Freitag, 14. Dezember 2012

"Ich will nicht ein Stück Musik machen, so wie man ein Lied schreibt. Bei mir dauert das." - Ein Gespräch mit Rainer Sauer (Teil 2/4)


(lsn) - [ Fortsetzung von Teil 1 ] Elektromusik ist nicht gleich Elektromusik und einen Synthesizer zum Klingen zu bringen reicht heute nicht mehr aus, um Fans der Elektromusik zum Kauf von Tonträgern oder zum Download von Alben zu bewegen. Das weiß auch Rainer Sauer, der seit mehr als zwanzig Jahren in der Lichtstadt zuhause ist, früher im Westen Deutschlands erfolgreicher Elektronik-Rock Musiker und ein bekannter Radiomoderator war und heute deutschlandweit als einer der renomiertesten Künstler in seinem Genre gilt. Barbara Nowak sprach mit Rainer Sauer über seine Musik, seine Kontakte, seine Pläne und Wünsche.



BN: Dieser Tage ist ein neuer Synthesizer auf dem Markt erschienen, der "RayBlaster" und an dem haben sie mitgewirkt mit Ihrem "Institut für Klangforschung" in Jena. Wie muss man sich so eine Mitarbeit vorstellen und wo findet man dieses Institut?

RS: Zuerst einmal ist das "Oskar Sala Institut für Klangforschung", so ist der volle Name, keine große Sache, also keine Landeseinrichtung oder so etwas ähnliches...

BN: ...wie einem der Name suggerieren könnte...

RS: ...ganz genau. Es steht unter meiner privaten Leitung und ist Lehr- oder Forschungseinrichtung im kulturell-wissenschaftlichen Sinn. Die am Institut beteiligten Personen entwickeln im privaten Auftrag oder für Firmen entweder elektronisch erzeugte Klänge oder betreiben, die der Name schon sagt, Klangforschung. So gibt es zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit der Firma "Tone2" von Bastiaan Noord und Markus Krause. Mit Bastiaan, der in den Niederlanden lebt, habe ich regelmäßigen Kontakt, seit dem er den "Saurus"-Synthesizer herausgebracht hat und Markus, der bei Rosenheim lebt, ist als Dipl. Inf. Univ. einer der intelligentesten Musiksoftware-Designer, die man sich denken kann. Mit dem "RayBlaster" ist ihm nun der "große Wurf" gelungen, so will ich es jetzt einmal nennen: ein völlig neuartiges elektronisches Musikinstrument mit völlig unerwarteten Klangeigenschaften und -möglichkeiten. Das wird auf der Musikmesse 2013 sicher noch für Furore sorgen.

BN: Und was war Ihr Anteil daran?

RS: Wir haben am Sounddesign mitgearbeitet. Einige Sounds aus dem Jenaer Institut werden mit der Werksfassung des Synthesizers ausgeliefert, andere kommen im Laufe des nächsten Jahres in den Vertrieb (siehe Video oben).

BN: Wo findet man das "Oskar Sala Institut"?

RS: Vor einigen Jahren hatten meine Frau und ich die Möglichkeit zu unserem Grundstück am Saalbahnhof in Jena weitere Gebäude anzukaufen. In denen ist mittlerweile das Institut untergebracht und ZONO Radio Jena mit seinen Studios angesiedelt.

BN: Kurze Zwischenfrage: Kann man vom Musikmachen leben?

RS: Das hängt von den Ansprüchen ab, die man an das Leben hat. Ich kenne wenige Leute, die mit Musikmachen sich selbst und ihre Familie ernähren können. Und wenn, dann geht das auf Kosten der Lebensqualität, d. h. sie sind viel unterwegs. Man hat mir einmal eine Regel beigebracht, die heißt: "Ein Top-10 Hit ist kein Garant dafür, von Musik leben zu können!". Ich sage das auch ganz klar in Richtung von Leuten, die noch nicht einmal diesen Top-10 Hit gehabt haben.

