Donnerstag, 17. November 2011

DIE "V"-AFFÄRE (II): Die bisher bekannten Taten der Terrorzelle "NSU" in der Analyse

(lsn) - Was ist bisher über die Taten der "NSU" bekannt? Banküberfälle, Morde und Bombenanschläge werden der Terrorzelle zur Last gelegt: insgesamt 26 Taten. Verdichten sich diese Taten bzw. ihre Termine zu einem Schema? Dieser Frage gingen im Auftrag von Lichtstadt.Netz mehrere Studierende der FSU und der Fachhochschule Jena nach mit folgendem Ergebnis, das auch Fragen aufwirft:

Die zur Last gelegten MORDE und BOMBENANSCHLÄGE:

Die ersten beiden Morde geschahen beide in Nürnberg: am 09.09.2000 und (neun Monate später) am 13.06.2001. In die Zeitunterbrechung zwischen Mord Nummer 1 und Mord Nummer 2 fiel der Sprengstoffanschlag auf ein Kölner Lebensmittelgeschäft am 19.01.2001; die Sprengfalle wurde dort allerdings bereits kurz vor dem Jahresende 2000 hinterlassen.

Der dritte Mord wurde nur 14 Tage nach dem zweiten Mord verübt, und zwar am 27.06.2001 in einem völlig anderen Teil Deutschlands: er geschah 460 km von Nürnberg entfernt in Hamburg. Der darauf folgende vierte Mord wurde dann zweieinhalb Monate später, am 29.08.2001, in München verübt (wiederum 610 km von Hamburg entfernt). - Dann erlebte die Welt die Anschläge des 11. Septembers 2001 und in dessen Zuge auch eine verstärkte Polizeipräsenz in Deutschland.

Die, der "NSU" zur Last gelegte, Mordserie wurde 30 Monate nach dem vierten Mord fortgesetzt mit Mord Nummer 5 und zwar am 25.02.2004 in Rostock, einem Tatort, der rund 660 Kilometer von München entfernt ist. In die Zeitunterbrechung zwischen Mord Nummer 5 und Mord Nummer 6 fiel die Explosion einer Nagelbombe in der Kölner Keupstraße am 09.06.2004.

Exakt ein Jahr (!) nach dem Nagelbombenanschlag in Köln (bzw. 16 Monate nach Mord Nummer 5) folgte am 09.06.2005 Mord Nummer 6, erneut in Nürnberg, sechs Tage später, am 15.06.2005, der siebente Mord, erneut in München. Nach einer Pause von zehn Monaten folgten die Morde Nummer 8 und 9 in kurzem Zeitabstand: am 04.04.2006 in Dortmund und am 06.04.2006 in Kassel. Interessant ist, dass
die Fahrtrichtung von Dortmund über Kassel relativdirekt zurück in Richtung Zwickau führt.

Etwa ein Jahr später, am 25.04.2007, geschah der Polizistinnen-Mord in Heilbronn, wobei die Täter im Grunde von einem Doppelmord ausgehen mussten, denn sie nahmen wohl an, der damals angeschossene Polizist sei tödlich verletzt worden.

Hier noch einmal alle Daten der bislang zur Last gelegten Morde und Bombenattentate in der Übersicht:

09.09.2000
19.01.2001
13.06.2001
27.06.2001
29.08.2001
----------------
25.02.2004
09.06.2004
09.06.2005
15.06.2005
04.04.2006
06.04.2006
25.04.2007

In der Analyse fällt erstens auf, dass oft zwei Taten kurz hintereinander begangen wurden; eine Vorgehensweise, wie sie sich bei der noch folgenden Analyse der Banküberfälle bestätigen wird.

Zweitens ist die zeitliche Pause zwischen Ende August 2001 und Februar 2004 auffällig, die aber tatsächlich mit der verstärkten Polizeipräsenz nach den Terroranschlägen zu tun haben kann.

Drittens geschahen alle dieser Taten seit 2004 jeweils in der ersten Jahreshälfte.

Zudem: Es gibt kein Jahr der Aktivität, in dem "nur" ein mal Terror ausgeübt wurde, außer 2000 (aber hier wurde die Sprengbombe noch im Dezember 2000 deponiert) und 2007.

Am Augenscheinlichsten ist jedoch: Am 09.06.2004 explodiert die Bombe in Köln. Es folgt darauf eine Pause ohne Taten von exakt einem Jahr. Dann schlugen die Täter wieder zu: am 09.06.2005. Wollten sie mit dem Tatzeitpunkt im Juni 2005 ein Zeichen für die Ermittlungsbehörden setzen. An einen Zufall, kann man dabei fast nicht glauben. Wollte die Terrorzelle den Polizeibehören signalisieren, dass das Eine mit dem Anderen zusammenhängt? Auffällig ist auch, dass kein Banküberfall in diese Pause von einem Jahr fällt.

Die zur Last gelegten BANKÜBERFÄLLE:

Die ersten beiden Banküberfälle, die der "NSU" vorgeworfen werden, geschahen im Herbst 1999 kurz hintereinander in Chemnitz: am 06.10. und am 27.10.1999. Erneut in Chemnitz ereignete sich Banküberfall Nummer 3 und zwar am 30.11.2000. Am 05.07.2001 folgte der erste Banküberfall in Zwickau, am 25.09.2002 ein Überfall erneut in Chemnitz und am 23.09.2003 ein weiterer Überfall in Zwickau.

Chemnitz war auch weiter das Ziel der "NSU" und zwar mit Überfall Nummer 7 am 14.05.2004, mit Nummer 8 am 18.05.2004 und Nummer 9 am 22.11.2005. Am 05.10.2006 folgte erneut ein Banküberfall in Zwickau (= Nummer 10) und am 07.11.2006 sowie am 18.01.2007 zwei Überfälle in Stralsund an der Ostseeküste (= Nummern 11 und 12).

Danach fogten mehr als viereinhalb Jahre ohne einen zuzuordnenden Banküberfall, bevor die Täter am 07.09.2011 in Arnstadt (= Nummer 13) und am 04.11.2011 in Eisenach (= Nummer 14) Sparkassen überfielen.

Hier noch einmal alle Daten der zur Last gelegten Bank- und Sparkassenüberfälle in der Übersicht:

06.10.1999 Chemnitz I
27.10.1999 Chemnitz II
30.11.2000 Chemnitz III
05.07.2001 Zwickau I
25.09.2002 Chemnitz IV
23.09.2003 Zwickau II
14.05.2004 Chemnitz V
18.05.2004 Chemnitz VI
22.11.2005 Chemnitz VII
05.10.2006 Zwickau III
07.11.2006 Stralsund I
18.01.2007 Stralsund II
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07.09.2011 Arnstadt
04.11.2011 Eisenach

Hierbei fällt als erstes die Häufung von Überfällen in bestimmmten Städten auf: 7 in Chemnitz, 3 in Zwickau und 2 in Stralsund.

Arnstadt und Eisenach sind hiervon völlig losgelöst - auch wegen der mehr als dreieinhalbjährigen Unterbrechung zwischen Überfall Nummer 12 und Überfall Nummer 13.

Ebenfalls auf dem System der Täter brechen die Überfälle in Stralsund aus, die rund 400 Kilometer nördlicher als alle anderen überfallenen Orte liegen.

In der Analyse fällt aber auf, dass auch hier oft zwei Taten kurz hintereinander begangen wurden: Überfall 1 und 2, Überfall 7 und 8, Überfall 10 und 11 und Uberfall 13 und 14.

Zusammenfassung der Daten der 26 Taten in der Übersicht:

27.01.1998 Die Mitglieder des "NSU" tauchen unter
06.10.1999 Chemnitz I
27.10.1999 Chemnitz II
09.09.2000 NÜRNBERG
30.11.2000 Chemnitz III
19.01.2001 KÖLN (Bombe)
===> Anmietung der ersten Wohnung in Zwickau
05.07.2001 Zwickau I
13.06.2001 NÜRNBERG
27.06.2001 HAMBURG
29.08.2001 MÜNCHEN
25.09.2002 Chemnitz IV
===> Haftbefehl aus Thüringen erlischt
23.09.2003 Zwickau II
25.02.2004 ROSTOCK
14.05.2004 Chemnitz V
18.05.2004 Chemnitz VI
09.06.2004 KÖLN (Bombe)
09.06.2005 NÜRNBERG
15.06.2005 MÜNCHEN
22.11.2005 Chemnitz VII
04.04.2006 DORTMUND
06.04.2006 KASSEL
05.10.2006 Zwickau III
07.11.2006 Stralsund I
18.01.2007 Stralsund II
25.04.2007 HEILBRONN
===> Anmietung der neuen Wohnung in Zwickau
07.09.2011 Arnstadt
04.11.2011 Eisenach

Was auf den ersten Blick erstaunt ist die zeitliche Lücke zwischen dem Mord an der Polizistin im April 2007 und den Banküberfällen im November 2011. Hierbei ist vielleicht auch von Bedeutung, das die Terror-DVD wahrscheinlich ebenfalls schon 2007 entstanden ist.

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