Mittwoch, 5. Februar 2014

Der 79. bis 82. Verhandlungstag im Münchner "NSU"-Prozess


Schwarz und Szabo fassen zusammen:

28.01.2014 = Der 79. Verhandlungstag

An diesem Prozesstag ging es nochmals um die Frage, woher die Waffe stammte, mit der neun Morde des "Nationalsozialistischen Untergrunds""begangen wurden. Antworten erhoffte man sich u.a. von dem Zeugen Andreas Sch., der Anfang der 2000er Jahre in einem Laden der rechten Szene in Jena arbeitete. Dieser verweigerte jedoch eine Zeugenaussage, denn ganz offensichtlich war ihm das Risiko zu groß, vom Zeugen zum Angeklagten zu werden.

Sch. war einst Verkäufer im "Madley" in dem Neonazis ein- und ausgingen und einschläge Szene-Kleidung und auch CDs kauften. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft wurde dort auch unter dem Ladentisch gehandelt und zwar von Andreas Sch., der eben jene Ceska-Pistole verkauft haben soll, mit der dann neun von zehn "NSU"-Morden begangen worden sind.

Ebenfalls als Zeuge gehöt wurde anschließend Frank L**b**, der damalige Inhaber des "Madley"; er war bereits zum zweiten Mal als Zeuge nach München vorgeladen worden. Doch auch wie schon im letzten Jahr gab sich L**b** kurz gebunden und berief sich weitgehend auf Erinnerungslücken. Vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl mit einer Vernehmungsaussage des in München mitangeklagten Holger Gerlach konfrontiert, der berichtet hatte, er habe sich an L**b** gewandt, um die Waffe zu besorgen und dieser habe ihn dann an seinen Mitarbeiter Andreas Sch. verwiesen, sagte der Zeuge: "Das weiß ich einfach nicht mehr. Das ist 15 Jahre her."

29.01.2014 = Der 80. Verhandlungstag

Am späten Nachmittag gab es zur völligen Überraschung der Prozessbeteiligten ein erstes, kleines Gespräch zwischen Richter Götzl und der Hauptangeklagten Beate Zschäpe. Dabei überrumpelte der Richter Zschäpe offenbar, deren Anwalt Wolfgang Heer gerade nicht im Saal anwesend war, weshalb Martin Götzl freie Sicht auf Zschäpe hatte.

Angesichts einer dreistündigen zähen Zeugenaussage fing die Hauptangeklagte an zu gähnen, worauf der Vorsitzende Richter zu ihr sagte: "Sie schließen gerade die Augen. Könnnen Sie noch folgen?“ Zschäpe antwortete ihm daraufhin erstmals in den 80 Verhandlungstagen direkt und sagte sinngemäß: "Doch, es geht noch."

Ansonsten ging es bei der Zeugenvernehmung nochmals um den Mord an dem Deutschtürken Halit Yozgat. Zunächst wurde im Oberlandesgericht München das Protokoll eines von der Polizei überwachten Telefonats des ehemaligen Verfassungsschützers Andreas T*mm* vom Mai 2006 bekannt gegeben, geführt von diesem etwa siebeneinhalb Wochen nach der Tat. Aus dem Gespräch ergab sich der Verdacht, der damalige Mitarbeiter des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz habe seiner eigenen Behörde mehr berichtet als den ermittelnden Polizisten, welchen T*mm* gesagt hatte, er habe von den Mord nichts bemerkt. Dabei blieb Andreas T*mm* auch weiterhin, konnte sich im Zeugenstand an das bewusste Telefonat nach eigenen Angaben nicht  mehr erinnern.

30.01.2014 = Der 81. Verhandlungstag

An Verhandlungstag 81 sagte LKA-Ermittler Herbert T**f*nb*ch*r aus, der 2009 Zeugen im Mordfall an der Polizistin Michele Kiesewetter vernommen hatte. Zunächst sprach er über Kiesewetters Aufgaben als Polizistin. "Sie arbeitete als verdeckte Ermittlerin im Drogenmilieu", gab der Ermittler vorm Oberlandesgericht zu Protokell. Außerdem sei sie bei sechs Neonazi-Demos eingesetzt gewesen, sagte er, und fügte an, dass es trotzdem keinerlei Hinweise auf Täter aus der rechten Szene gegeben habe. Kiesewetter war am 25.04.2007 erschossen worden, ihr Kollege Martin Arnold überlebte schwer verletzt.

