Dienstag, 28. Januar 2014

Der 76. bis 78. Verhandlungstag im Münchner "NSU"-Prozess


Schwarz und Szabo fassen zusammen:

21.01.2014 = Der 76. Verhandlungstag

Als Zeugin sagt Susann Em*ng*r aus, die Ehefrau des in München mitangeklagten André Em*ng*r und langjährige Freundin von Beate Zschäpe, während deren Zeit im Untergrund. Zwar trägt sie heute rötlich gefärbte Haate, jedoch sehen sich die Zeugin und Zschäpe auf älteren Fotos recht ähnlich.

Auf der Festplatten eines, bei dem Wohnhausbrand in Zwickau nahezu komplett zerstörten PCs konnten Ermittler es BKA einen Ordner mit privaten Fotos der Hauptangeklagten Zschäpe wieder herstellen, auf dem sich auch Fotos von Susann Em*ng*r befinden. Auf einem des Fotos posieren die Frauen nebeneinander in T-Shirts der Band AC/DC.

Die Bundesanwaltschaft wirft der Zeugin vor, dass sie über einen Zeitraum von etwa zehn Jahren Beate Zschäpe sowie die verstorbenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in Zwickau regelmäßig besucht haben soll. So gibt es Fotos, die wenige Wochen vor dem Auffliegen des "NSU" zufällig auf einem Volksfest aufgenommen wurden, auf denen ist sie zusammen mit Zschäpe zu erkennen. Und als am 04.11.2011 von Beate Zschäpe die Wohnung des "Nationalsozialistischen Untergrunds" in Brand gesetzt wurde, gab es mehrere Anrufe von Zschäpes Handy bei Familie Em*ng*r. Die Ermittler gehen davon aus, dass Zschäpe danach am Zwickauer Bahnhof von Susann Em*ng*r für die Flucht mit frischer Kleidung ausgestattet wurde. Zudem war Zschäpe in den Jahren im Untergrund immer wieder in die Identität ihrer Freundin Susann geschlüpft, hatte ihren Namen getragen, besaß eine Bahncard auf deren Namen, soll einmal sogar als "Susann Em*ng*r" zur Polzei gegangen sein.

Da ihr Ehemann im gleichen Verfahren Angeklagter vor Gericht ist wie Beate Zschäpe und die Zeugin selbst Beschuldigte in einem weiteren Verfahren ist, machte sie am 76. Prozesstag gebrauch von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht. Mehr als ihren Namen und ihr Alter sowie die Wohnadresse in Zwickau sagt sie nicht. Richter Götzl fragte noch nach, was sie beruflich mache? - Die Antwort: "Ich bin zu Hause."

So gab es auch keine Auskunft zu dem Bild, das das BKA im Wohnzimmer der Em*ng*rs gut sichtbar über dem Fernseher fand. Es zeigte die Gesichter von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt; unter ihm stand ein Windlicht aus Holz und es waren Runen zu sehen mit der Bedeutung "Tod" und "Unvergessen", wie die Polizei in einem Vermerk notierte.

21.01.2014 = Der 77. Verhandlungstag

Geladen war ein Rechtsmediziner und Physiker, der Auskaunft über den Monranschlag auf die beiden Polizisten Kiesewetter und Arnold gab, die am 25.04.2007 in Heilbronn Opfer des "NSU" wurden. Michèle Kiesewetter starb, so seine Angabe, nach einem Schuss in den Kopf. Professor Wehner, so der Name des Gutachters, hatte versucht, in beiden Fällen die Schussverläufe zu rekonstruieren. Die Schützen müssen sich demnach jeweils in geringer Entfernung vor den vermutlich geöffneten Türen des Streifenwagens aufgestellt haben, in dem die Opfer saßen. Auf jedem Fall schossen die beiden Täter den überraschten Polizisten in den Kopf. Der Beamte auf dem Beifahrersitz, Martin Arnold, überlebte schwer verletzt.

Danach geht es um die Blutspritzer an einer Jogginghose, die Uwe Mundlos getragen haben soll. Das Blut stamme eindeutig von Michèle Kiesewetter, so der Gutachter; die Hose war 2011 im "NSU"-Versteck in Zwickau gefunden worden. Nach den Angaben von Wehner sind die feinen Blutspritzer direkt nach der Schussabgabe entstanden, was nahe lege, dass Mundlos den Schuss auf Kiesewetter abgegeben habe.

Später berichteten Polizisten as Heilbronn über die Ringfahndung am Tattag. So war das Chemnitzer Kennzeichen des Wohnmobils, welches Böhnhardt und Mundlos im April 2007 angemietet hatten, etwa eine halbe Stunde nach dem Mordanschlag bei einer Kontrollstelle notiert worden. Allerding habe die Polizei damals mehr als 33.000 Fahrzeuge auf ähnliche Weise erfasst; angehalten und durchsucht wurde das Wohnmobil demnach nicht. Es wird vermutet, dass Böhnhardt und Mundlos das Wohnmobil gemietet hatten, um im April 2007 einen ganz anderen Anschlag zu verüben, evt. auf Migranten. Der versuchte Doppelmord am 25.04.2007 könnte sich demnach spontan zwischen den beiden Männern entschieden haben.

23.01.2014 = Der 78. Verhandlungstag

Am 78. Verhandlungstag sagte der Vater von Uwe Böhnhardt vor dem OLG München aus. Sein Sohn habe "Probleme" mit den Schulen gehabt, sagte er aus. "Er wollte uns nicht glauben, dass man auch nach dem Umschwung Leistungen bringen muss", erklärte Jürgen Böhnhardt. dem Vorsitzenden Richter Martin Götzl. "Dass Uwe geschwänzt hat, sahen wir erst auf dem Zeugnis". Am Ende habe "keine Schule mehr" seinen Sohn, das "Problemkind", aufnehmen wollen.

Von den rechtsextremem Aktionen seines Sohnes will Jürgen Böhnhardt anfangs nur wenig mitbekommen haben, wie er sagte. "Das haben wir damals überhaupt nicht geahnt", berichtetet er vor Gericht, "höchstens mal unterschwellig angekommen". Waffen oder rechtsextreme Kleidung habe sein Sohn nicht in der Wohnung gelagert, allerdings seien als dessen Bekleidung Springerstiefel und Bomberjacke "normal" gewesen, so der Vater. Nach konspirativen Telefonaten habe man Zschäpe, Mundlos und seinen Sohn noch einmal in den Jahren 1999, 2000 und 2002 getroffen. Seine Frau und er hätten die Drei zur Rückkehr zu bewegen versucht, indes sei die Antwort stets gewesen: "Nein, wir bleiben." 

Am Ende der langen Befragung wandte sich Jürgen Böhnhartdt  mit emotionalen Worten direkt an die Opfer des "NSU"-Terrors. Das, was sein Sohn womöglich getan habe, sei "bösartig und gemeingefährlich" gewesen, sagte er und fügte an, es tue ihm "unendlich leid". Er könne sich gut in die Angehörigen der Ermordeten hinein versetzen, weil er selbst schon 1988 seinen Sohn Peter bei einem Unfall verloren hätte, ohne die genaue Hintergrund des Todes zu kennen.

Man merkte dem fast 70-jährigen Jürgen Böhnhardt an, dass er inzwischen ein gebrochener Mann ist. Trotzdem - oder gerade deshalb - bedankte er sich bei den Opfern auch im Namen seiner Frau, "dass sie uns nicht zur Rechenschaft gezogen haben". Dies passiere sicher irgend wann einmal vor Gericht, "weil wir Fehler gemacht haben".. Beate Zschäpe hört dem Vater ihres einstigen Lebensgefährten während der rund sieben Stunden ohne größere Regung zu.

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