Montag, 2. Juni 2014

Der 111. bis 115. Verhandlungstag im Münchner "NSU"-Prozess


Von Annett Szabo zusammengestellt u.a. aus Pressemitteilungen:

07.05.2014 = Der 111. Verhandlungstag

Da die Hauptangeklagte Beate Zschäpe erkrankt ist, fällt dieser Prozesstag aus, wie der Vorsitzende Richter Martin Götzl bakannt gab. Der Gerichtsarzt nannte in seinem Befund als Krankheitsbild eine "psychovegetative Erschöpfungsreaktion".

19.05.2014 = Der 112. Verhandlungstag

Kurz nach dem Untertauchen des "NSU"-Trios im Jahre 1998 observierten Zielfahnder des thüringischen Landeskriminalamtes den wegen Beihilfe zum Mord im "NSU"-Prozess mitangeklagten Ralf Wohlleben. Dabei fiel ihnen der Kurier Jürgen H. auf, der sich immer wieder auf einem Parkplatz mit Wohlleben getroffen hatte.

H. sagte am 112. Verhandlungstag als Zeuge aus, gab Kontakte zu den untergetauchten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zu und gestand ebenso, das judenfeindliche “Pogromly“- Spiel bei sich zwischengelagert zu haben. Als Gründe für die Kurierdienste gab H. eine "enge Verbundneheit zu Uwe Böhnhardt" an, die daraus resultiert habe, dass beide gemeinsam als Jugendliche von Zuhause ausgerissen seinen und Autos entwendet hatten. An viele EInzelheinten konnte sich Jürgen H. vor dem Münchner OLG jedoch nicht mehr erinnern. Nur dass der Erlös vom Verkauf der Spiele an das "NSU"-Trio fließen sollte, dies habe er gewusst, sagte er aus.
 
20.05.2014 = Der 113. Verhandlungstag

Zum ersten Mal beschäftigt sich der Münchner "NSU"-Prozess mit dem finalen Banküberfall von Böhnhardt und Mundlos am 4. November 2011 - dem Todestag der beiden Terroristen. Die fünf geladenen Zeugen gaben ein präzises Bild des Überfalls auf die Sparkassenfilliale am Nordplatz in Eisenach. So erklärte u.a. der der Filialleiter, dass zwei Wochen vor dem Raubzug eine Frau und zwei Männer versucht hätten, mit einer hessischen Sparkassenkarte Bargeld abzuheben. Dies habe nicht funktioniert, so dass er mit hinzugeholt worden sei.

Die Männer hätten gebrochenes Englisch gesprochen, es seien aber definitiv nicht die späteren Räuber gewesen, berichtete er. Dem Zeugen zufolge hatte die Frau für die beiden Männer übersetzt und gesagt, sie seien aus Tschechien. Diese Frau habe Beate Zschäpe sehr geähnelt, er sei sich aber "nicht hundertprozentig sicher", sagte der Fillialleiter vor der Strafkammer aus.

21.05.2014 = Der 114. Verhandlungstag

Bisher kursieren wilde Theorien über die letzten Minuten im Leben der "NSU"-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Was genau am 4. November 2011 in dem später völlig ausgebrannten Wohnmobil vor sich ging, darüber gaben ein Gutachter am 114. Prozesstag Auskunft.

Der erste Zeuge, Rechtsmediziner Dr. Reinhard Heiderstett von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, sagte aus, nach kriminaltechnischen Erkenntnissen habe Uwe Mundlos zuerst Uwe Böhnhardt mit einem Winchester Pumpgun-Gewehr getötet und sich kurze Zeit später mit der gleichen Waffe selbst das Leben genommen. Das könne er nach seinen Untersuchungen unter Hinzuziehuing der Ergebnisse der ballistischen Ermittlungen bestätigen.

Heiderstett habe an beiden Körpern schwere Verletzungen feststellen müssen, wie er vor Gericht aussagte: "Der Kopf von Uwe Böhnhardt wies eine Einschussverletzung an der linken Schläfe auf, die rechte Seite des Kopfes war aufgerissen. Das weist auf einen seitlishcne Einschuss hin. Der Kopf ist von innen explodiert. Große Teile des Hirns wurden dabei herausgesprengt."

Auch die Leiche von Uwe Mundlos habe schwere Schädeltraumata gezeigt: "Sein Kopf war noch massiver zerstört. Es gab Schmauchspuren im Mund, der Schuss war nach oben gerichtet. Der Schädel ist in sich zusammengefallen, kein Knochen war mehr intakt." Die Ausführungen des Gerichtsmediziners waren mit Fotos unterlegt und schockierten Beate Zschäpe ganz offensichtlich so sehr,  dass ihr Anwalt Heer um eine Pause bat, in der Zschäpe den Saal ausgenblicklich verließ.

Nach der Pause kam der Polizist Frank M. zu Wort, der das Wohnmobil der Terroristen gemeinsam mit einem Kollegen entdeckt hatte. Hierbei ging es um die Frage, ob außer den beiden Bankräubern noch weitere Personen in dem Wohnmobil waren, das im Ortsteil Stregda entdeckt worden war. Er habe das Wohnmobil, auf das es nach dem Banküberfall in einer Eisenacher Sparkasse Hinweise gegeben habe, kontrollieren wollen, sagte der Polizist aus, als mehrere Schüsse gefallen seien. Nach dem ersten Schuss seien er und sein Kollege in Deckung gegangen und hätten Verstärkung angefordert, dann seien zwei weitere Schüsse gefallen.

Anschließend sei das Wohnmobil in Flammen aufgegangen, berichtete er. Nachdem die Feuerwehr den Brand gelöscht hatte, seien im Innern des Wohnmobils die beiden Leichen gefunden worden. Während des Schusswechsels habe er keine Person ein- oder aussteigen sehen, sagte der Frank M. aus. Ob "sonst noch eine Person am Fahrzeug dran war", wollte Martin Götzl von dem Zeugen in eine Nachfrage wissen und der Polizist anwortete ihm: "Da war nichts".

26.05.2014 = Der 115. Verhandlungstag

Richter Manfred Götzl beendete diesen Verhandlungstag bereits vor der Mittagspause. Der Grund: Ein Anwalt der Nebenklage hatte einen 57-jährigen Mann aus der Haft als Zeugen laden lassen, da ein ehemaliger Komplize des zu elf Jahren Haft verurteilten Bankräubers angegeben hatte, der Mann habe im Jahr 2003 möglicherweise mit dem Mitangeklagten Ralf Wohlleben in Kontakt gestanden zu haben. Hierüber sollte der Zeuge Angaben machen.

Dabei sei es angeblich um eine Waffe gegangen sein und um Software, mit der man Wegfahrsperren von Autos knacken kann. An einen Kontakt sowie den Grund für die Aussagen seines ehemaligen Komplizens konnte sich der Zeuge jeoch nicht erinnern; alles blieb an diesem Vormittag sehr vage. Bemerkung des Zeugens: "Herr Richter, das ist über zehn Jahre her".

Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl ließ trotzdem nicht locker, konnte aber nicht etwas Wichtiges in Erfahrung bringen und hatte nach der eineinhalbstündigen Befragung offensichtlich das Gefühl, dass dieser Zeuge den "NSU"-Prozess wirklich weiter bringen könnte. Deshab sagte er die für den Nachmittag vorgesehene weitere Befragung des Zeugens ab.

NACHTRAG: Annett Szabo dankt für die Hinweise, bittet die verschiedenen Schreibfehler in der ersten Version des Textes zu entschuldigen und hat diese inzwischen korrigiert.
 
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