Samstag, 28. Dezember 2013

"Wasserschaden und Rathaussturm - 'NSU'-Prozess und 'Katzengate' - 'MuFu' und das Ende eines Einkaufszentrums - Eichplatzstreit, ein König vor Gericht und einer fand es "einfach paradiesisch": Das Jenaer Jahr 2013 im Rückblick (Teil 2)


(lsn / rainer sauer) - Man hat es nicht leicht, ein ganzes Jahr in wenigen Worten zusammenzufassen. Und obwohl Jena nicht "die Welt" ist, macht dies die Sache nicht wirklich einfacher. So stelle ich hier der Einfachheit halber einmal meine subjektiven Höhepunkte und Niederungen des Jahres 2013 zusammen. DIES IST TEIL 2 | HIER IST TEIL 1

Wahrlich nicht im Geheimen gewirkt haben 2013 auch die "Rathausstürmer_Innen" der "Insel". Die "Insel" ist ein soziokulturelles Projekt am Inselplatz in Jena und dortige Insularer_Innen besetzten während einer laufenden Stadtratssitzung die Rathausdiele_Innen, zündeten Knallkörper_Innen, spannten Tansparente_Innen zwischen Podium und den versammelten Stadträten_Innen auf, lösten die Brandmeldeanlage_Innen aus und beendeten hierdurch zwangsweise eine Sitzung des Jenaer Stadtrats: ein einmaliges Vorkommnis in den Analen der Stadt Jena. Aber alles war dann doch nur halb so schlimm, so jedenfalls hieß es nachher aus dem Munde von "Insel"-Bewohner und Stadtratsmitglied Michel von der Partei "Die Guten". Man habe das alles doch gar nicht gewollt, nur ein wenig Aufmerksamkeit für die Belange der "Insel" sei geplant gewesen. Alles weiter jedoch hätten sich die Stadtratsmitglieder selbst zuzuschreiben. Jetzt weiß man also: es gibt in Jena "die Guten" und "die Bösen" und es ist nicht immer alles so, wie es erscheint, weil: jeder legt selbst fest, wer "gut" und wer "böse" ist.

Diesem Ziel fühlt sich auch ein bekannter Immobilienmakler und Social Entrepreneur aus Jena verpflichtet. Bekannt geworden durch sein Internet-Mitmachportal, trat er 2013 in das Licht der Politik und möchte im nächsten Jahr mit einer politischen Bewegung namens "BÜRGER MACHT JENA" in den Stadtrat, denn (Zitat aus seinen Gedanken zum Jahresende 2013): "Die Menschen haben kein Vertrauen mehr in das politische System (...) Die Demokratie ist zu einer Hure der freien Welt verkommen..." Was auf den ersten Blick verwirrend klingt, relativierte sich erstmals, als der Mann im ZDF unter der Berufsbezeichnung "selbstständiger Internetblogger" die prekäre Wohnsituation in der Lichtstadt kommentierte und Mitstreiter der eigenen Bürgerbewegung zum Plausch begrüßte. Fortan war dies ein wichtiges Thema des Immobilienmaklers, bei dem er im kommenden Jahr Abhilfe schaffen möchte...pauschal gesagt. Wie genau das dann gehen soll, ist zwar noch offen und ein Parteiprogramm gibt es auch nicht, dafür konnte man aber 2013 auf seinem Mitmachportal schon erste Veränderungen bemerken. Dort kann man inzwischen auch schon mal unflätige Beschimpfungen lesen (Beispiel: "...die drecksäcke der stadtregierung samt der strippenzieher in verwaltung und eigenbetrieben..."), dafür werden aber Kommentare und Richtigstellungen, die nicht ganz ins "BÜRGER MACHT JENA"-Konzept passen, gelöscht.

