(lsn) - Vor 15 Jahren waren sie ganz legal aktiv, protestierten mit Gleichgesinnten lautstark, als Holocaust-Leugner Manfred Roeder in Erfurt der Prozess gemacht wird: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe (oben ein Zeitungsausschnitt mit Fotos von Böhnhardt und Mundlos aus dem Jahre 1996). Zu Dritt seien sie immer aufgetaucht, in Erfurt, zu Kameradschaftstreffen in Schwarza und Gorndorf, rechten Rockkonzerten, so wird berichtet. Ebenfalls immer mit dabei war der rote Ford Kombi mit dem auffälligen Kennzeichen "J - AH 41".
Der arbeitslose Uwe Böhnhardt sei schon damals durch seine kompromisslose Brutalität aufgefallen, so wird erzählt, stach - fast 1 Meter 90 groß - ohnehin aus der Menge hervor. Er wird nicht einmal fünf Jahre später zum kaltblütigen Mörder des "Nationalsozialistischen Untergrunds" werden. Bei Uwe Mundlos, dem Professorensohn aus guten Hause, fällt im Ilmenau-Kolleg, wo er seit 1995 sein Abitur nachmachen will, vor allem seine Überpünktlichkeit und Pedanterie auf. Und seinen Noten können sich sehen lassen: Mathe, Physik, Chemie - alles mit der Note 1. Aus ihm wird der Bombenbauer und Stratege des "NSU".
So unterschiedlich wie die beiden bereits sind, komplettiert eine Frau das Mordtrio, der man eine rechtsradikale Gesinnung kaum zutraut: Beate Zschäpe, geborene Apel. Gelernte Gärtnerin, zierlich, schlank, tierlieb, mit dunkelblonden, schulterlangem Haar. Hält sich meistens im Hintergrund, sagte selten ihre Meinung, fällt nie durch rechtsradikale oder ausländerfeindliche Parolen auf. Und doch ist sie der Schlüssel zum schrecklichen Erfolg des NSU, hält über Jahre gegenüber den direkten Nachbarn die harmlose Fassade des Trios aufrecht.
Schon zu Zeiten, als Böhnhardt und Mundlos noch in der Legalität aktiv war, unterstützte sie ihre beiden Freunde, wo es nur ging. Zschäpe mietete im Jenaer Stadtteil Burgau die Garage an, in der das Trio seine vier zündfähigen Bomben bastelte, soll mal mit dem einen, mal mit dem anderen ein Verhältnis gehabt haben. In Jena gründen die drei die "Kameradschaft Jena", eine elitäre Gemeinschaft, der gerade einmal sechs Mitgliedern angehörten. Vier davon sollen den Kern der Terrorgruppe "NSU" gebildet haben, das vermutet die Bundesanwaltschaft: Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Tschäpe und Holger G. (der inzwischen bei Hannover verhaftet wurde). - Nur vier dieser sechs Personen?
Die beiden anderen Mitglieder der eingeschworenen "Kameradschaft" waren André K. (bekannt als Organisator der rechten "Fest der Völker"-Musik- und Propagandaveranstaltungen) und Ralf W., der 1998 (und unmittelbar nach dem Untertauchen des Trios) der NPD beitritt und später als stellvertretender Landesvorsitzender fungiert.
2002 erwerben Ralf W. und André K. ein Gebäude in Jena-Lobeda, das schnell unter dem Namen "Braunes Haus" bekannt wird und in dem immer wieder Veranstaltungen der rechten Szene stattfinden. Es ist nur wenige hundert Meter von den Garagen in Burgau entfernt, in denen vier Jahre zuvor das Bombenlager war und 1,4 Tonnen des Sprengstoffs TNT gefunden wurden.
Woher das Geld zum Erwerb des Hauses kam, ließen die beiden offen. Spekuliert wurde seinerzeit über "Geldgeber" aus der rechte Szene. Bekannt ist, dass das Trio 2001 in Zwickau eine Wohnung bezog, die Zschäpe angemietet hatte, angenommen wird, dass Mundlos und Böhnhardt da schon drei Banken überfallen und beraubt hatten. Auch die ersten der "Döner-Morde" fallen in diese Zeit.
Kann es tatsächlich sein, dass gerade André K. und Ralf W. nichts vom Verbleib und den Aktivitäten ihrer vier Kameraden wussten? Und wer war es, der Beate Zschäpe Tage lang in Jena versteckte, bevor sie sich einen Anwalt nahm und sich der Polizeidirektion stellte? - Diese Fragen klären derzeit die Ermittlungsbehören und die Bundesanwaltschaft.
Aber es gibt auch noch ganz andere Fragen, die u. a. den Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, beschäftigen: Er zeigte sich überrascht, (Zitat) "wie schnell über zwei Dutzend Aktenordner mit Erkenntnissen über die Täter präsentiert werden konnten". Überaschend schnell sei auch die Tatwaffe aus den "Döner-Morden" im Schutt der zerstörten Wohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße aufgetaucht und zugeordnet worden, darauf weisen andere Polizisten hin. Hinzu komme: Der Hinweis, der Mordfall der getötetem Polizistin aus Heilbronn sei "aufgeklärt", sei ebenso auffallend schnell gegeben worden. Und in der Thüringer Landeszeitung fragt man nach der speziellen Rolle des Verfassungsschutzes im Freistaat und listet die dortigen Skandale der letzten 15 Jahre auf.
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