Dienstag, 7. Februar 2012

Nach verschiedenen Felsstürzen und -abbrüchen im letzten und in diesem Jahr: Wie sicher sind Jenas Wanderwege?

(lsn / ksj) - Die Jenaer Landschaft mit ihren vielen Hügeln und Abhängen im Saaletal ist einer der Stärken unserer Stadt, die schon viele Gäste zum Schwärmen gebracht hat. Sie hat aber auch ihren "Preis", im wahrsten Sinne des Wortes, vor allem wenn es um die sog. "Verkehrssicherungspflicht" geht.

In diesem Zusammenhang beunruhigte es viele Wanderlustige, dass es Ende Januar diesen Jahres erneut zu einem Felssturz kam (siehe Foto). Dieses Mal auf dem Fuchsturm-Wanderweg beim geologischen Aufbruch "Ulmers Ruh". Im letzten Jahr waren die "Wöllnitzer Straße" monatelang und die "Kahlaische Straße" kurzzeitig gesperrt. Das Lichtstadt.Netz berichtete hierüber ausführlich.

Droht deshalb sogar auf noch mehr öffentlichen Wegen und Straßen Gefahr? Juristischer Experte für die Pflicht zur Verkehrssicherung ist Martin Pfeiffer, Leiter des Fachbereichs Recht und Personal der Stadtverwaltung. "Wir können nicht jeden Wanderweg sichern", sagte dieser dazu gestern der OTZ und fügte an, man müsse unterscheiden zwischen vielbefahrenen Fahr- und Fußwegen und Aufenthalt im tiefen Wald. Wolle man denn den gesamten Ostseestrand beim Rügener Kreidefelsen sperren, da dort einem Hangsturz Menschen zum Opfer gefallen seinen? Wolle man gar Bergsteigen und Drachenfliegen verbieten, weil das gefährlich sein könne? "Die komplette Sicherheit gibt es aber nicht.", sagte Pfeiffer der Zeitung. Eine gute Richtlinie sei gewiss die Formel "Je höher der Nutzungsgrad, je höher die Verkehrssicherungspflicht".

Stadtförster Olaf Schubert vom Kommunalservice Jena (siehe Foro links / nicht zu verwechseln mit dem Comedy-Star gleichen Namens) sieht das praktischer und betonte gestern, dass in der Gesamtschau die 500 Kilometer Wanderweg nicht den Schwerpunkt der Verkehrssicherheitsaufgaben darstellen, um die sich der Stadtforst kümmern muss. Und klar - auch da sei eine Differenzierung vonnöten. Beispiel "Ulmers Ruh": Die Wanderwegausweisung und das geologische Denkmal mit Info-Tafel sprächen klar für die Sicherungspflicht, so Schubert gegenüber der Lokalzeitung. Allerdings gäbe es durchaus Konstellationen, in denen die Rechtssprechung vielfach die jährlich zweimalige Kontrolle einfordere und zwar bei 700 Ruhebänke im Jenaer Wald, 3500 Meter Schutzgeländer an hiesigen Wanderwegen und 120 Info-Tafeln im Stadtwald.

Des Försters Chef Uwe Feige, Werkleiter des Eigenbetriebes Kommunalservice Jena, nannte jüngst auch das Beispiel des Schullandheims "Stern", wo sich dei Stadt viel weitergehende Pflichten auferlege, weil Kinder einen bestimmten Weg zum Schullandheim zu nutzen pflegen. "Wollen Sie mit Rechtsgrundlagen argumentieren, wenn einem Kind etwas passiert - oder gibt es da nicht eine moralische Pflicht?", so Feige.
Auch sehe er etwa für die Hauptwege zu den Jenaer Berggasthäusern eine fast ebenso hohe Sicherungspflicht auferlegt wie für Wege innerhalb der Stadt. Errichte man ein Geländer, erläuterte Feige (Foto rechts), so erzeuge man Vertrauen und müsse es also auch warten. Angesichts seiner nur fünf Stadtforstmitarbeiter und der vielen Sicherungspflichten sei jedoch klar: "Das ist unmöglich alles zu schaffen." Was erschwerend hinzu komme: Das für die Jenaer Eigenwerbung so gern erwähnte Grün unterliege einer "höchstintensiven Freizeitnutzung", so Uwe Feige. Man könne es leider nicht per Ticketverkauf sichtbar machen, wie riesig der Zuspruch sei. "Wenn ich aber so eine Infrastruktur habe, dann muss ich mich auch darrum kümmern."

In Jena direkt sowie seiner weiteren Umgebung hat man es mit einem über 200 Millionen Jahre alten Muschelkalk zu tun. Obwohl viele Jahre überhaupt nichts geschieht, bricht hier immer wieder plötzlich etwas heraus. Der Grund dafür liegt in der Erosion, also der Abtragung von verwittertem Gestein durch Niederschläge, aber auch im arbeitenden Wurzelwerk großer Bäume.

Die jetziger Sperrung am Fuchsturm sei jedoch sehr ernst zu nehmen, wie Jenas Stadtförster Olaf Schubert letzte Woche auf OTZ-Nachfrage sagte. Es dürfte, so der Förster, nicht beim bisherigen Abbruch bleiben und seiner Ansicht nach besteht hier jetzt Lebensgefahr. Deshalb bleibe der Weg wohl auch auf längere Zeit nicht mehr nutzbar.

Keine Kommentare: