(tim schwarz) - Der Prozesstag 15 brachte polizeiliche Erkenntnisse über den Brand in der "NSU"-Wohnung in der Zwickauer "Frühlingsstraße 26". Am gestrigen Dienstag wurden mehrere Polizisten gehört, die mit der Aufarbeitung der Brandkatastrophe vom 04.11.2011 betraut waren. Man merkte schnell: Es ging darum, die These zu widerlegen, die Hauptangeklagte Beate Zschäpe habe von den Aktivitäten, dem kriminellen bis tödlichen Treiben, ihrer beiden "Uwes" nicht zwangsläufig etwas wissen müssen, denn um sie verurteilen zu können, ist die Mitwisser- und Mittäterschaft von entscheidender Bedeutung.
Der erste Zeuge ist Polizeimeister und leitete den Spürhund-Einsätze in den Trümmern der Wohnung. Der Leichenspürhund habe nicht angeschlagen, dafür aber die Hunde, die dafür abgerichtet waren, Brandlegungsmittel zu erkennen und anzuzeigen. Anhand einer Skizze des Einsatzortes erklärt der Polizeibeamte die Fundstellen, die über die gesamte Wohnung verteilt sind. "Das sind alles Anzeigeverhalten durch unsere Diensthunde", sagt er un erklärt auf Nachfrage, was die Hunde erschnüffeln können: Benzin, Diesel, Kohleanzünder, Verdünner. Danach rief der Vorsitzende Richter Götzl den nächsten Zeugen auf.
Der Kriminalhauptmeister und Brandursachenermittler gab Auskunft zu den Ergebnissen der kriminaltechnischen Untersuchungen in den verkohlten Trümmern, war mit der gesamten Brandursachenermittlungen vom 4. bis zum 28.11.2011 betraut. Danach erfolgte die Übergabe an das Bundeskriminalamt - der Grund: nach und nach waren im Brandschutt Waffen aufgetaucht. "Am Samstag, dem 5. November, wurde die erste Waffe im Schlafzimmer gefunden. Am Sonntag dann kamen eine zweite und eine dritte Waffe in einem Flur zum Vorschein. Insgesamt waren es elf Waffen, dazu Munition“, sagte er aus.
Anhand verschiedener Skizzen der Wohnung erläuterte er anschließend, welche Gegenstände in den Räumlichkeiten gefunden wurden. Hierbei zeigte sich: die drei "NSU"-Mitglieder lebten eng miteinander. Einzig Uwe Mundlos hatte ein eigenes, separates Zimmer. Im größten Zimmer, dem "Sportraum", wahr wohl Zschäpes und Böhnhardts Intimbereich. Und es gab nur eine Küche mit Sitzbank und Esstisch, beide Badezimmer waren auf die gleiche Art und Weise mit einen Deko-Rettungsring auf dem Boden ausgestattet.
Zschäpes Problem Nummer 1: Ein Raum wurde als "Katzenzimmer" bezeichnet, weil dort mehrere Katzenbäume entdeckt wurden. Eine Unterteilung in abgeschlossene Bereiche wäre wohl nötig gewesen, hätte Zschäpe vom Treiben ihrer Gefährten nichts mitbekommen sollen. Um in "ihr" Katzenzimmer zu kommen musste Zschäpe aber jeweils die gesamte Wohnung durchqueren.
Besonderen Aufwand betrieben die Bewohner zu ihrer eigenen Absicherung, denn bei ihren Untersuchungen entdeckten die Ermittler mehrere Kameras, die in der Wohnung an verschiedenen Stellen installiert waren. Der Zeuge: "Kamera 1 war im Eingangsbereich, eingebaut in der Eingangstür. Sie war verkabelt. Die zweite Kamera, war am Küchenfenster, untergebracht in einem braunen Plastikblumentopf, sodass man die Kamera von außen nicht sieht. Die dritte Kamera war in Richtung "Frühlingsstraße" gerichtet, in einer braunen Schale verbaut. Kamera 4 befand sich im Bereich des "Katzenzimmers", ist aber komplett verbrannt. Ich gehe davon aus, dass sie in Richtung Eingangstür und Treppenhaus installiert war. Das schließe ich aus der Aufhängung.“ Außerdem: "Die Türen der beiden Kellerräume waren mit Funkkontaktmeldern versehen. Wenn also eine Tür geöffnet wird, wurde darüber per Funk informiert.“
Dann zeigte der Brandermittler von der Kriminalpolizei Zwickau Fotos des Hauses, die am 24. Oktober 2011, also zwei Wochen vor der Explosion, durch das Bauordnungsamt der Stadt aufgenommen worden waren. Auf ihnen ist zu erkennen: An den Fenstern zur "Frühlingsstraße" sieht man noch keine Kamera, keine braune Blumenschale. Anschließend sind Videoaufnahmen zu sehen, die ein Nachbar unmittelbar nach der Explosion aufgenommen hatte: Die Hausfront - von der Druckwelle herausgesprengt - fehlt, der Blick geht direkt in das "Sportzimmer". Dort stehen ein Laufband und zwei Computerbildschirme, inmitten von lodernden Flammen. Auf dem Video ist auch die braune Blumenschale zu sehen, in der die Kamera eingebaut war.
Zum Abschluss des Vormittags bekommen die Angeklagten und alle anderen Anwesenden auch das Foto eines Feuerwehrmannes zu sehen, der bei den Löscharbeiten erhebliche Verletzungen davongetragen hatte, als in der Wohnung Dinge explodierten - wahrscheinlich dort gelagerte Munition. Auch im Video des Nachbarn waren insgesamt etwa 15 explosionsartige Knallgeräusche zu hören.
Nach der Pause setzt der Brandermittler den virtuellen Rundgang durch die Brandwohnung fort, geht merhrfach in Details, zeigt Tatortfotos erzählt dazu z. B. "Im Schuhschrank stehen rote Nike-Sportschuhe, Badelatschen im Tigermuster. Alles wurde gesichert.“ Auf Foto 117 sind die Klingelschilder des Hauses zu sehen, auf der zweiten Klingel von unten steht der Name "Dienelt", unter dem die Wohnung angemieter worden war. Bild 185 zeigt die komplett zerstörte Wohnzimmerwand zur Nachbarin, deren Tod Beate Zschäpe, der Anklageschrift nach, billigend in Kauf genommen haben soll. Diese schaut derweil demonstrativ in die Reihen der Nebenklage-Anwälte, nur kurz beobachtet sie den Brandursachenermittler, dann blickt sie wieder Ihren Anwalt Stahl an, schaut anschließend erneut auf die Nebenklägerseite.
Der ausführliche Bericht des Brandermittlers dauert an. Er berichtet vom Fund eines PC im ZImmer von Uwe Mundlos. Hieraus ergibt sich wohl Zschäpes Problem Nummer 2: Auf diesem Computer hatte sie noch nach dem Tod der beiden "Uwes" im Internet gesurft, was dagegen spricht, dass sie das Zommer nicht hätte betreten dürfen. Und: auf dem PC wurde brisantes Video- und Bildmaterial gefunden, im Zimmer selbst zwei Pistolen, wovon eine für den Heilbronner Überfall auf die beiden Polizeibeamten, der für Michele Kiesewetter tödlich endete, benutzt worden ist. Fraglich, ob Beate Zschäpe gestern diese für sie bedeutende Tragweite der Ausführungen des Zeugen erkannt hat oder nicht.
Etwa um 15 Uhr werden die Fotos 228 bis 237 gezeigt, welche die verschiedenen Kameraanlagen der Wohnung zeigen und belegen, wie akkurat die Kabel bis zum Wohnzimmer verlegt worden waren. Die Blumenkästen mit den Kameras wiederum waren verschraubt, konnten deshalb nicht herunterfallen. Der Kriminalhauptmeister zeigt sogar die einzelnen Perspektiven der Kameras, zeigt, wie gut die einzelnen Seiten des Wohnhauses damit einsehbar waren.
Dann kommt Bild 285: Zwischen Schuhschrank und Wand ist ein 10-Liter-Benzinkanister zu sehen, mit dessen Hilfe die Brandstiftung mutmaßlich begangen wurde. Nun schaut auch Beate Zschäpe die Bilder an, die sie so groß in den Akten nicht studieren konnte, denn der Ermittler zeigt die Küche. Man sieht geschmolzene Kunststoffteile, Gewürzgläser, zwei Mülltonnen, eine Britta-Wasserfilter-Kanne, auf dem Herd einen Schnellkochtopf, neben der Dunstabzugshaube hängen Topflappen.
Das letzte Foto, das am 15. Prozesstag gezeigt wurde, ist Foto 363: der Inhalt des gut gefüllten Kühlschranks, in dem man noch ein Glas Gurken erkennt, Margarine, Zitronensaft. An dieser Stelle beendet Richter Götzl die Sitzung, der Zeuge muss seine Ausführungen auf den nächsten Verhandlungstag verschieben. Für den morgigen 16. Prozesstag sind unter anderem ein Handwerker und ein Mitglied der Hausverwaltung geladen.
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