(i-r-j) - War es eine oder war es keine? Die am letzten Mittwoch zu einer offiziellen Stadtratssitzung umdeklarierte Informationsveranstaltung des Oberbürgermeisters ist noch nicht zu Ende. Presse wie Stadtratsmitglieder und die Bürger diskutieren heftigst über das, was am 6. Juli 2011 nichtöffentlich im Rathaus passierte.
Thema war der Weiterverkauf von Anteilen an den Stadtwerken Energie Jena-Pößneck. Die Einladung zu der Veranstaltung erfolgte schriftlich durch Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter; hierbei wäre jedoch in keinester Weise etwas von einer "Statdratssitzung" zu lesen gewesen, so berichten es Stadtratsmitglieder. Ebenso hatte sich Sabine Hemberger, die Vorsitzende des Stadtrates, am 30. Juni 2011 (zum Ende der letzten Sitzung) bei ihren Stadtratskolleginnen und Kollegen verabschiedet, eine schöne Sommerpause gewünscht und nichts davon erwähnt, dass es nur eine Woche später schon die nächste Sitzung des Stadtrates geben solle.
Wie die TLZ am Montag schrieb, habe es für die Veranstaltung vor einer Woche im Rathaus zudem keine fristgerechte Einladung als Stadtratssitzung gegeben, weshalb an diesem Abend nur knapp 20 Stadtratsmitglieder anwesend waren. Trotzdem habe Martin Pfeiffer, der Leiter des Fachdienstes Recht der Stadt Jena, unvermittelt Frau Hemberger nach vorne gebeten, um die Veranstaltung als Stadtratssitzung zu leiten. Widerspruch der Anwesenden oder der Vorsitzenden habe es, so die TLZ, nicht gegeben.
Allerdings habe sich Unsicherheit breit gemacht, weshalb die Mitglieder des Stadtrates den Saal nicht einfach verlassen hätten. Kurzum: Die "Sitzung" wurde von Frau Hemberger eröffnet, es wurde über den Verkauf der Anteile an den Stadtwerken Energie diskutiert und abschließend auch abgestimmt. Soweit der Bericht der TLZ, die weiter schreibt, dass diejenigen Stadträte, die nicht anwesend waren (aber anwesend gewesen wären, wenn sie von einer "echten" Stadtratsstitzung gewusst hätten), sich nun in ihren Rechten beschnitten fühlen. Zwei Fraktionen des Stadtrates haben, so die TLZ, inzwischen sogar Anfragen an das Landesverwaltungsamt in Weimar gerichtet.
Dabei erhellt ein Blick in die Thüringer Kommunalordnung die Situation erheblich. In § 36 der ThürKO heißt es zur Beschlussfähigkeit: "(...) Der Gemeinderat ist beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder und nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu ladende Personen ordnungsgemäß geladen sind und die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist." Es kann ergänzend festgehalten werden, dass der Jenaer Stadtrat 46 Mitglieder hat und erst dann beschlussfähig hätte sein können, wenn genau vor einer Woche mindestens 24 stimmberechtigte Mitglieder anwesend gewesen wären, was nicht der Fall war.
Die TLZ berichtete am Montag abschließend, dass Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter, von mehreren abwesenden Mitgliedern des Stadtrates auf die Vorgänge am lezten Mittwoch angesprochen, erklärt habe, nicht er, sondern sein Fachdienstleiter (Anm.: und langjähriger Rechtsamtsleiter) Herr Pfeiffer habe die Entscheidung getroffen, die Informationsveranstaltung zur Stadtratssitzung umzudeklarieren. Heute meldete sich der Oberbürgermeister nochmals in der TLZ zu Wort.
Er selbst sei "überrascht gewesen von Pfeiffers Vorstoß", so OB Schröter wörtlich, zumal er selbst von einer Informationsveranstaltung ausgegangen sei. Trotzdem sehe er keinen Grund die "durchaus nachvollziehbare Entscheidung" seines Fachdienstleiters zu beanstanden. Eine "öffentliche Schelte hat er nicht verdient", so der OB weiter in der TLZ vom heutigen Tag.
Man darf also gespannt sein, wie die Angelegenheit weitergeht. Informationen zu regulären Stadtratssitzungen erhält man wie immer auf unserer Internetseite www.stadtratlive.de und die aktuelle Tagesordnung einer "echten" Stadtratssitzung kann man sich HIER ansehen.
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