Donnerstag, 3. April 2014

"Eichplatz-Traum geplatzt!": Heute Mittag lagen bereits mehr als 27.724 "NEIN"-Stimmen vor - Quote der Ablehnung bleibt bei rund 63 %


(lsn / karsten lange) - Es ist Donnerstag Mittag, der 03. April 2014. Aus dem Bürgerhaus am Lödergraben wird gemeldet: Der Souverän hat entschieden und das Baukonzept von OFB / jenawohnen für den Jenaer Eichplatz mit Mehrheit abgelehnt.

Obwohl noch kein Endergebnis feststeht, seien inzwischen bereits so viele "NEIN"-Stimmen gezählt worden, dass sämtliche noch nicht ausgezählten Stimmen - selbst wenn alle ein "JA" enthalten würden - nicht mehr ausreichen würden, das Ergebnis noch zu kippen, so heißt es von Beobachtern. Wie von Seiten der Stadt Jena mitgeteilt wurde, soll das Endergebnis bereits heute Nachmittag verkündet werden - einen Tag früher als vorgesehen.

Der Wunschinvestor der Jenaer Stadtregierung ist damit gescheitert - dies obwohl sich 2012 eine überwältigende Mehrheit der damals befragten Bürger für eine Bebauung des zentralen Platzes in Jena ausgesprochen hatte. Es ist ein Scheitern, mit dem - wie bei jeder offenen Abstimmung - stets zu rechen war, von dem aber offensichtlich bis zuletzt bei SPD, CDU und Bündnis 90 / GRÜNE, bei jenawohenn und OFB, niemand wirklich ausging. Auch weil ein Bebauungsplan nahezu fertig vorliegt, von allen Seiten zusammen genommen bisher rund vier Millionen Euro in das Projekt investiert wurden und weil sich der Jenaer Stadtrat bereits vor Monaten mit eindeutiger Mehrheit für den Verkauf des Areals an OFB / jenawohnen entschieden hatte.


"Was ist schief gelaufen?" muss man sich nun fragen und es bleibt zu hoffen, dass wirklich alle Koalitionäre hinter der mit negativem Ergebnis durchgeführten Bürgerbefragung 2014 stehen und standen. Ansonsten könnte es Streit geben, denn rechtlich vorgeschrieben war die Bürgerbefragung nicht, angedacht wurde sie erst, als sich mehr als 10.000 Jenaerinnen und Jenaer dem Anliegen der Moratoriumsinitiative angeschlossen hatten. Die war gegen eine übereilte Bebauung des Eichplatzes und meinte, man solle vorher doch noch das eine oder das andere bedenken oder überarbeiten. Dieser Meinung schlossen sich die Bürger nun mehrheitlich an.

Hinzu kamen handwerkliche Fehler, angefangen bei den Verantwortlichen, die den Bebauungsplan begleiteten, bis hin zu denjenigen, die für die jetzt durchgeführte Bürgerbefragung zutändig waren und dabei einige Jenaer Bürger übersahen. Solche Dinge führen erfahrungsgemäß nicht dazu, dass sich alle Bürger kompetent von der Stadt informiert und vertreten fühlen. Eine Ablehnung von mehr als 60 % zeigt hier mehr als eindeutig: Bürger haben sehr wohl ein "Bauchgefühl" und eines für Recht und Gerechtigkeit sowieso; später wird noch auf die Chancengleichheit für beide Seiten einzugehen sein.

Dann gab es ja auch noch den "Gewinnerentwurf" (wie er zeitweise genannt wurde) von OFB und der ehemals städtischen Wohnungsbaugesellschaft jenawohnen, der im Grunde keiner war, denn er überzeugte selbst in der von der Ernst-Abbe-Fachhochschule begleiteten ersten Bürgerbefragung die Menschen nicht wirklich.

Vier Wochen lang konnten 2012 die Einwohnerinnen und Einwohner online abstimmen sowie 15.000 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger ihr Votum schriftlich abgeben. Etwa 6.800 Menschen machten damals von der Möglichkeit der Abstimmung gebrauch. Dabei waren zwar mehr als zwei Drittel für eine Wiederbebauung des Eichplatzareals, jedoch erreichte 2012 keiner der drei zur Disposition stehenden Entwürfe eine mehrheitliche Zustimmung. "Sieger der Nichtsieger" war hier ECE, deren Bebauungsentwurf 47,6 % der Befragten gut fanden, gefolgt vom OFB-Konzept mit 43,9 % und dem von jenawohnen mit 24,1 % positiven Einschätzungen.

Ebenso hatten viele Bürger in den letzten Monaten des öfteren den Eindruck, dass offensichtlich vorhandene Probleme des OFB / jenawohnen Konzeptes "hinweggeredet" wurden. In Kommentaren zu Artikeln der beiden Jenaer Tageszeitungen und in Leserbriefen konnte man dies nachverfolgen. Der Streit um die Anzahl der wegfallenden oberirdischen Parkplätze und das Schönrechnen der Parkstellflächen in der geplanten Tiefgarage sei hier exemplarisch genannt.

https://www.youtube.com/watch?v=NytfLGIqfIo&noredirect=1
Der wahre Grund für das finale Scheitern der Bürgerbefragung so kurz vor der Kommunalwahl könnte aber vor allem in dem immensen Werbeaufwand liegen, der von OFB, jenawohnen (und damit den Stadtwerken Jena), dem städtischen Eigenbetrieb KIJ sowie der Stadt Jena für das Projekt betrieben wurde und der nun - wie der Volksmund so schön sagt - "für die Katz" gewesen ist. Er hat viele, viele Euro verschlungen und wurde nicht nur für die Bürger geführt sondern gefühlt auch gegen die "Gegner der Eichplatzbebauung", die unter Lichte betrachtet ja gar keine "Gegner der Eichplatzbebaung" waren sondern Gegner einer übereilten Bebauung durch OFB / jenawohnen.

Als Gegner - egal ob man nun Jänchen, Haschke, Meyer oder Lieschen Müller hieß - musste man vieles erdulden, hatte kein Geld um adäquat gegen den Bebaungs-Goliath vorgehen zu können, einen Krösus, der Gaukler und Musiker engagierte, Filme drehen ließ, gleich mehrere Webseiten betrieb, ein großes Fest ausrichtete, Zeitungsannoncen machte, im angemieteten Schwibbogen städtische Mitarbeiter kostenlos auf / an seiner Seite hatte, mit Werbematerialien und Plakaten nur so um sich warf. Die "Rebellen" dagegen hatten alleine den Mut des biblischen David und am Ende eine Steinschleuder namens "Bürgerbefragung". Damit zwang man Goliath in die Knie. Im Grunde unfassbar aber wahr!

Auf Jahre sei nun keine Eichplatz-Bebauung mehr möglich, hieß es schon im Vorfeld des Ergebnisses. Und zu befürchten ist, dass mancher nun sagt: "Dann macht doch euren Sch... alleine." Das aber wäre die falscheste aller Lösungen, denn knapp 70 % der Jenaerinnen waren ja für einst fur eine Bebauung gewesen.

Eines jedoch zeigt die Sache mehr als deutlich. Wer sich (insbesondere noch dazu im Wahlkampf) in Gefahr begibt, der kann darin umkommen, egal wie stark er sich fühlt. Es wäre auch anders gegangen. Ein altes Sprichwort besagt "Abwarten und Tee trinken!" und früher soll das ja einmal eine Ermahnung an Kranke gewesen sein, sich in Geduld zu üben bis die Heilung eingetreten ist.

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