Zeit immer die Sozialkontakte zu ihrem jeweiligen Umfeld gehalten, sei mitteilungsbedürftig gewesen. Auch ihr jetziger Drang nach Kontakten zur Großmutter und zu Verwandten passe nicht zu dem Bild, der eisern schweigenden Beate Zschäpe, wie es ihre Anwälte beschreiben würden. Deshalb erwarte man, dass sich Zschäpe nach Durchsicht der Anklageschrift und einer Besprechung mit ihren Anwälten öffne, um ihre Lage zu verbessern und eine zu erwartende langjährige Gefängnisstrafe zu mindern.

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