(lsn) - Seit vorletzter Woche steht der Name "NSU" nicht nur für Automobile, Motor- und Fahrräder der der gleichnamigen Firma aus Neckarsulm, sondern auch noch für eine rechte Terrorzelle, die sich selbst "Nationalsozialistischer Untergrund" nannte. Im Zusammenhang, was Tag für Tag an Neuem über die "NSU"-Terrorzelle ans Tagslicht kommt, gibt es Merkwürdigkeiten und Fragen. Wir fassen deshalb die Ereignisse seit dem 04. November 2011 noch einmal zusammen.
Das war die erste Woche und dies ist die zweite Woche:
Freitag, 11. November 2011:
Es wird offiziell bekannt gegeben: die Mordwaffe der sog. "Döner"-Mordserie ist gefunden. Außerdem erfährt die Öffentlichleit: Es ist eien DVD gefunden worden, die auf einen rechtsradikalen, ausländerfeindlichen Hintergrund hinweist und auch Hinweise auf den Mord an der Heilbronnen Polizistin enthält. Bei der Linkspartei ist fast zeitgleich die erste verschickte DVD eingegangen, die noch am gleichen Tag den Ermittlungsbehörden übergeben wird.
Die beteiligten Staatsanwaltschaft und Polizeibehörden müssen jetzt annehmen, dass sich die DVD und ihre Botschaft in Kürze in den Medien wiederfinden wird. Die Bundesanwaltschaft übernimmt den Fall. Sie vermeldet: "Nach den bisherigen Erkenntnissen verfügten die verstorbenen Männer wie auch ihre mittlerweile verhaftete Gefährtin Beate Z. bereits Ende der 1990er Jahre über Verbindungen zu rechtsextremistischen Kreisen. Bei der Durchsuchung der Zwickauer Wohnung wurde außerdem Beweismaterial sichergestellt, das auf eine rechtsextremistische Motivation der Mordtaten hindeutet."
Samstag, 12. November 2011:
In den Medien gibt es Gerüchte um die sichergestellten Beweismittel, von einer eine DVD ist die Rede, der Name "Nationalsozialistischer Untergrund" fällt. Der BILD-Zeitung wird ein Screenshot der DVD zugespielt: darauf ist die Trickfilmfigur Paulchen Panther zu sehen, die auf die Mordserie hinweist. Alle medien vermelden nun den Namen "NSU". Einen Tag später wird Günther Jauch in seiner Sendung in der ARD weitere Screenshots der DVD zeigen. Am Samstag Nachmittag gibt die Bundesanwaltschaft bekannt, dass in den Trümmern des Hauses (siehe Foto oben) insgesamt vier DVDs gefunden worden sind; diese würden ausgewertet heißt es.
Sonntag, 13. November 2011:
In Hannover wird Holger G. festgenommen, der Mitglied der ehemaligen "Kammeradschaft Jena" war. Man wirft ihm die Unterstützung und Mitgliedschaft im "NSU" vor. Erstmals wird in den Medien mitgeteilt, die Qualität des "NSU"-Videofilms sei "professionell" und "fachmännisch".
BILD am Sonntag vermeldet, Beate Zschäpe wolle in die sog. "Kronzeugenregelung" aufgenommen werden. Die 36-Jährige solle in der Untersuchungshaft erklärt haben, sie wolle nur dann aussagen, wenn ihr als Kronzeugin Strafmilderung zugesichert werde.
Montag, 14. November 2011:
Nachdem im Wohnwagen von Eisenach die Bahncards von André E. und dessen Frau Susann gefunden wurden, sowie im Schutt der Zwickauer Wohnung ein Flyer von E.s Videomontage-Firma, wird er in den Kreis möglicher Mitwisser aufgenommen. Er könnte das Videomaterial der DVD bearbeitet haben. Gegen Holger G. wird Haftbefehl erlassen. Die Begründung: "Er soll den drei übrigen „NSU“-Mitgliedern seinen Führerschein und seinen Reisepass überlassen und ihnen dadurch ermöglicht haben, weiterhin verborgen zu agieren und rechtsextremistische Gewalttaten zu verüben. So wurden mit seinen Ausweispapieren Wohnmobile für die Gruppierung angemietet, darunter auch das Fahrzeug, das bei dem Mordanschlag auf die Heilbronner Polizisten benutzt worden sein soll."
Dienstag, 15. November 2011:
Der Ermittlern fällt die Vornamensidentität zwischen E.s Frau und dem Decknamen "Susann Dienelt" auf. Die Zwickauer Polizei hat außerdem im Umfeld von Zwickau eine weitere Frau ermittelt, die Mandy S. heißt. Es wird festgestellt, dass Beate Zschäpe oft Besuch von einer Frau ähnlichen Aussehens erhalten hatte; außerdem hatte Zschäpe im Untergrund den Decknamen "Mandy Struck" benutzt. Hinweise, dass neben Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Holger G. auch die beiden restlichen Mitglieder der ehemaligen "Kameradschaft Jena" in die "NSU" verwickelt sind, verdichten sich: ihre Namen André K. und Ralf W.
Das ARD-Magazin FAKT berichtet von einem weiteren mutmaßlichen Unterstützer der Terrorzelle. Sein Name steht auf den beiden Mietverträgen für Wohnungen in Zwickau, die in den letzten Jahren von dem Trio bewohnt wurden.
Mittwoch, 16. November 2011:
Die Bundesanwaltschaft gibt bekannt, dass man in der Wohnung einen Datenträger gefunden hat, der einer Liste mit 88 Namen von Personen und Organisationen enthält. Aßerdem gibt es Hinweise darauf, dass weitere Personen verdächtigt werden, die "NSU" unterstützt zuhaben. Die Behörde bestätigt dies nicht, vertraulich heißt es aber, die Ermittlungen erstreckten sich auf das gesamte Umfeld der sogenannten "Zwickauer Zelle". Eine offizielle Bestätigung erfolgt erst zwei Tage später bei der Bundepressekonferenz.
Die Medien meldenan diesem Mittwoch zudem, Beate Zschäpe wolle Aussagen. Erste Pannen der Ermittlungsbehörden bei der Verfolgung des 1998 untergetauchten Trios werden bekannt.
Donnerstag, 17. November 2011:
Beate Zschäpe verweigert weiterhin die Aussage. Sie wird nach Köln verlegt, wechselt den Anwalt. Lichtstadt.Netz veröffentlicht die Ergebnisse einer chronologischen, vergleichenden Betrachtung der Verbrechen, die der "NSU" bisher zur Last gelegt wurden; Studierende der FSU und der FH Jena hatten sie erstellt. Auffällig wird dabei:
1.) die zeitliche Lücke nach dem Mord in Heilbronn 2007 und dem Bankraub in Arnstadt im September 2011. Dies ergab drei Fragen: Was machten die Mitglieder der "NSU" viereinhalb Jahre lang? Weshalb mordeten, raubten, bombten sie nicht mehr? Warum agierten sie mit dem Überfall in Arnstadt erstmals in Thüringen?
2.) Im zeitlich engen Tatablauf der "NSU" bis April 2007 gibt es eine Pause von exakt einem Jahr: vom 09.06.2004 bis zum 09.06.2005. Wollte die "NSU" damit ein Zeichen setzen, dass es eine Verbindung zwischen den Bombenanschlag und der Mordserie gibt?
3.) Weitere Auffälligkeiten: Oft wurden zwei Taten unmittelbar hintereinander begangen.
4.) Sämtliche Morde und Anschläge (mit Ausnahme des 25.02.2004) sind in Westdeutschland begangen worden.
5.) Sämtliche Bank- und Sparkassenüberfälle wurden in Ostdeutschland begangen.
6.) Bei den Banküberfällen fallen die beiden Überfälle in Stralsund völlig aus dem Raster.
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