BN: Also in Richtung von Menschen, die davon träumen, in Castingshows ihr Glück zu machen.

RS: Auch. Ich finde überhaupt Ihre Formulierung "ihr Glück" sehr zutreffend. Man kann mir da gerne widersprechen, aber ich behaupte einmal, dass so gut wie niemand, der bisher eine Castingshow im deutschen Fernsehen gewonnen hat, sein Glück gemacht hat. Die von Stefan Raab betreuten Künstler einmal ausgenommen. Aber ich meine hier die Gewinner. Für die dahinter platzierten interessiert sich schon nach Wochen sowieso kein Mensch mehr.

BN: Sie hatten ja auch einmal eine Nachwuchsförderung beim Hessischen Rundfunk, haben 1985 so die Band CAMOUFLAGE entdeckt. Was hat sich seither verändert?

RS: Man kann die 80er Jahre nicht mit heute vergleichen. Damals wurde noch Musik gemacht mit Kopf und Hand und Herz, ohne Softwareunterstützung, ohne virales Marketing, ohne die Möglicheiten des Internets. Ich habe ja in dieser Zeit selbst meine größten Erfolge feiern dürfen, Damals gab es noch Plattenfirmen, die Leute zur Pflege von "Artist & Repertoire" beschäftigten. Damals wurden Künstler und Musikgruppen noch über Jahre hinweg aufgebaut. Aber mit dem Rückgang der Tonträgerverkäufe ist dies alles aufgegeben worden. Heute kann ein Hype im Internet über Wohl und Wehe eines Künstlers entscheiden. Wie in der Filmbranche auch, muss sich ein Produkt gut verkaufen, bevor man von den gleichen Künstlern ein neues anbietet. Wer gut ist, aber kantig oder fragil, wird fallen gelassen, selbst wenn man mit einem immensen Werbeaufwand versucht hatte ihn aufzubauen. Wie Henry Francois Funke, den ich 2010 in Leipzig kennenlernen durfte und der alle Chancen hatte, eine großartige Karriere hinzulegen, aber an der Nicht-Akzeptanz seines Konzeptes scheiterte. Zu unrecht, denn man hätte ihn weiter puschen müssen und er wäre inzwischen sicherlich ein großer Star. Ich liebe sein Album und seine Musik - das muss ich ganz klar zugeben.

BN: Von Ihnen gibt es inzwischen die Ankündigung von vier neuen Alben in den nächsten Jahren. Weshalb so zeitig und so in die Zukunft gerichtet?

RS: Die Musik ist fast fertig, kann sich aber bis zur endgültigen veröffentlichung immer noch verändern. "Moods", "Leaves" und "Cats" ist eine Trilogie, die aufeinander aufbaut und "Stardust" die Wiederentdeckung alter Kompositionen von mir aus den Jahren 1975 bis 1979, während die Titel der sog. "S"-Trilogie alle auf neuerer Zeit stammen. "Stardust" hat also etwas mit dem Staub zu tun, der sich auf den alten Sachen gebildet hat und bald wird der Äther erkundet, erforscht, ich es im Untertitel ausdrücke. Aber in der Astronomie weiß man, dass ein immer tieferer Blick ins Universum immer frühere Entwicklungen und Konstellationen aufzeigt. Für so etwas braucht man Zeit zur Veröffentlichung und als Hörer für das Kennenlernen von Musik - so will ich es einmal nennen. Und man braucht eine Käufergemeinde, die solche Dinge zu schätzen weiß. Deshalb gibt es 2013 bis 2015 jedes Jahr ein Album der "S"-Trilogie und Ende 2015 dann noch den Sternenstaub gratis dazu, für die Käufer, die alle Alben der "S"-Trilogie besitzen.

[Fortsetzung folgt im Januar 2013 hier in den Lichtstadt.News]

Keine Kommentare: