Bei der Wahl zum Ortsbürgermeister des neuen Ortsteils Jena-West stehen sich am 12. September 2010 zwei Kandidaten zur Stichwahl gegenüber.
Kandidat 1, Herr Frank Kramer, Lehrer an der Grete-Unrein-Schule, hatte am 29. August 2010 insgesamt 345 Stimmen erhalten und Kandidat 2, Herr Jörg Seiler, von der Partei Bündnis 90/GRÜNE, 331 Stimmen. Einer dieser beiden Kandidaten wird nun am übernächsten Sonntag zum Ortsteilbürgermeister Jena-West gewählt!
Nun hat sich Frank Kramer zu Unterstellungen geäußert, er habe zu DDR-Zeiten aktiv als Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit/MfS gearbeitet; hier seine Stellungnahme im Wortlaut (die man auch HIER noch einmal nachlesen kann):
»Sehr geehrte Damen und Herren,
dank Stefanie Bühlchen geht der Wahlkampf auch in Jena-West in die heiße Phase. Dabei spielen nun Fragen eine Rolle, die mit den kandidierenden Personen zu tun haben.
Und so muss ich natürlich als Stichwahlkandidat zum Ortsteilbürgermeister Jena-West zu den Informationen vom 2. September 2010 in der TLZ und OTZ Stellung nehmen. Denn dort war von meiner „früheren IM-Tätigkeit“ zu lesen. Was hat es damit wirklich auf sich?
Im Jahre 1986 wurde ich zum zweiten Mal Vater. Zu dieser Zeit bewohnte ich mit meiner Familie eine kleine Altbauwohnung, Toilette auf halber Treppe, Ofenheizung und ohne Bad. Seit 1984 lief bereits mein Antrag auf eine größere Wohnung. Dieser Antrag wurde mit der Begründung mehrfach abgelehnt, dass größere Wohnungen und insbesondere Neubauwohnungen in erster Linie nur für die Arbeiter vorgesehen seien.
Meine intensiven Bemühungen um eine neue Wohnung blieben dem MfS nicht verborgen. 1986 sprachen mich zwei mir unbekannte Männer an. Sie versprachen mir und meiner Familie eine größere Wohnung zu besorgen. Dafür sollte ich nur eine Erklärung zur Zusammenarbeit mit benanntem MfS unterschreiben. Ergänzend sagte man mir, ich bräuchte mir darüber keine weiteren Gedanken zu machen, dies sei ein ganz normaler Vorgang. Da ich damals nur an meine junge Familie und eine dringend notwendige neue Wohnung dachte, unterschrieb ich bei einem zweiten Treffen mit diesen Herren ein Papier, dass mich zur Zusammenarbeit mit dem MfS verpflichten sollte.
Heute ist mir bewusst und klar, dass meine Handlung damals zumindest naiv und zudem ein riesiger Fehler war. Ich bereue sehr, vor fast 25 Jahren diese Unterschrift geleistet zu haben, kann sie aber leider nicht mehr rückgängig machen.
Von den beiden Herren hörte ich seit dieser Unterschriftsleistung nie wieder etwas. Von mir wurden auch nie irgendwelche Dienste gefordert. Diese beiden Treffen waren zum Glück meine einzigen Begegnungen mit dem MfS.
Ich kann somit öffentlich erklären, zu keiner Zeit Informationen jeglicher Art über Personen oder Vorgänge an das MfS weitergegeben oder Berichte geschrieben zu haben. Eine neue Wohnung erhielt meine Familie auch nicht, erst 1991 konnte ich die gewünschte Neubauwohnung beziehen.
Alle Mitarbeiter/innen des Landesdienstes Thüringen wurden auf eine eventuelle Stasitätigkeit überprüft. Ich wurde zur Prüfung des geschilderten Falls vor eine Kommission im Thüringer Kultusministeriums geladen. Diese Prüfung ergab, dass mein Fall als „geringfügiges Vergehen“ gesehen wurde. Damit durfte ich zum Glück als Lehrer im Landesdienst weiterarbeiten und mich auch gesellschaftlich engagieren.
Als ich meine Kandidatur zu den Wahlen als Ortsteilbürgermeister bei der Stadt anmeldete, wurde ich nach einer eventuellen früheren Tätigkeit für das MfS befragt. Ich habe dort die Tatsachen des Jahres 1986 sofort offen und klar angegeben. Ich habe dort auch mitgeteilt, dass ich vom Freistaat Thüringen überprüft wurde und für den Öffentlichen Dienst als tauglich anerkannt wurde. Trotzdem wird mein Bekenntnis zu dieser Unterschriftsleistung jetzt als meine „frühere IM-Tätigkeit“ bezeichnet, was meiner Meinung nach so nicht den Tatsachen entspricht.«
Soweit die Stellungnahme von Herrn Frank Kramer zu den Vorwürfen einer informellen Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit/MfS zu DDR-Zeiten.
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