Mittwoch, 17. Juli 2013

"NSU" - Der Prozess # 25: Der 23. Prozesstag war ein "schwarzer Tag" für Beate Zschäpe - Berichte des Insiders Holger Gerlach belasteten "die starke Frau" schwer!



(schwarz und szabo) - Am Dienstag, den 16.07.2013 wurde ein BKA-Mitarbeiter als Zeuge gehört, der 2011 den damals verhafteten und jetzt mitangeklagten Holger Gerlach vernommen hatte.

Mit Benefizkonzerten und Balladenabenden soll ab 1998 in der rechten Szene für die untergetauchten Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Geld gesammelt worden sein. Das habe der Gerlach erzählt, berichtete der Beamte am 23. Prozesstag dem Oberlandesgericht München. Ganz neu sin diese Informationen nicht, denn bereits vor einiger Zeit hatte der TV-Magazin "Kontrovers" hdes Bayerischen Rundfunks belegt, dass es auffällig viele Kontakte zwischen fränkischen Neonazis und dem Umfeld des "NSU" gab. So sollen sich Ende der 1990er-Jahre Rechtsradikale aus Bayern und Thüringen bei einem Konzert im oberfränkischen Coburg getroffen haben. Damals habe man nicht nur den völkischen Liedern des rechten Barden Frank Rennicke zugehört sondern auch zwischen 3.000 bis 4.000 DM als Spende für den "NSU" eingesammelt haben.

Dem BKA-Beamten zufolge hätten sich entsprechende Infos und Vermutungen durch die Aussagen von Holger Gerlach bestätigt, der "während des Ermittlungsverfahrens umfangreich aussagte". Der ehemalige NPD-Funktionär und heutige Mitangeklagte Ralf Wohlleben, soll die Benefizkonzerte, nach Gerlachs Aussagen, mitorganisiert haben. Währenddem der Beamte die Aussagen von Gerlach wiedergab, fixierte Wohlleben seinen ehemaligen Freund mit scharfen Blicken. Holger Gerlach habe sogar ausgesagt, "führende Köpfe der deutschen Neonazi-Szene" seien über das abgetauchte Trio informiert gewesen: Gerlach selbst habe, eigenen ANgaben zufolge, zum Beispiel mit dem späteren NPD-Bundesvorstandsmitglied Thorsten Heise über Fluchtmöglichkeiten des "NSU" ins Ausland gesprochen.

Gerlach ist im laufenden Prozess wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt, während die Hauptangeklagte Beate Zschäpe unter anderem Mittäterschaft bei den tödlichen Attentaten auf neun Migranten und eine Polizistin vorgeworfen wird, die dem "NSU" zugeschrieben werden. Und über Zschäpe hatte Gerlach in den Vernehmungen des BKA Einiges zu berichten. Bis 2011 unterhielt er Kontakt zu Böhnhardt, Mundlso  und der Angeklagten. In Untersuchungshaft gestand Gerlach um die Jahreswende 2011/2012 "die beiden Uwes und Frau Zschäpe" mit Ausweispapieren, Krankenkassenkarten und Reisepässen sowie Geld beim Leben im Untergrund unterstützt zu haben. Anfang Juni diesen Jahres bestätigte Gerlach diese Aussagen auch vor Gericht - allerdings nicht 'en detail' sondern in Form einer schriftlichen Erklärung; Fragen ließ er nicht zu.

Mit Wohlleben habe er seinerzeit gebrochen, sagte Gerlach dem Beamten, als er eine Waffe zu den drei Terroristen nach Zwickau haben bringen müssen. Der vorsitzende Richter Manfred Götzl gab dem Kriminalbeamten der bei fünf Vernehmungen dabei war, ausgiebig Zeit, alles zu berichten und stellte sehr genaue Nachfragen: Wann gab Gerlach was zu, wann wurde welches Detail besprochen? Der BKA-Beamte stellte dabei gegenüber Götzl kar, dass Holger Gerlach nicht von Anfang an zu allen Sachverhalten die volle Wahrheit gesagt habe.

So habe der Angeklagte anfangs beteuert, die Untergetauchten nur einmal in ihrer langjährigen Wohnung in der Zwickauer Polenzstraße besucht zu haben. Seinerzeit sei er hinter Zschäpe hergegangen, die ihn vom Bahnhof abgeholt habe. Bei einem Vororttermin habe Gerlach die Ermittler allerdings anläßlich einer Nachbegehung "zielstrebig" zum Ziel geführt, obwohl der Weg kompliziert gewesen sei, berichtete der Beamte.

Später habe er ausgesagt, die Wohnung sei "immer aufgeräumt" gewesen, was darauf hingedeutet hätte, dass er doch mehrfach in Zwickau gewesen sei. Auch habe er die Sache mit dem Waffentransport anfangs verharmlost und eingeräumt "lediglich einen Beutel nach Zwickau gebracht" zu haben. Dass Gerlach vor den Ermittlern so sehr darauf bestanden habe, nicht gewusst zu haben, was in dem Beutel war, sei für das BKA ein Hinweis daraf gewesen, "dass er es sicher wusste", wie der BKA-Beamte zu Götzl sagte. Mit seinen Widersprüchen konfrontiert, hätte sich Holger Gerlach am Ende dann zu einer umfassenderen Aussage bereit erklärt und zugegeben, dass "einer der beiden Uwes" nach seiner Ankunft in der Zwickauer Wohnung die vor ihm nach Sachsen gebrachte Waffe durchgeladen habe, dies im Beisein von Beate Zschäpe.

Wusste Ralf Wohlleben, wofür die von Gerlach transportierte Waffe verwendet werden sollte, wollte Götzl vom BKA-Mitarbeiter wissen. Der Kriminalbeamte: Gerlach habe ausgesagt, dass Wohlleben von den Banküberfällen Böhnhardts und Mundlos' wusste. Und von den Morden? Gerlach habe erklärt, dass er selbst von Morden nichs gewusst habe und nicht mehr darüber sagen könne. Ab 2003/2004 habe Wohlleben dann gegenüber Holger Gerlach nichts mehr von den Untergetauchten erzählt. "Ich habe keinen Bock mehr", soll Wohlleben auf Nachfrage gesagt haben (Anmerkung: Das war die Zeit, als der mitangeklagte Ex-NPD Funktionär Karriere in der Partei machte.).

Die drei Untergetauchten wiederum meldeten sich nun von sich aus selbst bei Gerlach, forderten die Ausweispapiere für die Männer und die Krankenkassenkarte für die Hauptangeklagte. Einmal sollen sie erzählt haben, dass sie enttäuscht von Wohlleben seien, weil der sich nicht mehr gemeldet habe, "obwohl sie ihm doch 10.000 Euro gezahlt hatten". Wen Holger Gerlach mit "sie" gemeint habe, fragte Richter Götzl nach. Das habe man Gerlach auch gefragt bei der Vernehmung, antwortete ihm der Beamte, und der Angeklagte habe gesagt "na die beiden Uwes und Frau Zschäpe". Was dazu geführt habe, dass man Gerlach ausführlicher zu Beate Zschäpe und ihrer Rolle im gefüge des Trios befragt habe.

Sie sei "gleichberechtigtes Mitglied" der Gruppe gewesen, habe Gerlach daraufhin ausgesagt. Was "gleichberechtigten Mitglied" bedeuten würde, habe er Gerlach damals gefragt, sagte der Beamte. Bei der Übergabe der Waffe durch ihn sei sie dabei gewesen, habe Holger Gerlach ihm geantwortet, die Finanzen der drei habe sie stets im Griff gehabt und auf ihn, Gerlach, hätten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wie Beate Zschäpes "zwei Ehemänner" gewirkt.

Einmal habe Uwe Mundlos sich mit ihm über diese Dreieckskonstellation unterhalten und habe "sehr erregt" davon berichtet, dass er einmal sogar fast "mit einem Messer" auf seinen Kumpel Böhnhardt losgegangen wäre, danach für mehrere Monate ausgezogen sei, habe Gerlach ausgesagt. Später jedoch seien die drei aber wieder zusammen gezogen, um den Fahndern zu entgehen; auch und gearde in den Urlauben an der Ostsee, seien alle drei dann aber "immer harmonisch" aufgetreten, habe Gerlach gesagt.

Gerlach sei auch über die gemeinsame Zeit bis 1998 befragt worden, als er mit Wohlleben, Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos sowie Andre Kapke die "Kameradschaft Jena" gebildet habe, schilderte der Zeuge. Zschäpe sei von Gerlach da als "starke Frau" dargestellt worden, als jemand die im Zweifel nicht lange fackelte. Einer Punkerin im Bus habe sie damals, in den neunziger Jahren, "eine reingehauen", weil die "so blöd geguckt" habe. Ihm gegenüber sei Zschäpe aber immer "nett" gewesen, sagte Gerlach, habe ihm an der Ostsee stets die Kosten für Unterkunft, Kurtaxe, Restaurantbesuche und Rundflüge beglichen. "Sie hatte die Finanzen immer im Griff", wurde Gerlach am 23. Verhandlungstag von dem BKA-Beamten vor Gericht zitiert. Und dieser fügte ungefragt an: "Die Aussagen Gerlachs haben uns seinerzeit extrem weitergebracht".

Auch für die Bundesanwaltschaft als Anklagebehörde war dieser Verhandlungstag ganz wichtig, sind solche Aussagen über die Gewaltbereitschaft und die Funktion von Beate Zschäpe doch ein Indiz dafür, dass die Angeklagte durchaus auch gewalttätig sein konnte und nicht nur "die Hausfrau" von Mundlos und Böhnhardt sondern in wesentliche Entscheidungen miteinbezogen war.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------


( Anklicken und man wird weitergeleitet!“

Keine Kommentare: