Sonntag, 26. Februar 2012

"NSU": Das Puzzle setzt sich langsam zusammen (2) - Welche Rolle spielte André E. im Gefüge des "Nationalsozialistischen Untergrunds"?

(lsn/BamS) - Ein bereits im vergangenen Jahr festgenommener mutmaßlicher Unterstützer der Neonazi-Terroristen soll, so berichtet es die "BILD am Sonntag" heute unter Berufung auf Ermittlungskreise, als vierter Terrorist zum bisherigen "NSU"-Trio Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gehört haben.

Der vom Generalbundesanwalt beschuldigte André E. (der früher eine Firma für Videoproduktion leitete und eine Zeit lang führendes Mitglied der rechtsextremen "Weißen Bruderschaft Erzgebirge" gewesen sein soll) habe nicht nur den bekannt gewordenen Videofilm hergestellt, mit dem sich die "NSU" zu den Morden an den neun Kleinunternehmern und zum Mordanschlag auf die beiden Heilbronner Polizisten bekannt hatte. "BamS" berichtet, die Hinweise hätte sich nun verdichtet, dass E. weit mehr mit dem Terrortrio zu tun gehabe hätte, als bisher bekannt.

So gäbe es inzwischen Beweise, dass André E. die Anmietung von Wohnungen für die "NSU" organisiert und zudemfür das Trio Wohnmobile angemietet habe. Auch die beim Terrortrio gefundenen Bahnkarten seien nicht zufällig von André E. erworben worden. E. war Mitglied der "Brigade Ost" aus Johanngeorgenstadt und habe so den Kontakt zu weiteren Unterstützern hergestellt, wie "BamS" heute berichtet.

Weiter heißt es in dem Bericht, Beate Zschäpe habe - direkt nachdem sie die Wohnung in Zwickau in Brand gesetzt habe - mehrfach bei André E. auf einem seiner drei Handys angerufen und ihn um Hilfe gebeten. Von diesem Handy aus sei auch Ralf Wohlleben angerufen worden. Direkt nach E.s Festnahme kam es seinerzeit zu umfangreichen Wohnungsdurchsuchungen in ganz Deutschland, so auch in Jena, wobei die Polizei hier die Wohnung von Ralf Wohlleben durchsuchte. Wohlleben war damals zwar (noch) nicht festgenommen worden, wohl habe man aber das Handy des ehemaligen stellvertretenden Landesvorsitzenden der NPD, beschlagnahmt.

Die Ermittlungsbehörden seien inzwischen überzeugt davon, so "BamS", dass der 32-Jährige der Einzige gewesen sei, der in die Lebensumstände des Trios nahezu komplett eingeweiht war. "Er ist unser wichtigster Beschuldigter in dem Verfahren", bekräftigt ein Fahnder gegenüber "BamS" und fügt in der heutigen Ausgabe an: "André E. könnte der vierte Mann der Bande sein."

So gäbe es inzwischen kaum noch Zweifel, dass E. als eine Art Schutzschirm für das Terror-Trio fungiert habe, der sich sogar um Freizeit, Erholung und familiäre Anbindung der "NSU"-Terroristen gekümmert habe. So sei jede Woche donnerstags entweder E. oder dessen Ehefrau Susann oder beide mit den gemeinsamen Kindern auf Kaffee und Kuchen zu Besuch in die Zwickauer Wohnung gekommen. Auch das Wohnmobil für den Sommerurlaub des Trios auf der Ostseeinsel Fehmarn habe E. gebucht.

Ohne diese umfassende Absicherung durch Zschäpe und E., so würde es ein Ermittlungebericht besagen, wären die beiden mutmaßlichen Killer Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos vermutlich schon früher entdeckt worden. "Wir gehen davon aus, dass André E. in die Pläne der Gruppe eingeweiht war und als Logistiker fungiert hat", so ein Ermittler gegenüber "BamS".

Die Ermittlungen seien schwierig gewesen, heißt es, da E. Handys zur Verfügung hatte, mit denen er über ausländische Telefongesellschaften kommuniziert habe, auf deren Daten deutsche Ermittler nicht ohne Weiteres zugreifen konnten. Inzwischen lägen aber alle relevanten Telefondaten vor und man wisse, wann E. und mit wem alles er telefoniert habe oder via SMS verkehrte. Zschäpe jedenfalls soll André E.s Handy am 4. November 2011 um 15.19 Uhr, 15.24 Uhr und um 15.27 Uhr angerufen haben, ehe er das Gespräch annahm.

Keine Kommentare: