Freitag, 9. Mai 2014
"Stadtelternbeirat": Die Liberalen im Jenaer Stadtrat gaben den Steb jetzt eine ausführliche Antwort auf dessen "Wahlprüfsteine 2014"
(LN / LANGE | 2014-05-09) - Das Blog der FDP Jena zur Stadtratswahl 2014 gehört mit zu den vorbildlichen Mitteln, die Wähler in der Lichtstadt über wichtige Themen und Entwicklungen im Kommunalwahlkampf auf dem Laufenden zu halten (wir berichteten bereits hierüber).
Nun haben die Liberalen dort ihre ausführliche Antwort auf die drängenden Fragen des Stadtelternbeirats / Steb der Stadt Jena veröffentlicht, die hier mit freundlicher Genehmigung der fDP Jena in Ausschnitten wiedergegeben wird.
Frage: Möchten Sie die aktuelle Kita-Gebührensatzung verändern? Wenn ja, was planen Sie?
Im Kern wollen wir die Gebührenstruktur so lassen wie sie ist. – Zwei Gründe:
1. Die Logik jeder Gebühr: sie ist Gegenstück zu einer erhaltenen Leistung, kein Instrument zur Einkommensumverteilung. Speziell zur Kitagebühr fordert das ThürKitaG, die Eltern über Gebühren angemessen an den Kosten zu beteiligen und diese Gebühr sozial zu staffeln. Das tut die Satzung: beim Einkommen wird ein stufenlos linearer Schlüssel, für Geschwister ein Freibetrag angesetzt. Wir halten die aktuelle Satzung für gerecht und angemessen justiert.
2. Die Gebührenstruktur ist ein fein austariertes System. Die Stellschrauben sind: - Grundfreibetrag (vom Einkommen abzuziehen), - Freigrenze (anrechenbares Einkommen, bis zu dem keine Gebührenschuld entsteht), - Freibetrag pro Geschwisterkind (zusätzlich vom Einkommen abzuziehen), - Maximalgebühr (mehr zahlt keiner, abhängig von der Kinderzahl), - Maximaleinkommen (bis dahin steigt die Gebühr linear, danach nicht mehr), - Gesamtgebührenaufkommen (Summe der Gebühren aller Eltern im Jahr)
Jedes Drehen an einer dieser Schrauben dreht alle anderen mit, am Ende muss es aufgehen. Das heißt, jeder Vorteil für eine Gruppe geht zu Lasten einer anderen. Alle bisher gemachten Vorschläge wollten entweder das Gesamtgebührenaufkommen erhöhen (wollen wir nicht), oder sie traten, wie zuletzt der Vorschlag der SPD, im Mantel der Gerechtigkeit auf, blieben aber den Nachweis einer tatsächlich gerechteren Gebührenstruktur am Ende schuldig.
Was wir aber im Detail ändern wollen: Wir wollen die Freigrenze dynamisieren. Was heißt das? Bleibt nach Abzug aller Freibeträge ein anrechenbares Einkommen unter 300 Euro, erlässt die Stadt den Eltern die Gebührenpflicht ganz. Diese Freigrenze wollen wir an die Lohnentwicklung koppeln, also automatisiert moderat erhöhen. Hintergrund: In den meisten Fällen können sich diese Eltern die Gebühr nach § 90 SGB VIII zurück erstatten lassen. Wir wollen den Eltern die Antragstellung und der Verwaltung die Bearbeitung dieser Anträge ersparen. Was wir prüfen werden: Die Stadt Weimar regelt auch die technische Abwicklung der Gebührenerhebung direkt in der Gebührensatzung und nicht in gesonderten Finanzierungsverträgen mit den Trägern. Auch wird das anzurechnende Einkommen dort nicht wie in Jena grob pauschaliert, sondern eher in einer Brutto-Netto-Rechnung ermittelt. Beides hat jeweils Vor- und Nachteile, nach Abwägung empfiehlt sich eventuell eine Umstellung unserer Methodik.
Wollen Sie in den nächsten fünf Jahren das Gesamtgebührenaufkommen erhöhen, gleich halten oder senken? Wenn Veränderungen Wann? Und um welchen Betrag? Anpassung der nicht gesetzeskonformen Freibeträge für Geschwisterkinder? Wenn ja wie? Ohne Mehrbelastung der Eltern?
An den Gesamtkosten pro Kopf wird sich nichts wesentlich ändern. Die aktuelle Beteiligung der Eltern halten wir für angemessen. Daher wollen wir das Gesamtgebührenaufkommen gleich halten. Für eine Absenkung, also für eine noch höhere Kostenübernahme seitens der Stadt, sehen wir aktuell keinen Spielraum. Die finanzielle Beteiligung der Eltern kann trotzdem sinken, wenn a) sich das Land finanziell stärker engagiert (z.B. durch ein kostenfreies Vorschuljahr), b) das Land multiprofessionelle Teams zulässt. Beides findet sich auf Drängen v.a. unseres Kreisverbands im FDP-Landtagswahlprogramm. Das Vorschuljahr wäre in der Fläche Thüringens eher eine bildungspolitische Maßnahme. In Jena hingegen liegt die Nutzungsquote auch jüngerer Kinder schon jetzt bei nahe 100%, für die Jenaer Eltern wäre dies also fast ausschließlich eine Maßnahme zur Gebührensenkung. Die Idee der multiprofessionellen Teams ist in der öffentlichen Debatte der letzten Wochen zu Unrecht verbrannt worden, denn damit ließen sich erheblich Personalkosten sparen. Mit dem Nebeneffekt nicht von Qualitätseinbußen, sondern einer Entlastung des pädagogischen Personals.
Die Freibeträge für Geschwisterkinder halten wir für gesetzeskonform und angemessen. Ihre Erhöhung wäre, wie eine zusätzliche Staffelung der Gebühren nach U3 vs. Ü3 übrigens auch, eine Umverteilung innerhalb des Systems, die zu Lasten anderer Familien ginge. Sie ist daher für uns kein prioritäres Ziel, kann aber erwogen werden, wenn aus der Elternschaft heraus ein solcher Wunsch artikuliert wird. Dann würden wir prüfen, ob das (inklusive der Fallzahlen und Belastungseffekte) sinnvoll darstellbar ist. Falls ja, dann wäre für uns der Kampf um eine politische Mehrheit dafür im Stadtrat selbstverständlich. Aber auch nur dann.
Wann konkret wollen Sie eine kitagebührenfreie Stadt erreichen? Welche Mittel erwarten Sie dazu von Land und Bund? Wie wollen Sie konkret auf Land und Bund einwirken um diese Mittel zu erreichen? Warum haben Sie das ggf. nicht bereits getan, als Sie die Möglichkeit dazu hatten?
Eine Gebührenfreiheit des Systems Kita halten wir auf absehbare Zeit für unrealistisch, und zwar auf allen Politikebenen. Zielführender erscheint uns, die zusätzlichen Belastungen der Eltern nicht ausufern zu lassen – also z.B. die Essenspauschale nicht durch überzogene Forderungen immer weiter in die Höhe zu treiben, die Erhöhung der Hortkostenpauschale wieder zurückzunehmen, usw.
Wie stehen Sie zu einem evtl. aufzubauenden Personalpool für Springerstellen im Erzieherbereich durch den Ausfälle bei Krankheit oder Beschäftigungsverbot abgefangen werden können?
Kinder brauchen Bezugspersonen. Die anderen Erzieher derselben Einrichtung sind ihnen viel näher als es ein Springer je sein kann. Mit der zu häufig praktizierten Köfferchen-Methode wäre den Kindern pädagogisch kein Gefallen getan. Daher soll ein Springer-Pool nur die letzte Notfallmaßnahme für Probleme sein, die anders dauerhaft nicht zu bewältigen sind, aber noch keine Neueinstellung rechtfertigen. Mehr als 2-3 Personen sollten dafür stadtweit nicht geplant werden, und diese sollten im Regelfall fest an einer Einrichtung beschäftigt sein und nur im Notfall von dort abgezogen werden (idealerweise nur halbtags). Unser Vorschlag ist hier ein Stufenplan, dessen jeweils nächste Stufe erst dann greift, wenn die vorherige gar nicht (mehr) funktioniert:
(1) bis 28 Kranktage intern abfangen (Einrichtung / Träger)
(2) Entlastung der verbleibenden Pädagogen durch zusätzliche Assistenzkraft (Stadt)
(3) Pädagoge als Springer (Stadt)
(4) Neueinstellung (Einrichtung / Träger)
Welche Maßnahmen können aus Ihrer Sicht umgesetzt werden, damit Jena für Familien mit Kindern lebenswert ist?
Jena ist bereits eine familienfreundliche Stadt. Uns geht es darum, dass das auch so bleibt. Dazu wollen wir die „weiche“ Infrastruktur unserer Stadt (Kultur, Bildung, Sport) in all ihrer Breite erhalten – etwa durch einen zweiten Ring für Förderung kleiner Vereine und Projekte im sonst auf die großen Jugendzentren fokussierten Jugendförderplan. Junge Familien mit Kindern und noch nicht allzu üppigem Gehalt stehen im durch Knappheit geprägten Jenaer Wohnungsmarkt oft in direkter Konkurrenz zu studentischen WGs. Da sind Insellösungen (z.B. nur studentisches Wohnen oder Sozialwohnungsbau) nicht der richtige Weg, sondern die Stadt muss mehr Wohnraum in allen Segmenten verfügbar machen. Wir alle wollen einen stark aufgestellten ÖPNV. Gerade Familien mit Kindern haben oft kurze Hin- und Rückfahrten, daher wäre die Möglichkeit wichtig, das mit einem Ticket zu schaffen statt zwei für die Hin- und Rückfahrt zu brauchen.
Wir werden diesen Vorschlag in der neuen Legislatur erneut machen. Außerdem werden Familien mit Kindern immer besonders stark auch auf einen gut funktionierenden Individualverkehr angewiesen bleiben. Ein Kind in die Kita, dann das andere zur Schule bringen, dann selbst zur Arbeit fahren – da können viele aus Zeitgründen nicht jedes Mal auf den nächsten ÖPNV-Anschluss warten, sondern entscheiden sich doch für das Auto. Familien werden also von dem verkehrspolitischen Paradigmenwechsel, den wir wollen, besonders profitieren: keine Gängelung des Individualverkehrs.
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