Gnadenlose Transparenz forderte und fordert der Social Entrepreneur allüberall ein, ließ aber zu, dass sich in seinem Informationsportal privat-geschäftliche Interessen mit redaktionellem Inhalt vemischten, wie bei einem Grundstückspark, den er vermarktet, der aber im Portal stets nur "günstiges Wohnbauland" heißt, welches der Oberbürgermeister" vernichten" will. Gelegentlich schrecken seine Redakteure sogar nicht davor zurück, Dinge frei zu  erfinden, wie z.B. die Einführung neuer Steuern durch den Stadtrat, was als "Katzengate" bekannt wurde. Als der Betrug aufflog, wurde der Bericht kurzerhand als Satire deklariert und am Ende sogar kommentarlos (und damit transparent-los) gelöscht. - Schon die Bibel kannte solche Pharisäer: "Weh denen, die unrechte Gesetze machen und den Schreibern, die unrechtes Urteil schreiben, um die Sache der Armen zu beugen und Gewalt zu üben am Recht der Elenden" heißt es in Jesaja 10, Verse 1 und 2.

Redlicher gehen und gingen da die freien Demokraten mit der Jenaer Politik um. Im Bund totgesagt, erlebt man im Stadtrat von FDP-Politikern immer wieder Überraschungen. Rechtsanwalt Andreas Wiese, Dr. Thomas Nitzsche und Co. stellten 2013 oft als erste - gelegentlich auch als einzige - die Fragen, die man eigentlich von anderen Parteien erwartete und die den Regierenden von SPD, CDU und Bündnis 90/GRÜNE so richtig weh taten (z.B. "Parkraumkonzept am Inselplatz", "Höhe der Einnahmen durch Blitzer-Säulen", "Stadion" und "Flutlichtmasten"). So machte Politik in Jena zu erleben im vergangenen Jahr richtig Spaß mit der (noch) viertstärksten Partei im Jenaer Stadtrat. Übriges: In weniger als 150 Tagen ist Stadtrats- und Ortsteilratswahl!

Ende April folgte mit dem ersten Spatenstich für die neue Multifunktionsarena in Burgau ein Fingerzeig, wie man ein solches Projekt richtig angeht. Schnell waren Name und der Partner gefunden und Lars Eberlein, Geschäftsführer der Jena Baskets GmbH, kann schon mit Beginn des neuen Jahres seine "Sparkassen Arena" eröffnen. Die städtische "Konkurrenz" dokterte dagegen weiterhin an ihren eigenen Ideen herum: mal war es eine MuFu an der Saale, dann wieder ein Fußballstadion in Lobeda, dann wieder eine Sanierung des Ernst-Abbbe-Sportfelds. Während die einen feiern, beatmen die andern ihr Projekt künstlich.

Klinisch tot war dagegen im Jahre 2013 die "Schillerpassage", Jenas erstes Groß-Einkaufszentrum. Nachdem sich in den vergangenen Jahren "InterSpar", "WalMart" und "real,-" sowie Drogerien und Kleinhändler in der Löbstedter Straße die Klinken in die Hand gegeben hatten und mit ALDI der erste sog. Ankermieter angezogen war, entschieden sich letztlich auch MediMax und "real,-" gegen einen Verblieb in der "Schillerpassage", wobei es "real,-" sogar fertig brachte, sich im Laufe des Jahres auch noch die letzten Kunden zu vergraulen, indem man Woche für Woche das Warenangebot verkleinerte und so im November gar nichts mehr anzubieten hatte. Am Nikolaustag war dann endgültig Schluss und "Vorerst gescheitert!" das Motto, wobei niemand weiß, wie es im und mit dem weißen Klotz an der Bahn weitergehen soll.

Nur eines ist sicher (und das gilt auch für die Lichtstadt Jena allgemein): das neue Jahr kommt und wird uns wieder jede Menge Freunde und Leid, Euphorie und Enttäuschungen, vor allem aber Abwechslung bringen. Oder wie Aktionskünstler Hudy über Jena dichtete: "Du bist einfach paradiesisch!" In diesem Sinne...
...alles Gute im neuen Jahr.

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