Sonntag, 27. Februar 2011

Im Gespräch mit Rainer Sauer: Über schwarze Bären, Tucholsky und die Chance in Jena eine Kabarettreihe zu etablieren (Teil 1)

Rainer Sauer (52) kennen viele Jenenser aus Infoveranstaltungen der Stadtverwaltung zum heiklen Thema der Erhebung von Beiträgen für den Straßenbau, aus der Sendung "Stadtrat Live" oder durch sein lokales Hörfunkprogramm RADIO JENA. In den Achtziger Jahren war Rainer Sauer beim Hessischen Rundfunk und moderierte dort z. B. die Sendung "Sounds vom Synthesizer", zog vor zwei Jahrzehnten in die Lichtstadt und ist heute abseits seines Berufes für die Musik- und Kabarettreihe "Switched-On Kabarett" im Hotel "Schwarzer Bär" verantwortlich.

Lichtstadt.Netz: Wie kam es dazu?

Rainer Sauer: "Ich wollte schon seit zehn Jahren im 'Schwarzen Bär' diese Veranstaltungsreihe machen. Es ist ja Literarisches Kabarett mit Synthesizermusik und das ist beides meine Leidenschaft. Vor sechs Jahren dann machte ich mit Heinz Rudolf Kunze in der Aula der FSU die Veranstaltung zum 70. Todestag von Kurt Tucholsky und ein Jahr später, zum 200. Jahrestag der Napoleon-Schlacht, gab es an gleichem Ort "Das Duell" mit Kunze unter dem Motto "Mann gegen Mann - Wort gegen Wort". Es dauerte dann zwar noch mal fünf Jahre, aber jetzt bin ich im 'Schwarzen Bär" und es gibt 'Switched-On Kabarett'."

L.N: Warum dauerte das fünf Jahre? Was war der Grund?

Sauer: "Das ist ja das Paradoxon, mit dem man umgehen muss, wenn man zu 'Switched-On Kabarett' geht und wenn man es veranstaltet: Bei Literarischen Kabarett ist der Bühnenaufwand normalerweise gering; Hanns Dieter Hüsch ist immer alleine mit seiner Orgel aufgetreten. Da liegt dann der Aufwand überwiegend im Schreiben des Texte, im Ausdenken der Skurrilitäten. Elektromusik, live gespielt, wird aber technisch und finanziell auf höchstem Niveau gemacht. Das, was ich im 'Schwarzen Bären' musikalisch präsentiere, ist vielleicht so komplex wie eine Mondlandung.
(Sauer lacht) OK, nicht ganz so komplex, aber es ist schon wesentlich mehr, als man in der Deutschen Kabarettszene sonst geboten bekommt. Deshalb bin ich so froh, dass es in Jena stattfinden kann und ich nur drei Gastspiele außerhalb des 'Schwarzen Bären' habe."

L.N: Bei der Premiere im "Schwarzen Bär" gab es ja noch kleinere technische Probleme, das Publikum kam trotzdem auf seinen Kosten, hat sich bestens amüsiert. Was wird sich bis zur nächsten Vorstellung am 25. März ändern gegenüber der Premiere?

Sauer:
"Diese Veranstaltungsreihe auf die Bühne zu bringen ist zur einen Hälfte Sadismus, mir und meiner Familie gegenüber, und zur anderen pure Sympathie für das Kabarett und unsere Stadt. Selbstüberwindung wegen der Arbeit und Zeit, die es verschlang, hat es schon gekostet, aber meine Texte mit meiner Elektromusik zu mischen war wie eine notwendige Kur. Ich kann mich daran berauschen, ohne Alkohol, Zigaretten oder andere Substanzen. Und ich bin sicher, dass es dem Publikum genauso geht. Bei der Premiere klappte alles erst zu 70%, trotz der drei Probeauftritte zuvor. Es will eben alles gelernt sein, geprobt sein, auch technisch. Aber ich denke, Texte und Synthesizermusik, das lief schon so einigermaßen zusammen. Auf der Webseite www.kabarettprogramm.de kann man sich ja inzwischen schon einen Elektrromusik-Titel vom 25. Februar gratis downloaden und heute Abend gibt es ab 20 Uhr auf ZONO RADIO JENA auch eine Stunde vom Livemitschnitt zu hören. Beim nächsten Mal gibt es dann den Tucholsky-Abend. Vor 121 Jahren wurde KT geboren, in Jena hat er seinen Doktortitel der Juristerei gemacht und deshalb gibt es am 25. März in Jena 'Das Wort zum Alltag - 121 Minuten Tucholsky'. Mit 'KT' meine ich übrigends nicht 'Karl Theodor'... (lacht) ...außerdem hat Tucholsky seinen Dr. jur. ja bis zu seinem Tode behalten."

L.N: Gibt es beim "Tucholsky Abend" ein Wiedersehen mit Heinz Rudolf Kunze und mit Lutz Mühlfriedel als "KT"-Darsteller?

Sauer: "Kunze kann leider nicht, denn der ist ja mit seinem Programm 'Die Gunst der Stunden' auf Tour, tritt zwei Tage vorher in Erfurt auf. Aber Lutz ist natürlich wieder mit dabei, denn ich kann mir keinen besseren, beleseneren 'Tucholsky' vorstellen als ihn. Genauso wie ich mir keine bessere Stadt als Jena vorstellen kann, für so eine Veranstaltungsreihe. Ideal ist natürlich auch, dass JenaKultur dieses Jahr erstmals den 'Kabarett-Herbst' ins Leben gerufen hat, denn ich denke, dass sich das und das Programm der Kurz&Kleinkunstbühne mit 'Switched-On Kabarett' ideal ergänzt."

Fortsetzung im zweiten Teil des Interviews - Fotos: Romana Streng/photomana - Grafik: JenaDesign - Die Infos zur monatlichen Veranstaltungsreihe "Switched-On Kabarett" gibt es HIER und HIER oder HIER im "TiPs-Magazin".

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