Ermittler T**f*nb*ch*r gab auch bekannt, dass eine Zeugin angegeben habe, zur Tatzeit blutverschmierte Männer gesehen zu haben. Außerdem habe ein Ehepaar einen Mann beschrieben, der vor einem Polizeihubschrauber wegrannte. Herbert T**f*nb*ch*r weiter: "Kurz darauf hat ein anderer Zeuge einen blutverschmierten Mann gesehen, der in ein Auto gesprungen ist." Ein weiterer Zeuge habe ausgesagt dass, ein Mann mit blutverschmierten Händen zum Neckar gegangen sei um diese zu waschen.

03.02.2014 = Der 82. Verhandlungstag

Kein Außenstehender kannte während ihrer Zeit im "Nationalsozialistischen Untergrund" den richtigen Namen von Beate Zschäpe; auch nicht ihre direkten Nachbarn. Denen stellte sich Zschäpe in unterschiedlichen Situationen unter verschiedenen Tarnnamen vor. Mal war sie "Sylvia" oder "Liese", dann wieder "Lisa Dienelt" oder auch "Susann Dienelt". Auch agierte Zschäpe unter den Namen "Pohl" bzw. "Struck" oder führte Polizisten an der Nase herum, als sie sich unter dem Namen der Ehefrau des Mitabgeklagten André Em*ng*r zu einer Zeugenaussage vorstellte. Insgesamt habe Zschäpe, so die Anklage im Münchner "NSU"-Prozess in den dreizehn Jahren der Illegalität elf Tarnnamen benutzt.

Hierzu sagte an Prozesstag 82 Zschäpes ehemalige Nachbarin Sindy P. aus der Zwickauer "Polenzstraße" aus. Sie wohnte 2006/07 Tür an Tür mit der Hauptangeklagten und äußerte sich positiv über die Frau des "NSU"-Trios. "Sie hat meiner Tochter die Haare gekämmt“, erzählte die Verkäuferin und fügte an: "Ich habe sie nur Lisa genannt. Wir haben mal einen Wein zusammen getrunken oder auf dem Hof gegrillt. Ich habe gedacht, dass sie studiert." 

Ob sie oder ihr Ehemann nationalistischen Ansichten hätten, wollte der Vorsitzende Richer von ihr wissen; Sindy P. tat daraufhin überrascht und verneinte die Frage, sagte ihre Einstellung sei "normal". Dann kam jedoch ihr Facebook-Profil zur Sprache sowie das des Ehemanns der Zeugin. Zum eigenen Facebook-Profil musste sich Sindy P. Fragen gefallen lassen, weshalb sie die Kampagne "Bürger sagen Nein - Keine weiteren Asylanten-Heime im Landkreis Meißen!" unter "Gefällt mir" angeklickt hatte. Die Zeugin zögerte mit ihrer Antwort und gab dann zu Protokoll, sie wisse nicht, ob sie jemand unwissentlich verlinkt habe; der Ehemann könne auf ihr Facebook-Konto zugreifen, sagte sie. 

Auf dessen Facebook-Seite konnte man u.a. einen Adler vor einer Fahne in Schwarz, Weiß und Rot sehen - oben war zu lesen "Deutsche geben niemals auf", unten folgte: "Wir kommen wieder!". Besonders beklemmend war, dass in den Fotos auch das Signet von Paulchen Panther aus dem Bekennervideo der "NSU"-Mordserie auftauchte. Und dann gibt es beim Ehemann auf Facebook noch ein Gedicht: zu lesen, wie Nebenklageanwalt Yavuz Narin feststellen musste: "Der Ali hat Kohle, der Hassan hat Drogen, wir Deutschen zahlen und werden betrogen", laß Narin vor. Ob das der Gesinnung ihres Mannes entsprechen würde, fragte der Anwalt daraufhin die Zeugin und Sindy P. antwortete ihm kurz und knapp mit: "Ja."

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